Richard III. - Gerechtigkeit für den Shakespeare-Schurken
Shownotes
Richard III. gilt bis heute als Erzbösewicht – als Shakespeare-Schurke auf dem Thron Englands, der ein unrühmliches Ende nahm. Martin Herzog und Marko Rösseler sprechen in diesem Geschichts-Podcast mit Daniela Wakonigg. Denn sie machte sich auf die Suche nach dem König – auf einem Parkplatz in Mittelengland.
Getränkt von Missgunst, bucklig und voller Bosheit, so soll er laut Shakespeare gewesen sein – ein Mann, der nicht vor Kindsmord zurückschreckte, um an die Macht zu kommen und der am Ende seines Lebens sein Königreich gegeben hätte für ein Pferd zur Flucht: "A horse, a horse, my kingdom for a horse." (Shakespeare) Aber stimmt das? Daniela Wakonigg reiste zum Schlachtfeld, auf dem Richard III. den Tod fand, sie traf Philippa Langley, die vor zehn Jahren des Königs Überreste unter einem Parkplatz in Leicester entdeckt hat. Und sie nahm Kontakt auf zu Fans des Königs - organisiert in der Richard III. Society. Während sie in ihrem Zeitzeichen nur eine knappe Viertelstunde hatte, um all ihre Erlebnisse zu erzählen - gibt es hier die ganze Geschichte.
Wichtige Links:
Hier geht es zum Zeitzeichen von Daniela Wakonigg über Richard III.
Philippa Langley hat die Überreste Richards III. entdeckt
Und für Fans von Richard gibt es die Richard III. Society
Wenn Dir die Episode gefallen hat, sag's Familie, Freunden, Bekannten, Richard-Fans und solchen, die es vielleicht werden könnten. Wenn nicht, dann sag's bitte uns - aber auch wirklich nur uns: kontakt@diegeschichtsmacher.de
Transkript anzeigen
Die Geschichtsmacher Richard III (Daniela Wakonnig).mp3
00:00:09: Intro Die Geschichtsmacher. Von Autorinnen und Autoren des Zeichens.
00:00:28: Martin Ja, so kann man auch eine Freude anfangen mit Baulärm. Super, was uns jetzt hier hingeschleppt?
00:00:32: Marko Wir befinden uns auf einem Parkplatz, einem Parkplatz in England, in Leicester.
00:00:37: Martin Und da machen wir Geschichte?
00:00:39: Marko Ja, wir buddeln Geschichte aus. Und zwar wird auf diesem Parkplatz eine Leiche vermutet und zwar die Leiche eines Königs. Richard III., der soll hier liegen.
00:00:51: Martin Richard, das ist, lass mich mal graben: das ist der mit dem Buckel.
00:00:54: Marko Richtig, der mit dem Buckel und der mit dem Pferd, der sein Königreich für ein Pferd hingeben würde. Wir kennen ihn aus Shakespeare. Da ist er sozusagen der Bösewicht. Danach kommt nichts mehr. Der hat seinen Neffen umgebracht. Er hat seine halbe Familie gemeuchelt und am Ende scheitert er bei Shakespeare kläglich. Und alle applaudieren und sagen Super, so wie ein Schwein. Aber wir haben hier jemanden heute eingeladen, und zwar die Kollegin vom Zeitzeichen, die manche als die erotische Stimme des WDR bezeichnen.
00:01:30: Daniela Ach Kinder, ihr macht mich ganz verlegen.
00:01:33: Martin Daniela Wakonigg herzlich willkommen.
00:01:35: Daniela Hallo miteinander.
00:01:36: Marko Und du hast dich mit Richard beschäftigt.
00:01:39: Daniela Ja, das habe ich.
00:01:41: Marko Was wir hier machen, müssen wir auch erklären. Wir machen sozusagen alle zwei Wochen ein Stückchen Geschichte. Und zwar diese Geschichte. Nehmen wir uns aus dem Zeitzeichen. Das Zeitzeichen ist eine Sendung des Westdeutschen Rundfunks. Läuft jeden Tag. Und Daniela hat in dieser Sendung an Richard, den Dritten, erinnert.
00:01:58: Martin An Richard III.. Und zwar an die Ausgrabungen, die wir da gerade im Hintergrund gehört haben, die vor zehn Jahren stattgefunden haben. 2012 war das.
00:02:10: Marko Aber bleiben wir ein bisschen bei der Erotik. Du hast Hörerpost bekommen.
00:02:13: Daniela Wollten wir das nicht rauslassen?
00:02:14: Marko Ja, eben nicht. Auf keinen Fall. Du hast Hörerpost bekommen.
00:02:19: Daniela Ich habe Hörer Post bekommen. In der Tat.
00:02:21: Marko Es ist zwar ein etwas ungewöhnlicher Wunsch, richtig?
00:02:25: Daniela Man hat mich gebeten, SM-Szenen einzulesen. Der Mensch am anderen Ende, ich weiß nicht mal, ob es Männlein oder Weiblein war, sagte mir, ich habe für ihn die erotische Stimme überhaupt. Und noch dazu hat er mir dann seine Obsession offenbart, nämlich, dass er ganz gerne SM mag und ob ich ihm da mal ein paar Passagen einlesen könnte.
00:02:50: Marko Da geht es ja um Erniedrigung und Beschimpfung. Und da habe ich mir mal eine Stelle rausgesucht, wo vielleicht dieser Hörer ein bisschen Freude daran haben könnte. Und zwar König Richard, der dritte von Shakespeare. Erster Aufzug, dritte Szene. Da kommt eine Frau zu Wort. Deren Mann ist, glaube ich, von Richard dahin gemeuchelt worden. Und die beschimpft ihn. Könntest du uns und vielleicht auch für diesen Hörer einfach mal diese Beschimpfung Szene. Also wenn du das wirklich dann direkt beim Charakter des Richard befand. Das ist nämlich, wie man im Rheinland sagt, ja so einen fiesen Charakter. Also ich glaube, das kommt da ganz gut raus. Also durchaus so in man Manier, vielleicht ein bisschen. Also hier ist die Margareta, da geht es los. Also gut fürs Hintenraus, also für den Hörer, der sich das gewünscht hat.
00:03:35: Daniela Verstehe. Ja, das ist jetzt mal wieder ich. Ich liebe das ja, wenn die Kollegen etwas so komplett geprobt machen. Und das ist komplett geprobt, weil so gereimte Sprache ohne sich das vorher noch nicht wirklich Kinder also äh, dein tötlich Auge schließe nie der Schlaf, es sei denn, weil ein peinigende Traum dich schreckt mit einer Hölle. Grausam Teufel du Missgeburt voll Männer wühlen Schwein, du der gestempelte wart bei der Geburt, du Sklave der Natur, der Hölle Sohn, du Schandfleck für der Mutter schwären Schooß, du edler Sprössling aus des Vaters Lenden, du Lump der Ehre, du mein Abscheu.
00:04:19: Marko Wer jetzt Daniela sieht mit diesem Leder-Kostüm, weiß, was dieser Hörer sich gewünscht hat. Wir haben es geliefert und sind dankbar und haben erfahren. Es scheint mir eine doch eher unsympathische Figur zu sein, die da beschimpft wird, nämlich Richard, der Dritte. Nun heißt es Du findest den sympathisch.
00:04:38: Daniela Ja, in der Tat ist es so, dass mich Richard schon mein ganzes Leben begleitet, nämlich nicht das Ganze, aber im Alter von elf Jahren habe ich im Fernsehen mal eine Inszenierung, eine BBC Inszenierung auf Englisch gesehen von Richard, dem Dritten. Ich sprach damals kein Englisch, aber mich hat das fasziniert. Und in diesem Moment, wo ich das gesehen habe, erwachte meine Liebe für die englische Sprache, fürs Theater und für die Geschichte. Also das alles hat dieses Richard Stück tatsächlich geschafft. Und darum habe ich mich dann auch als Richard im Zeitzeichen anstand, sehr darum bemüht, dieses Thema zu bekommen und habe die Gelegenheit wahrgenommen, endlich meine Richard Reise nach England zu machen.
00:05:21: Marko Nun, wenn man diesen Richard liest, diesen Richard, den dritten von Shakespeare, ich würde mal sagen ja, ich habe mich gestern so ein bisschen gequält...
00:05:28: Martin Aber immerhin, du hast es gelesen.
00:05:30: Marko Ich habe es gelesen, ja, aber es ist nicht ganz leichte Kost und ich finde es ist auch nicht das beste Shakespeare Stück, muss man sagen. Aber egal, du magst es, du magst es ja.
00:05:40: Daniela Also ich muss auch sagen, wenn wir mal vom Shakespeare weggehen die Richard Geschichte selbst hat ja überhaupt nichts mit angestaubt und dröge zu tun, wie du das vielleicht beim Lesen Shakespeare Stücks empfunden hast, sondern das ist ein super spannender historischer Krimi. Das ist eine Story um Fakenews, ein ungelöster Krimi Plot. Dann findet man da die Gebeine und es kommt noch ein Wissenschafts Krimi dazu, weil man muss erst mal rausfinden ist das wirklich jetzt Richard? Und was kann man sonst noch rausfinden dadurch, dass man jetzt diese Gebeine gefunden hat? Und das ich finde das eine super spannende Geschichte.
00:06:10: Martin Das war auch in der Tat ziemlich irre. Ich war zufälligerweise auch damals in England, als diese Story rauskam und ganz England stand Kopf. Ganz Großbritannien war völlig aus dem Häuschen, weil man da jetzt nur irgendwo einen Parkplatz oder unter einem Parkplatz - ziemlich unspektakulär - Knochen gefunden hat. Und die sollen dann fragte man sich natürlich: Ist er's jetzt? Ist er's nicht auf jeden Fall war er verformt, waren die Knochen verformt und dann gab es da Hinweise. Auch er könnte es gewesen sein. Aber natürlich die große Frage: War er's es denn jetzt?
00:06:41: Marko Und du hast die damals auf die Reise gehen England gemacht für das Zeitzeichen und das mit den Menschen gesprochen, die sich auf die Suche nach ihm begeben haben?
00:06:49: Daniela Ganz genau. Und das ist natürlich an erster Stelle überhaupt die Philippa Langley zu nennen. Die Philippa Langley ist diejenige, die dafür gesorgt hat, dass dort Ausgrabungen stattgefunden haben und dass Richard nach über 500 Jahren tatsächlich wiedergefunden wurde. Und das ist auch eine ganz irre Geschichte, wie sie darauf gekommen ist. Ich hab dazu mal 'nen O-Ton mitgebracht, ne.
00:07:13: Martin Den spielen wir dann gleich mal ein...
00:07:15: Philippa Langley I'm a writer and producer, and I was writing a biographical screenplay about Richard III, the historical Richard III. And I was told to visit a car park in Leicester, because some members of the Richard III Society believe that it might be part of the Large Greyfriars precinct that had once existed in the area and where we knew that Richard had been buried in 1485. I visited this car park, saw the mediaeval wall and I got no sense of the past. So I left to go home. But as I left to go home, I saw another car park opposite. It was a private car park, but I was drawn to go in. And in this place, I had what I can only describe as an interesting experience. And it felt like I was walking on Richard's grave. Now, believe you me, I know how strange that sounds. And I went home, told my friends and family about it, and they said: Look, Philippa, don't dismiss it. It might mean something.
00:08:21: Daniela Also Philippa Langley erzählt, sie ist Autorin und sie es Fernsehproduzenten. Und sie hat gerade an einem Drehbuch gearbeitet, über den historischen Richard III. Und dafür ist sie dann nach Lester gefahren, weil dort einige Menschen vermuteten, dass Richards Gebeine dort liegen könnten unter einem Parkplatz. Und darum hat sie sich das angeguckt und hat gesagt Oh nee, das glaube ich jetzt nicht so. Das fühlt sich für mich nicht so an, als sei da was. Sie wollte weggehen, und dann sah sie auf einmal auf der gegenüberliegenden Seite der Straße einen Parkplatz, einen kleineren und irgendwas zog sie dort hin. Und da ist sie hingegangen und hatte ein ganz besonderes Gefühl, nämlich das Gefühl, dass sie auf dem Grab von Richard steht. Und das hat sie begleitet. Dieses Gefühl und ihre Freunde und ihre Familie haben ihr empfohlen, tatsächlich dem nachzugehen, weil vielleicht was dran sein könnte.
00:09:16: Martin Also mystische Erlebnisse, offensichtlich über den Knochen von Richard III.. Aber das wusste man damals noch nicht. Also hat sie dann nicht locker gelassen, hat weiter geforscht.
00:09:27: Daniela Genau. Also erst mal waren das natürlich dann mehr oder weniger archäologische historische Nachforschungen. Was man wusste war, dass Richard 1485 bestattet wurde in einem Kloster der Grave Archives in Laster Das Franziskanische Orden gewesen. Damals und jetzt musste man natürlich herausfinden, wo lag denn dieses Kloster eigentlich? Das wusste man nicht, das wussten die Archäologen nicht, weil natürlich Lester da längst drüber Gebautes über die Reste von allem, was vor 500 Jahren war. Die Archäologen haben sowieso gesagt, dass es vollkommener Bullshit. Also ihr werdet da keine Gebeine von Richard finden hier irgendwo. Weil nämlich eine Geschichte aus dem 16. Jahrhundert sich durchgesetzt hatte, nach der diese Gebeine von Richard irgendwann ausgegraben und in den Fluss geschmissen worden waren. Davon gingen die professionellen Archäologen aus. Das heißt, die haben alle gesagt, das ist vollkommener Blödsinn...
00:10:25: Marko Konnte so eine Frau und sagt dann so Nee, nee, ich habe ein komisches Gefühl, der liegt hier. Und dann nehmen die ganz viel Geld in die Hand und fangen an zu buddeln, den Parkplatz aufzureißen.
00:10:35: Daniela Ganz genau, das ist die skurrile Situation. Und die Philippa Langley hat es aber trotzdem geschafft, Geldgeber zu finden, um diese Ausgrabung ins Leben zu rufen. Und hat eben auch die Universität Leicester, die Archäologie der Universität Leicester, damit ins Boot geholt. Und dann haben sie tatsächlich angefangen auszugraben. Im Jahr 2012
00:10:57: Philippa Langley And we began the dig on the exact anniversary of the day that Richard had been laid to rest in the church on August the 25th 1485. And it was by happenstance that we started the dig on the 25th of August. And we cut the tarmac in the northern end of the social services car park, exactly where I had had that strange experience. And we made our first discovery: There were lower leg bones that looked to be a burial. And as the dig went on, and I instructed exhumation of those remains in trench 1, we discovered Richard the third in the exact place that I said he would be. And it had taken nearly eight years for me to get to find the king's grave.
00:11:43: Daniela Ja, die Mystik ging weiter, weil die Ausgrabungen genau auf den Tag an dem Tag begonnen haben, am 25. August, wo Richard dann viele Jahre zuvor begraben worden war. Und sie finden ihn also schon am ersten Tag finden sie Gebeine, und zwar genau an der Stelle, wo Philippa Langley ihr merkwürdiges Gefühl hatte. Dort liegen dann tatsächlich die Gebeine von Richard, III.
00:12:09: Marko Man sollte sich wie so häufig, auf seltsame Gefühle verlassen.
00:12:13: Martin Es ist so ein bisschen Schliemann, irgendwie die Suche nach Troja, der gesagt hat Ich bin zwar nur ein Amateur, aber da liegt es, Troja. Und dann hat man gesagt Dann versuchen wir es doch mal. Oder er hat dann irgendwelche Geldgeber aufgetrieben und hat gesagt, da muss es sein.
00:12:26: Martin Sie hat gesagt, acht Jahre hat sie sozusagen dafür gebunkert, dass sie das Geld zusammen gekriegt hat und dann den Bagger zu bestellen. So war's
00:12:33: Daniela Genau. Man darf allerdings auch nicht vergessen Das ist ja nicht nur Philippa Langley gewesen. Es ist nicht nur eine Person, sondern es ist eine ganze Gesellschaft, die Richard the third Society. So etwas gibt es ja, so was gibt es. Das ist eine ganz faszinierende Geschichte. Also es hat schon im 16., 17. Jahrhundert hat es immer schon Zweifel gegeben, dass Richard wirklich der Bösewicht war, als der er dargestellt worden war von Shakespeare. Und im 20. Jahrhundert hat sich dann eine Gruppe von Freunden zusammengetan. Die haben gesagt Ja, wir gucken uns jetzt die historischen Dokumente noch mal an und schauen, ob er wirklich so ein Bösewicht war. Das war 1924. Daraus wurde dann die Richard Research Society, die es heute gibt, die blüht, wächst und gedeiht. Und die Anhänger dieser Gesellschaft verstehen sich so ein bisschen als Anwälte von Richard III. Das ist wie so in einem amerikanischen Krimi Plot, wo jemand 20 Jahre im Knast sitzt und dann kommt der Anwalt und sagt Wir schauen uns die Unterlagen alle noch mal an und gucken, ob du nicht doch unschuldig bist. So in etwa ist Richard the third Society.
00:13:40: Marko sind das Nachkommen von Richard III., oder? Mir würde ich das jetzt gerade nicht einfallen, mich zusammenzuschließen mit irgendjemandem um einen König von mir aus, weiß ich nicht. Karl den Großen oder so was zu rehabilitieren als Sachsen schlechter. Also wer? Wer ist das? Was sind das für Leute, die sich da zusammengeschlossen haben?
00:13:58: Daniela Das sind ganz normale Leute, die kommen wirklich aus allen Schichten. Das sind Akademiker, Hausfrauen. Also wirklich ganz, völlig normale Menschen, sowohl Historiker, gelernte Historiker als auch Laien. Und die werden halt zusammengehalten. Wirklich von diesem Impuls, nachzuforschen, was es damals wirklich gewesen ist. Richard wirklich dieser Bösewicht gewesen oder nicht?
00:14:22: Marko So, da muss man natürlich gucken. Vielleicht blättern wir noch mal im Shakespeare nach und gucken noch mal, was für ein mieser Charakter der da eigentlich ist. Also du hast den Shakespeare glaub ich gerade?
00:14:34: Daniela Ich habe den Shakespeare.
00:14:35: Marko Moment doch mal genau. Meinst du, du hast den Shakespeare? Also man muss sagen, der wird ja schon am Anfang bei Shakespeare eingeführt als so eine richtig miese Spaßbremse. Wir haben Frühling, Frühling des Jahres irgendwo 1500. Wann spielt das 1482, kurz bevor er die Herrschaft übernimmt. 83 Da die Ecke. Es ist Frühling, es ist Frieden in England. Nur einer hat keinen Spaß dran und das ist er so.
00:15:04: Martin Ich soll das lesen, okay, aber Moment, mal gucken: doch ich, um dies schöne Ebenmaß verkürzt von der Natur, um Bildung falsch betrogen, entstellt, verwahrlost, vor der Zeit gesandt in diese Welt des Atmens, halb kaum fertig gemacht, und zwar so lahm und Ungeziemend, dass Hunde bellen, hinke ich, wobei ich nun in dieser schlaffen Friedenszeit weiß keine Lust, die Zeit mir zu vertreiben, als meinen Schatten in der Sonne spähen und meine eigene Missgestalt erörtern. Und darum bin ich gewillt, ein Bösewicht zu werden. Na also, der mag sich schon selber nicht.
00:15:48: Marko Er mag sich selber nicht, er mag die Zeit nicht, er findet alles Mist. Und so einer kriegt jetzt eine Gesellschaft, die ihn rehabilitieren will.
00:15:56: Daniela Und was an der Stelle jetzt übrigens total interessant ist, die Martin jetzt gerade vorgelesen hat: Bei Shakespeare wird Richard ja gezeichnet als jemand, der ein Buckel hat, also der wirklich ein ganz verformten Rücken hat. Und das war ein echter Schock für die Leute von der Richard the third Society, als dieses Skelett ausgegraben wurde. Die ging nämlich davon aus, dass das ein Negativbild ist, was nach Richards Tod geschaffen wurde.
00:16:24: Martin Der Buckel wurde ihm angedichtet, ganz im Sinne des Wortes. Ganz genau.
00:16:27: Daniela Ganz genau davon ging die aus. Die Richard the third Society, weil man ihm auch ansonsten einiges angedichtet hat, nachweislich angedichtet hat. Und jetzt gräbt man dieses Skelett aus und das hat tatsächlich einen verformten Rücken, allerdings keinen Buckel, sondern eine Skoliose. Also das ist etwas, was man im normalen Leben eigentlich nicht so sieht. Es gibt viele Leute, die mit so einer Skoliose rumlaufen, aber er hat tatsächlich diesen verformten Rücken und das war für die Anwälte Richards schon ein bisschen ein kleiner Schock, muss man sagen.
00:16:57: Marko Nun ist natürlich die Frage Warum macht Shakespeare den so mies? Und warum gibt es sozusagen eine Propaganda gegen den? Und was wissen wir wirklich über den historischen Richard?
00:17:10: Daniela Als erstes hat man natürlich die harten biografischen Fakten. Der wurde 1452 geboren auf Schloss Fotheringhey, ein sehr schönes englisches Wort.
00:17:21: Martin Fotheringhey?
00:17:23: Daniela Fotheringhey. Richard wird rein geboren in die Zeit der sogenannten Rosenkriege in England. Jetzt wird es kompliziert. Jetzt wird es kompliziert. So kompliziert eigentlich auch wieder nicht. Also wer hat sich die Köppe eingeschlagen? Die Häuser York und Lancaster. Das Haus York hatte eine weiße Rose im Wappen und das Haus Lancaster hatte eine rote Rose im Wappen. Darum Rosen, Kriege und die haben sich halt jahrzehntelang um den englischen Thron geknebelt.
00:17:51: Marko Und welche Rose hat jetzt Richard am Revers?
00:17:53: Daniela Der Richard hatte eine weiße Rose am Revers. Also der gehörte zum Hause York. Ja, der Richard, der hat als junger Mensch einen ziemlichen Streifen mitgemacht. Als er acht Jahre alt war, wurde sein Vater im Kampf erschlagen. Dann ist er mit seinem ebenfalls noch jungen Bruder George per Kinderland Verschickung auf den Kontinent gebracht worden, um die in Sicherheit zu bringen, damit die männlichen Nachkommen dann nicht einen Kopf kürzer gemacht werden. Das war damals dann doch auch üblich, egal wie alt sie waren. Und die ganze Kindheit war eigentlich eine relativ unsichere Zeit. Bis dann sein älterer Bruder, der Edward, endlich erfolgreich den Thron für sich und das Haus York gewinnen konnte. Das war dann Edward IV.
00:18:39: Marko Also als Edward der vierte, sitzt der Bruder auf dem Thron von England. Genau so, und er?
00:18:46: Daniela Er ist der kleine Bruder. Er ist, ich glaube, 9 Jahre alt zu dem Zeitpunkt. Ja, Richard lernt, der Bruder eines Königs zu sein, übernimmt Pflichten, wächst da rein, und was man von ihm weiß, ist, dass er sehr loyal gegenüber seinem Bruder Edward war. Also sein Motto, sein persönliches Motto von Richard, das lautete Loyalty me lie, loyalty binds me. Also Loyalität bindet mich. Und Richard ist überhaupt, das weiß man inzwischen, sehr, sehr religiös gewesen, sehr katholisch religiös gewesen. Evangelisch gab es damals noch nicht.
00:19:24: Martin Das kam dann später mit Heinrich dem Achten war das doch dann 100 Jahre später. Genau.
00:19:31: Daniela Und das weiß man wiederum, weil sein Stundenbuch. Also die hatten früher alle Gebetbücher, die Adeligen, aber das hatte man halt und dann hat man es einer Ecke gelegt und dann ist auch gut das Reich an Religion und Richard, es war halt wirklich abgegrast. Also der hat viel in seinem Gebetsbuch gelesen, seine Gebete häufig gesprochen. Also Religion weiß man auch aus anderen Zusammenhängen, war sehr, sehr wichtig für ihn. Er war sehr religiös,
00:19:55: Marko Da muss man sagen, er das ist er bei Shakespeare auch. Da gibt es ja auch diese Szene, wo er in seinem Buch rum krabbelt. Bei Shakespeare bringt er dann diesen Bruder um. War es so?
00:20:04: Daniela Also Edward IV. Ist definitiv nicht von Richard umgebracht worden, das...
00:20:10: Marko Fake News!
00:20:11: Daniela Fake News, Fake News, aber...
00:20:14: Marko Shakespeare macht Fake News! Oder er lügt, kann man sagen.
00:20:17: Daniela Also Edward ist zwar gestorben, aber... Man weiß nicht woran, aber es ging relativ plötzlich. Das war aber kein Gift. Edward hat kein besonders gesundes Leben geführt. Der war mehr so ein Lebemann und der ist im Frühjahr 1983 halt einfach gestorben. Da war Richard weit, weit weg.
00:20:37: Martin Dann hat er den Thron nicht an sich gerissen, wie man bei Shakespeare nachlesen kann, sondern er ist ja da zufällig reingestolpert.
00:20:44: Daniela Komplizierte Sache. Aber darum sind wir ja hier. Geschichte ist manchmal auch ein bisschen komplizierter. Also das Ganze war so der Edward IV. - Ich nummerieren mal - Edward IV., der jetzt gestorben ist, der ältere Bruder von dem Richard, dieser Edward, der vierte hatte zwei Söhne. Einer davon hieß auch Edward, der andere Richard.
00:21:05: Martin (Seufzt)
00:21:07: Daniela Ja, es ist... Die hatten nicht viel Auswahl bei den Namen damals offensichtlich. So, und sein ältester Sohn war dann automatisch Edward, der fünfte. Der war Thronfolger. Nun hat der Edward, der Vierte, auf seinem Sterbebett aber zum Protektor des Reiches, weil seine beiden Söhne noch minderjährig waren, den Richard bestimmt zum Protektor des Reiches und zum Protektor der beiden Söhne.
00:21:34: Marko Das heißt, er soll letztendlich auf Sohnemann aufpassen, bis er dann richtig selber König werden kann. Und so lange hat er sagen
00:21:40: Daniela Jein, ja erst. Seine Aufgabe war vor allem auch, dafür zu sorgen, dass Edward dann ordnungsgemäß gekrönt wird. Also du bist ja neuer König, ist automatisch da, wenn der Alte stirbt. Ja, das ist immer noch so in England. Aber die Krönung, das kann schon mal ein bisschen länger dauern, bis dann die Krönung stattfindet. Und Richards Job war jetzt in erster Linie auch dafür zu sorgen, dass der Edward gekrönt wird. Und das war alles in Vorbereitung. Also er hat den Edward und seinen jungen Bruder in den Tower von London bringen lassen, was damals kein Gefängnis war, sondern der übliche Ort der Vorbereitung auf die Krönung für Könige war damals so zum Gefängnis wurde es dann erst in späterer Zeit. Es gab dort auch Zellen, aber das kam halt erst viel später dazu, dieses komplett negative Image vom Tower.
00:22:30: Marko Ja, die beiden Neffen sitzen jetzt in diesem Tower und Richard managt so ein bisschen drumherum. So muss ich es mir vorstellen.
00:22:38: Daniela Genau, der bereitet die Krönung vor, der sorgt dafür. Es ist ja nicht nur die Krönung, also nicht nur die große Party, sondern du musst ja alle Adeligen des Reiches auf einmal auf den neuen König verpflichten. Es ist schon eine Übergabe von Amtsgeschäften, die da stattfinden muss und die man organisieren muss. Und das hat Richard gemacht. Das ging alles seinen Lauf, so wie es gehen sollte. Aber dann passierte kurz vor der Krönung leider etwas.
00:23:02: Martin Tja, jetzt ist spannend. Was passierte?
00:23:07: Daniela Der Bischof von Brass and Wells tauchte plötzlich auf und sagte Moment, die Ehe von Edward, dem Vierten und seiner Königin Elizabeth Woodville war ungültig, weil etwa der vierte vorher schon mal verheiratet war. Das bedeutete natürlich automatisch, dass die beiden Kinder, die beiden Söhne, illegitime Kinder waren und damit von der Thronfolge ausgeschlossen. Jetzt steht es ein paar Tage vor der Krönung und kriegst ein Dokument um die Ohren gehauen. Was machste?
00:23:40: Marko Na ja, also erst mal muss man ja fragen Wo kommt so ein Dokument eigentlich her? Wem nutzt es denn eigentlich?
00:23:46: Daniela Ja, das ist eine eine sehr gute Frage, die dann natürlich auch immer wieder gestellt wird. Es wird natürlich gemutmaßt, dass Richard da seine Hände im Spiel hatte, dass der dafür sorgte, dass das aufgetaucht ist, dieses Dokument...
00:24:00: Marko Jetzt mal eine blöde Frage. Wenn die beiden Neffen, die jetzt im Tower sitzen und sozusagen darauf wartet, dass der älteste von den beiden gekrönt wird - wenn die beiden Neffen nicht wären, dann wäre Richard der nächste?
00:24:13: Daniela Ja natürlich. Richard ist der nächste in der Thronfolge.
00:24:16: Martin Ja, da ist er dann ganz praktisch, wenn so ein Dokument auftaucht.
00:24:19: Daniela Das ist ganz praktisch, dass so ein Dokument auftaucht. Aber wir sind ja hier nicht... also, ich übernehme jetzt mal die Rolle der Richard the third Society. Also wir sind ja hier nicht im reinen Indizienprozess, sondern wir brauchen ja noch ein paar andere Beweise bzw. ein paar Gegenbeweise. Stellen wir uns also die Frage, warum könnte dieses Dokument sonst noch auftauchen? Und wie realistisch ist es, dass dieses Dokument auftaucht, dass etwa der vierte tatsächlich vorher verheiratet war? Was man von Edward, dem Vierten, weiß, war, dass der seine Genitalien nicht wirklich unter Kontrolle hat.
00:24:49: Marko Ein Hallodri,.
00:24:49: Daniela Ein Hallodri, ein Lebemann.
00:24:51: Martin Schürzenjäger.
00:24:52: Daniela Schürzenjäger. Genau der hat auch seine Königin Elizabeth Woodeville nicht in einer großen Zeremonie geheiratet, sondern kam dann auf einmal mit ihr an und hat gesagt: Ja, komm hier, guck mal, ich habe die geheiratet. Und insofern ist es absolut denkbar, dass er vorher schon eine andere Ehe auf die Art und Weise geschlossen hat. Also es ist denkbar, das ist nicht unrealistisch.
00:25:15: Marko Aber wie prima, dass das rauskommt, wenn er tot ist?
00:25:18: Daniela Ja, das hat natürlich seine Gründe, weil wenn der Bischof von Wales vorher zu seinen Lebzeiten damit aufgetaucht wäre, dann hätte er es eventuell nicht überlebt, wenn er damit aufgetaucht wäre. Nachdem Edward der Fünfte gekrönt worden wäre, hätte er es eventuell auch nicht überlebt. Es gab nur diese Zwischenzeit, wo man überhaupt sagen konnte, wenn man ein solches Dokument hat. Moment mal, hier gibt's was, was wir mal diskutieren sollten.
00:25:49: Marko So. Dem Richard wird das zupass gekommen sein...
00:25:53: Daniela Das weiß ich gar nicht. Ob das wirklich so ist. Klar, wir stellen uns das so vor: Tolle Sache. Dann ist er jetzt König, da hat er ja darauf hingearbeitet. So ist ja auch der Shakespeare-Richard gezeichnet. Ich weiß es nicht, ob er das so toll fand, dass er jetzt da auf einmal König werden muss, denn er hatte keine andere Chance. Also man muss sich das vorstellen. Im Hintergrund tobt immer noch der Rosenkrieg. Das Haus Lancaster schielt immer noch nach dem Thron. Richard ist der letzte, der einen starken Thron Anspruch hat aus dem Hause York. Und wenn er jetzt nicht den Thron nimmt, dann schwappt Lancaster über das Reich und der Thron ist für das Haus York futsch. Es gab auch aus dieser dynastischen Perspektive eigentlich keine andere Chance.
00:26:41: Marko Bei Shakespeare wird es jetzt noch viel schlimmer. Bei Shakespeare wird jetzt sozusagen das Killerkommando losgeschickt und dann werden beide Neffen im Tower umgebracht. Also offenbar die Papiere des Bischofs, die sagen, es sind vielleicht nicht ganz legitim. So, das reicht dem bei Shakespeare nicht. Da kommt es gar nicht darauf vor, sondern da kommt nur vor, der lässt sie umbringen. So also doch er als Schurke.
00:27:10: Daniela Ja, das ist die große Preisfrage. Also die einen...
00:27:13: Marko Sind sie denn umgebracht worden?
00:27:15: Daniela Ja, das ist die nächste große Preisfrage. Also das ist das große Problem. Es gibt da eine höchst problematische Quellenlage. Wir dürfen nicht vergessen Das ist über 500 Jahre her und
00:27:25: Marko Wir sind in der Frühen Neuzeit.
00:27:26: Daniela Ist ja, ja, ja,
00:27:28: Marko Fast noch Mittelalter.
00:27:30: Daniela Ja, das ist in der Tat die große Preisfrage. Hat Richard seinen Neffen umgebracht? Ist er wirklich der Schurke? Und es gibt da einfach eine höchst problematische Quellenlage. Also man weiß nicht, was mit den Kindern passiert ist. Sie verschwinden halt nur einfach aus der Geschichtsschreibung irgendwann. Es gäbe aber auch andere Verdächtige dafür, dass sie umgebracht wurden, wenn sie umgebracht wurden. Aber es gibt nicht mal einen Beweis dafür, dass sie tatsächlich gestorben sind. Egal ob jetzt umgebracht oder an irgendwelchen Krankheiten. Und was dazu kommt Es tauchen Jahre nach Richards Tod einige junge Männer auf, die behaupten, dass sie nun diese erwachsenen Neffen sind und einer davon. Von dem gibt es ein Bildnis Birkin Warburg. Der sieht wirklich etwas dem ihr unfassbar ähnlich. Kann natürlich auch ein anderer Bastard gewesen sein von Edward. Ich erwähnte es schon ein Lebemann, ein Hallodri, aber es gibt jede Menge Zweifel. Und was man natürlich nicht vergessen darf, dass schon zu Lebzeiten Richards eine Rufmordkampagne angefangen hat, initiiert von Heinrich Tudor, Henry Tudor, der hinterher sein Nachfolger wurde.
00:28:46: Marko Der sitzt in der Zeit in Frankreich.
00:28:48: Daniela Der sitzt in Frankreich und Frankreich hat ja sowieso die ganze Zeit schon einen Twist mit England. Also die freuen sich über alles, was England destabilisiert.
00:28:56: Martin Also muss ich aber noch mal nachfragen. Henry Tudor heißt Haus Lancaster. Richtig?
00:29:02: Daniela Genau, es ist kompliziert. Wir wollen da jetzt nicht die Stammbäume verfolgen, aber man merkt
00:29:07: Martin ...also nur, dass man diesen Rosenkrieg dann wieder irgendwie mitkriegt sozusaen...
00:29:10: Daniela ...genau. Aber allein schon an der Namensgebung merkst du, dass da der Thron-Anspruch von Henry Tudor nicht ganz so stark sein könnte für das Haus Lancaster, weil er halt nach einem anderen Haus benannt ist Henry Tudor. Und darum muss er halt unglaublich viel in diese Kampagnen auch stecken, die da stattgefunden haben, um seinen eigenen Thron Anspruch zu stärken. Weil je größer das Arschloch, was er zeichnet, desto toller ist er, dass er dann den Thron einnimmt.
00:29:40: Marko Also die miese Kampagne könnte von den Tudors gestartet worden sein.
00:29:45: Daniela Die ist definitiv von den Toros gestartet worden.
00:29:47: Marko Und diese Geschichte: Beide Neffen wurden von ihm umgebracht, könnte auch von ihnen stammen.
00:29:53: Daniela Könnte auch von ihnen stammen. Da gibt es wie gesagt unterschiedliche Quellen. Da muss man natürlich immer gucken. Bei diesen alten uralten Quellen musst du immer gucken, wer hat es denn jetzt geschrieben? Also ist es wirklich jemand gewesen, der nah genug dran war, um überhaupt über Ereignisse berichten zu können? Wahrheitsgemäß? Oder ist das jemand, der nur Hörensagen aufschreibt? Dann musst du wissen, welche Interessenslage hatte derjenige, der es aufgeschrieben hat? Das kommt ja auch immer noch dazu. Das alles musst du bewerten, wenn du Quellen bewertest.
00:30:22: Marko Klar. Wir haben also zwei Neffen, die eigentlich in der Thronfolge früher dran wären. Aber wir haben ein Dokument, das sagt Nee, nee, stimmt alles gar nicht. Das waren Bastarde und wir haben eine Richard, der wär der nächste. Wird er's? Sofort?
00:30:42: Daniela Er wird es, ja. Also er übernimmt die Krönungsfeierlichkeiten, die eigentlich für Edward den fünften vorgesehen waren,
00:30:50: Marko den Neffen, der immer noch im Tower sitzt.
00:30:52: Daniela Genau.
00:30:53: Marko Jetzt haben wir Richard als König,
00:30:56: Daniela ja, als König hat er nicht wirklich einen Run, muss man sagen. Es ist... Seine Frau und sein einziger Sohn, die sterben, kurz nachdem er König geworden ist.
00:31:06: Marko Das war doch auch er, oder? Ist doch klar! Die hat er, die hat er doch - also ich meine, das ist doch auch bei Shakespeare völlig klar, dass er das... Er will eine andere heiraten, ist doch auch klar. So ist es doch!
00:31:16: Daniela Ja, also es ist bei Shakespeare. Shakespeare ist ist ein Dichter Shakespeares, kein Historiker. Was man weiß aus den Quellen ist, das Richard und seine Frau ja tatsächlich eine sehr enge Beziehung hatten. Die kannten sich schon aus ihrer Kindheit und die trauern sehr stark um den Verlust des Sohnes. Das nimmt die beide schon mit. Das bestätigen zeitgenössische Quellen. Und kurz nach dem Sohn stirbt dann eben auch die Frau. Vermutlich auch wegen dieser psychischen depressiven Komponente dabei. Und das nimmt Richard jetzt wiederum ziemlich mit.
00:31:54: Marko Ein freudvoller Haushalt.
00:31:56: Daniela Ja, also du musst dir vorstellen, du bist jetzt gerade König geworden. Du denkst Okay, du hast ein Sohn, der wird der Thronfolger. Es ist erst mal alles in Butter für das Haus York und dann stirbt dir deine Frau. Und dann stirbt dir dein Thronfolger. Und du bist allein. Hinzu kommt, dass er nicht wirklich ein Händchen hat für das Einschätzen von Menschen. Das hat sich auch mehrfach gezeigt, weil sich dann Leute, denen er sehr vertraut hat, auf einmal sich gegen ihn gewendet haben. Und das ist ihm ja letztlich dann auch zum Verhängnis geworden. In der finalen Schlacht der Häuser Lancaster und York dann der Heinrich Tudor, der fordert ihn heraus. 1485.
00:32:36: Marko Er macht sich auf den Weg von Frankreich.
00:32:38: Daniela Genau.
00:32:39: Martin 1485, aber gekrönt worden. 1483. Das, was wir reden hier über eine Zeit, zwei Jahre,
00:32:45: Daniela Genau, zwei Jahre.
00:32:46: Marko Er hatte also nicht besonders viel Zeit, was zu leisten, muss man sagen, als englischer König.
00:32:50: Daniela Genau. Aber in der Zeit hat er schon versucht, was hinzukriegen. Zum Beispiel in der Justiz hat er versucht, so was wie die Unschuldsvermutung zu etablieren. Was uns heute ganz normal erscheint, war damals wirklich ein Knaller-Akt, denn früher war das so als einfacher Mann, als einfache Frau hattest du gegen Adelige einfach keine Schnitte. Wenn die Adeligen gesagt haben, der hat das und das gemacht, dann konntest du sonst noch was sagen als einfacher Mann. Du wurdest verurteilt, wurdest hingerichtet oder was auch immer. Und in dem dieses Unschuldsprinzip jetzt etabliert wird, passiert etwas Gravierendes, was natürlich auch die Macht des Adels ein wenig angeknabbert, was wiederum vielen Adeligen jetzt nicht so wirklich gefallen hat an Richard.
00:33:35: Marko Aber man würde sagen Richard, der dritte: ganz moderne Figur! Unschuldsvermutung.
00:33:40: Daniela Ja, man weiß nicht, wie es weitergegangen wäre, er hatte ja nur diese zwei Jahre. Also ich habe keine Ahnung, wie sich sein Königtum weiterentwickelt hätte, ob er weitere Reformen gemacht hätte oder nicht. Es weiß schlicht und ergreifend keiner.
00:33:53: Martin Also das heißt, es gab dann immer noch diesen Rosenkrieg im Hintergrund und das Haus Lancaster hatte erst mal prinzipielle Interessen, dynastische, wie du das eben bezeichnet hast, dynastische Interessen am Thron, aber eben auch ganz pragmatische, weil ich meine, das kann man sich ja nicht gefallen lassen, wenn da plötzlich irgendwie der einfache Mann auch Rechte hat. Also wie geht das denn?
00:34:14: Daniela Na, das hat vor allem die Adeligen, die Richard unterstützten, wohl ein bisschen gestört, denn die wendeten sich von ihm ab, und dem Heinrich mehr und mehr zu. Aber da kommen wir wieder zu dem Punkt, dass Richard nicht so wirklich ein Händchen fürs Einschätzen von Menschen hatte. Das hat er nicht so wirklich gemerkt, der Richard.
00:34:35: Er hat's sich mit so einer Klientel versaut.
00:34:37: Daniela So könnte man es modern sagen. In der Tat, ja.
00:34:39: Marko So, und der Konkurrent war bereits im Anmarsch.
00:34:44: Daniela Genau.
00:34:44: Marko Der landet dann irgendwann mit einem Heer in England aus Frankreich. So, und dann kommt es zur entscheidenden Schlacht .
00:34:53: Daniela Die Schlacht von Bosworth am 22. August 1485.
00:34:59: Marko Bei Shakespeare schläft der unglaublich schlecht vor dieser Schlacht, weil da kommen die Geister all derer, die er gemeuchelt hat, um an den Thron zu kommen.
00:35:08: Daniela Das ist übrigens historisch belegt, also nicht, was er geträumt hat, aber dass er schlecht geschlafen hat, da gibt's tatsächlich auch tatsächlich Quellen, die sagen, dass er am Morgen, als er aufgestanden ist, noch schlechter aussah als sonst. Vereinfacht gesagt. Richard war, das hat man übrigens auch bei seinen Knochen festgestellt, er war Knirscher. Also der war jemand, der konnte sehr schlecht mit Stresssituationen umgehen. Also insofern denke ich auch, dass er tatsächlich nicht so besonders gut geschlafen hat.
00:35:35: Martin Knirscher heißt also, die Kiefer aufeinander pressen während des Schlafes, ja, diese Knirschgeräusche? Ok.
00:35:40: Daniela Was ein Zeichen von Stress übelicherweise ist.
00:35:41: Marko Also nach einer zerknirschten Nacht in einem Zelt beim Bosworth... Und was ist das überhaupt bei Leicester wahrscheinlich?
00:35:51: Daniela Genau ungefähr 20 Kilometer westlich von Lester liegt Bosworth.
00:35:55: Martin Und du warst da?
00:35:57: Daniela Ich war da, jetzt nicht gerade 1485, als es rund ging, aber dann doch ein paar Jahre später. Ja, ich war da. AlsoBosworth Field, da, wo die Archäologen heute davon ausgehen, dass dort tatsächlich der Kampf stattgefunden hat, dieser letzte Kampf, da ist nichts. Das ist ein Feld. Da wird irgendwas angebaut. Und früher war das Marschland zu der Zeit, wo der Kampf dort ausgetragen wurde. Aber das ist... Also ihr müsst euch das vorstellen. Ich ich bin da. Ich stand da, und ich dachte mir: Wow, also wenn jetzt mein elfjähriges Ich neben mir stehen könnte, wenn ich dem jetzt erzählen könnte: Pass mal auf, in paar Jahren stehst du da, wo genau diese Schlacht, die du da gesehen hast und die dich so beeindruckt hat, stattgefunden hat. Das war einfach ein unfassbar erhebendes Gefühl. Erhebend passt irgendwie nicht, aber es ist... - Man ist so in Kontakt mit Geschichte in dem Augenblick.
00:36:52: Marko Kannst du in den Boden greifen und da ist das Blut durchgesickert.
00:36:57: Daniela Ja, die Archäologen haben ja tatsächlich dort in den Boden gegriffen und einiges gefunden.
00:37:01: Marko Haben sie?
00:37:02: Daniela Ja, ja, ja. Darum gehen sie davon aus, dass dort an dieser Stelle der letzte Kampf stattgefunden hat.
00:37:08: Marko So, jetzt kommt dieser Tudor aus Frankreich mit einem Heer und ihm gegenüber steht Richard dann Held. Wie ist die Schlacht verlaufen? Weiß man's?
00:37:20: Daniela Richard war zahlenmäßig definitiv überlegen. Also der hatte bis 12000 Männer auf seiner Seite, wobei die nicht alle hinter ihm standen, sondern verteilt in verschiedene Heere, die von verschiedenen Adeligen angeführt waren. Und das von von Heinrich ungefähr 8000 Mann stark.
00:37:37: Martin Das war aber für damals eine ganze Menge.
00:37:40: Daniela Ja, na klar. Also da stecken einige Jahrzehnte Rosenkrieg dahinter. Die wollten es wirklich wissen. Lancaster wollte jetzt den Thron haben, wobei eben Heinrich mit dem schwächeren Heer da war, zahlenmäßig wenigstens. Eigentlich hätte das Ganze also für Richard ausgehen müssen. Warum ist das nicht passiert?
00:37:58: Marko Weil er schlecht geschlafen hat. Weil die Geister gesagt haben: Es wird auf jeden Fall schiefgehen.
00:38:03: Martin Du mit Deinem Shakespeare! Ich glaub's ja nicht.
00:38:05: Marko Ist doch klar, oder?
00:38:06: Daniela Also kommen wir mal wieder hier auf dem Boden der Fakten zurück und lassen den Shakespeare mal! Tatsache war, dass ihn seine Verbündeten hintergangen haben. Also Richard ist mit seinem Teil des Heeres in den Kampf gezogen und da erwartet man dann halt, dass von den Flanken die Verbündeten mit ihren Männern dazu kommen. Und die haben ihn da im wahrsten Sinne des Wortes verhungern lassen. Also die sind einfach nicht gekommen. Die blieben stehen, haben sich das angeguckt, haben ihn im Stich gelassen und ein Teil des Heeres hat sich sogar explizit gegen ihn gewendet. Und auf die Seite von Heinrich.
00:38:40: Martin War das eine spontane Entscheidung oder war das vorher verabredet? Also haben die sich das angeguckt und haben gesagt: "Och, lassen wir mal heute lieber." Oder war das eine geplante Aktion?
00:38:51: Daniela Man darf davon ausgehen, dass das eine geplante Aktion war, weil es sah gut aus für Richard und es ist nicht so gewesen, dass die aus Feigheit nicht gekommen sind. So nach dem Motto "Och nee, da mische ich mich nicht ein. Das geht nur böse für mich aus." Sondern es sah gut aus für Richard. Und sie haben ihn halt einfach verhungern lassen da.
00:39:10: Marko Dann kippt er vom Pferd, kämpft zu Fuß weiter und ja,.
00:39:14: Martin Man muss sagen ja, er hat gekämpft. Also der, der stand vorne vor seinem Heer. Also ist da in die Schlacht gezogen. Selber.
00:39:21: Daniela Ja, ja, und zwar zu dem Zeitpunkt, wo er sah: ich werde jetzt allein gelassen. Das heißt, ich muss jetzt da selber mich reinwerfen. Ich als König muss jetzt hier mich reinwerfen, damit meine Leute stärker kämpfen oder was auch immer.
00:39:36: Marko Der König kämpft sonst nicht mit, oder?
00:39:38: Daniela Normalerweise versucht man die Akteure zu schützen. Also dass die nicht zugänglich sind. Sonst könntest du ja einfach den Chef mal eben schnell mit nem Bogenschützen wegmachen und dann ist der Kampf vorbei.
00:39:50: Marko Wie beim Schach.
00:39:50: Wie beim Schach. Genau. Da ist er dann tatsächlich reingegangen in den Kampf und hat gesagt So, jetzt muss es hier geklärt werden. Und das wurde es dann.
00:39:59: Marko Bei Shakespeare hat er sein Pferd verloren. Und dann kommt dieser wunderbare Satz, Martin.
00:40:04: Martin A horse, a horse, my kingdom for a horse. Was auf Deutsch so viel heißt wie: Ein Pferd, ein Pferd, mein Königreich für ein Pferd. So steht's bei Shakespeare.
00:40:15: Marko Ja, so steht bei Shakespeare.
00:40:17: Daniela Na ja, was da drinsteckt, ist Mir wäre es lieber, jetzt ein Pferd zu haben als mein Königreich. In Wahrheit soll Richard sehr tapfer gekämpft haben. Das sagen sogar die Quellen, die ihm nicht wohlgesonnen sind. Zum Schluss hat er ohne Pferd weiter gekämpft, hat seinen Helm verloren und wie das Ganze dann ausging, das kann man sehr genau an seinen Gebeinen heute erkennen. Und das erzählt aber lieber die Philippa Langley. Das ist mir zu brutal.
00:40:52: Philippa Langley We know an awful lot about Richard's last minutes from his remains, and indeed all of those writers who are clearly against Richard, every single one of them praises his bravery and his courage on the battlefield that day. So I think it's important that we remember that. But his remains showed us that he had 11 wounds on his body altogether, and nine of those were on his head. Two of them would have been immediately fatal. There was a massive blow, a cleave blow to the back of his head, which would have taken half of his head off. But also there was a sword thrust through the side of his head, which probably was the coup de gras. So it looks like that Richard was surrounded in the final moments of his life, that his body was protected by his armour that he was wearing, and that he was killed by the blows to the head.
00:41:46: Daniela Ja, also Richard hatte elf Verletzungen an seinem Körper, neun davon am Kopf, weil der Körper, durch den die die Rüstung geschützt war, der Kopf dann zu dem Zeitpunkt offensichtlich nicht mehr. Es wurde mit einer Klinge ein Teil des Kopfes abgeschlagen und dann wahrscheinlich der Gnadenstoß mit einem Schwert Stich in den Kopf gegeben. Also Richard war in seinen letzten Momenten von Feinden umzingelt, die auf seinen Kopf eingehakt und eingestochen haben.
00:42:25: Martin Ziemlich gruselige letzte Momente im Leben eines Königs und all diese Verletzungen, die er da davongetragen hat, die hat man dann nehme ich an, rekonstruiert aus diesem Skelett, was man gefunden hat unter dem Parkplatz in Leicester. Und dieser Parkplatz ist wie weit entfernt von dem Schlachtfeld?
00:42:42: Daniela Ungefähr 20 Kilometer. Also man hat Richard. Nachdem man ihn getötet hatte, hat man ihn nackt ausgezogen, auf ein Pferd gespannt und den Leichnam nach Leicester gebracht, damit auch alle sehen konnten: Der König ist tot. Und damit auch alle übrigens seinen verkrüppelten Rücken sehen konnten, seine Skoliose, die ja bis dahin den meisten Mitmenschen eher nicht bekannt gewesen sein dürfte.
00:43:07: Martin Also, auch das war ein Stück Propaganda, was man damit betrieben hat.
00:43:10: Daniela Natürlich, in der damaligen Zeit war das so: Wer einen verkrüppelten Körper hat, der muss auch einen verkrüppelten Geist haben. Also nur jemand, der des Teufels ist, der hat einen solchen verkrüppelten Körper. Das war der Gedanke, der dahinter steckte. Darum war das auch so wichtig, das zu kommunizieren, dass er einen verkrüppelten Körper hatte. Und dann hat man ihn ausgestellt in Leicester für ein paar Tage und den halb vergammelten Leichnam dann nach drei Tagen - wir befinden uns im August, also Sommer - nach drei Tagen müffelt das schon mal ein bisschen in der Grey Friar's Church beerdigt, beigesetzt, ohne Ehren, ohne alles. Der wurde da halt einfach unter dem Kirchenboden mehr oder weniger verscharrt,
00:43:53: Martin da, wo man ihn dann vor zehn Jahren offensichtlich wieder ausgegraben hat. Aber kann man denn wirklich sicher sein, dass er es gewesen ist, dass das der richtige Richard ist? Wie hat man das sichergestellt, dass das auch war?
00:44:07: Daniela Da gibt es verschiedene Indizien, die zusammengefügt wurden. Das eine war natürlich der Fundort, von dem man wusste halt, wenn dort jemand begraben ist, dann ist das mit hoher Wahrscheinlichkeit Richard. Dann kam dazu als sehr starke Beweis-Linie die mitochondriale DNA. Oh ja, hört sich gefährlich an mitochondriale DNA ist etwas, das wird vererbt in rein mütterlicher Linie. Also ich teile mit meiner Mutter, meiner mütterlichen Großmutter und so weiter und so fort teile ich dieselbe mitochondriale DNA. Das heißt, wenn es einem jetzt gelingt, einen Verwandten zu finden, mit dem Richard heute verwandt ist, in rein mütterlicher Linie, dann muss dieses Skelett von Richard dieselbe mitochondriale DNA aufweisen wie dieser Verwandte. Und tatsächlich hat jemand von der Richard eine kurze Zeit diese Mühen auf sich genommen, also die Stammbäume ausgewertet und jemanden gefunden, der von seinem Glück überhaupt nichts wusste. Das war ein kanadischer Schreiner, Michael Ibsen, der überhaupt nicht wusste, dass er mit Richard, dem Dritten, verwandt ist. Und durch dessen DNA Untersuchung konnte man sagen Okay, das ist jetzt mit hoher Wahrscheinlichkeit Richard der Dritte, zumal dann auch noch eine Rekonstruktion stattgefunden hat, eine forensische Gesichts Rekonstruktion von Richard. Und da kann man schon Ähnlichkeiten zu den Porträts, die von ihm existieren, aus dem 16. Jahrhundert erkennen. So dass man, wenn man alles zusammen würfelt, sagen muss, dass es mit neun und 90,8-prozentiger Wahrscheinlichkeit Richard der Dritte. Es gibt niemanden, der das bezweifelt.
00:45:49: Martin Ja, du hast gerade gesagt, man hat sogar versucht, sein Gesicht zu rekonstruieren. Und er sah sich sozusagen selber ähnlich seinen Bildnissen, die aus zeitgenössischer Zeit existieren?
00:45:58: Daniela Ja, wobei man sagen muss, die sind nicht wirklich aus zeitgenössischer Zeit. Also die sind nicht zu seinen Lebzeiten entstanden, sondern die sind alle nach seinen Lebzeiten entstanden in der Tudor Zeit. Und was man auch dazu sagen muss, dass sie alle in dieser Tudor Zeit mehrfach bearbeitet wurden. Wir sprachen ja schon über die Tudors und ihre Rufmordkampagne. Sie haben Richard Böser gezeichnet. Sie haben seine Schultern stärker herab hängen lassen. Sie haben seine Mundwinkel stärker herunter hängen lassen. Das sind alles Überarbeitungsschritte, die man heute erkennen kann mit modernen Verfahren, dass dort Übermalungen stattgefunden haben und wann diese Übermalungen stattgefunden haben.
00:46:40: Martin Das heißt, es gab Porträts aus der Zeit von Richard, dem Dritten. Und dann hat man anschließend einen Maler beauftragt und hat gesagt: Mach den mal böse, der sieht zu nett aus.
00:46:48: Daniela Ja, noch eine Spur heftiger. Also Bilder aus der Zeit seines Lebens gibt es nicht. Es gibt Bildnisse, von denen geht man davon aus, dass sie gemalt wurden nach Bildnissen aus dieser Zeit, die aber in der Tudor Zeit schon entstanden sind. Und diese Bildnisse wurden während der Tudor Zeit, die ja ungefähr ein gutes Jahrhundert andauerte, noch mehrfach übermalt, um in böser werden zu lassen. Wir sehen da eigentlich Shakespeare am Ende dieser Tudor Zeit als den Höhepunkt des Richard-böse-machens. Also das ist etwas, was noch zugenommen hat innerhalb der Tudor Zeit in diesen hundert Jahren, dass er immer fieser wurde.
00:47:27: Martin Also das heißt, die Tudors waren eigentlich eine ziemlich üble Propaganda-Truppe, richtig?
00:47:31: Daniela Jetzt würden Tudor-Fans natürlich vehement widersprechen und sagen das ist nicht so, aber tatsächlich: In der Tudor Zeit, das war schon ziemlich heftig. Also jeder kennt Heinrich den achten und seine Frauen und was der an Propaganda Maßnahmen unternommen hat, das war schon schon ziemlich heftig, auch zur Verschleierung von vielen Dingen.
00:47:49: Martin Ja und Shakespeare gehört dann quasi mit zu dieser Propaganda-Truppe, oder wie muss man sich das denken?
00:47:55: Daniela Ach so, ich. Och nö, ich mag den Shakespeare ja eigentlich ja. Also Shakespeare hat halt einfach eine tolle Geschichte gewittert und wo ein Bösewicht da ist, da hat man natürlich eine tolle Geschichte, und es ist reizvoll für einen Schriftsteller, einen Bösewicht noch böser zu machen. Es ist... Ein Großteil unserer Literatur besteht aus spannenden und tollen Bösewichtern. Das will ich Shakespeare nicht ankreiden. Wobei natürlich Shakespeare arge Probleme mit der damaligen Zensur bekommen hätte, wenn er Richard jetzt auf einmal als positive Figur gezeichnet hätte. Denn wir dürfen nicht vergessen Er hat in der elisabethanischen Zeit, also zurzeit von Elisabeth, der ersten, gelebt und geschrieben. Und Elsbeth 1 war die Enkelin von Heinrich Tudor, der Richard besiegt hatte im Kampf um Bosworth.
00:48:46: Martin Dann schreibt Shakespeare dieses Bühnenstück, wo es darum geht, einen miesen Charakter zu zeichnen, der selbst vor Kindsmord nicht zurückschreckt. Offenbar hat sich das Bild aber gehalten, und zwar bis heute.
00:48:58: Daniela Ja, natürlich, das Stück ist ja sehr machtvoll, sehr eindrucksvoll und es wurde ja weitergetragen. Dieser Mythos nach der Tudor Zeit, es wurde sogar im 17. Jahrhundert wurden Knochen im Tower gefunden und man ging davon aus, dass es sich um die Knochen der beiden Neffen handelt und dass damit bewiesen ist, dass die Kinder umgebracht wurden von Richard. Die Knochen wurden dann nach Westminster Abbey gebracht wurden dort beigesetzt wurde. Übrigens immer noch sind die Knochen.
00:49:28: Martin Nun konnte man ja sagen okay, die untersuchen wir auch.
00:49:31: Daniela Erst mal wäre interessant zu wissen, wessen Knochen das überhaupt sind, und aus welcher Zeit die stammen, denn das konnte man im 17. Jahrhundert noch nicht wirklich rausfinden. Und das konnte man auch bei der letzten Untersuchung, die stattfand, in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, noch nicht richtig feststellen. Heute könnte man es, heute könnte man herausfinden, ob es überhaupt theoretisch die Neffen von Richard, dem Dritten, sein könnten, in dem man auch wieder diese Geschichte mit der mitochondrialen DNA macht. Ginge das, das ginge auch. Da hat man den Stammbaum soweit erforscht, dass man wüsste, welche mitochondriale DNA sie haben müssten und dass man Vergleichs Verwandte gefunden hat, die heute leben. Aber Elisabeth, die zweite, will die Knochen nicht rausrücken.
00:50:15: Martin Warum? Ja, warum nicht?
00:50:17: Daniela Keine Ahnung. Also die großen Hoffnungen der Richardianer, die ruhen jetzt darauf, dass Prinz Charles irgendwann in näherer Zukunft mal König wird, der wohl auch Archäologie ein paar Semester studiert hat. Und dass man den vielleicht besser bequatschen kann, dass der die Knochen mal rausrückt für eine Untersuchung.
00:50:38: Martin Haben wir denn irgendeine Chance das mal endgültig rauszufinden, ob es war oder nicht? Oder wird das immer in den Tiefen der Geschichte verborgen bleiben?
00:50:48: Daniela Wunder gibt es immer wieder. Wer weiß, vielleicht tauchen irgendwelche Quellen noch auf, die man bisher noch nicht gefunden hat. Also es ist nichts unmöglich. Und das ist aber vielleicht glaube ich auch, dass dieses Rätsel so eins ist. Was so schwer zu knacken ist, gehört auch dazu, dass diese Geschichte von Richard, dem Dritten, so viele Leute fasziniert .
00:51:11: Martin Und Dich auch.
00:51:12: Daniela Und mich auch. Ich gebe es ja zu. I confess!
00:51:14: Marko Du bist eigentlich Fan. Lass mich raten, du bist Mitglied in dieser Vereinigung oder?
00:51:22: Martin In dieser Richard The Third Society.
00:51:24: Daniela Ich sage nichts ohne meinen Anwalt.
00:51:26: Marko Ein schönes Schlusswort. Das lassen wir mal einfach so stehen. Jetzt haben wir die Knochen der beiden Neffen geredet. Was ist denn eigentlich aus den Knochen geworden, die unter dem Parkplatz von Richard dem Dritten, gefunden worden sind?
00:51:40: Daniela Die wurden 2015 beigesetzt, in einer großen Zeremonie. Da wurden die halt bestattet in der Kathedrale von Leicester.
00:52:02: Sally Hanshaw It was amazing the atmosphere in Leicester was - I don't really know how to describe it - surreal in some ways. Everybody local was here and also people from all over the world, and everybody wanted to join in this amazing event. It was a once in a lifetime thing and everybody was over the Moon. The idea of the Looking for Richard project was always that to find Richard, to identify him and to give him a burial with honour and dignity that he had not received in 1485. And that has now happened. Richard has a proper burial place with the tomb and the banners, the arms of England and Richard's own borne banner standing by the side of the Tomb, and it's just kind of the end of the story that Richard now can rest finally in peace.
00:53:00: Daniela Das war Sally Hanshaw von der Richard The third Society in Laster und sie hat erzählt, was das damals für eine Atmosphäre in Lester war. Bei der Beerdigung von Richard, dem Dritten 2015, bei der wieder Beisetzung seiner Gebeine. Die ganze Prominenz der Stadt war auf den Beinen und aus aller Welt sind Leute gekommen, um dort dabei sein zu können. Und das war ein ganz faszinierendes Erlebnis für sie, wie sie sagt. Und in gewisser Weise ist damit auch Richard und die Geschichte von Richard zu einem Ende gekommen, denn seine Gebeine konnten endlich wie die eines Königs beigesetzt werden. Ehrenvoll.
00:53:40: Martin Jetzt bist du denn nicht nur den Knochen, sondern auch der Figur Richards des Dritten hinterher gereist, durch England, über Schlachtfelder und über Parkplätze. Was war denn für dich das Beeindruckendste bei dieser ganzen Recherchereise?
00:53:53: Daniela Das war einerseits, dass ich auf dem Schlachtfeld von Bosworth gestanden habe, und andererseits war das, als ich vor dem Grabmal von Richard in der Kathedrale von Leicester gestanden habe.
00:54:04: Martin Da bist du auch noch mal hin?
00:54:05: Daniela Da bin ich noch mal hin. Natürlich, das konnte ich mir ja nicht entgehen lassen. Und da stand ich mit den beiden Bannerträger von Richard, und zwar nicht von 1485, sondern von dem Bannerträger in seiner Wiederbesetzung im Jahr 2015. Einer dieser Bannerträger war übrigens Sally Hanshore, die wir eben gehört haben. Und man stelle sich das vor: ;an steht da in dieser Kathedrale, vor diesem Grabstein, auf diesem Grabstein steht sein Motto "Loyalty me lie" und du stehst da eingerahmt von den Bannerträger von Richard, dem dritten. Wennste das meinem 11-jährigen Ich erzählt hättest, dass mir das mal passieren würde. Nee, das hätte ich mir nicht geglaubt. Das war für mich schon eine sehr starke Verbindung, ein sehr starker Abschluss, vielleicht auch meiner persönlichen Suche nach Richard, dem Dritten in meinem Leben.
00:55:03: Marko Damit sind auch wir heute am Ende von Die Geschichtsmacher. Wer unseren Podcast noch nicht kennt: Wir verlosen immer etwas am Ende. Nun hast du was mitgebracht. Einmal dein Lieblings Kopfkissen.
00:55:16: Mein Lieblings... Das verlor sich aber nicht!
00:55:19: Marko Nein, nein, da muss man das sagen. Also man muss es einfach mal erwähnt haben.
00:55:23: Daniela Genau das, das hat
00:55:24: Marko Die Dame, die hier vor uns sitzt, die schläft sozusagen Kopf an Kopf mit Richard, dem dritten.
00:55:29: Daniela Sagen wir so: ich sitze mit ihm auf der Couch Kopf an Kopf, ja. Ein Sofakissen von Richard dem dritten. Also das Cover mit Richard dem dritten drauf. Was in England sehr beliebt ist. Es wird dort tatsächlich häufiger verkauft,
00:55:42: Marko Aber das wollen wir nicht verlosen. Daran hängst du zu sehr.
00:55:44: Daniela Nein, nein, das gebe ich nicht her.
00:55:46: Marko Du hast was mitgebracht. Ein Buch?
00:55:47: Daniela Genau. Ich habe ein Buch mitgebracht von Philippa Langley. Philippa Langley ist die Frau, die wir in den O-Tönen gehört haben, die dafür gesorgt hat, dass die Gebeine von Richard, dem Dritten, ausgegraben werden. Und die hat ein Buch geschrieben über diese Ausgrabung. Und ja, das steht hier zur Verlosung.
00:56:05: Martin Wobei man sagen muss: Das Buch ist auf Englisch, das heißt derjenige oder diejenige, wer es jetzt nun gewinnt, sollte der englischen Sprache mächtig sein.
00:56:12: Daniela Besser ist das ja.
00:56:13: Marko Also schreibt uns Unsere Adresse findet ihr unter www.geschichtsmacher.de und der erste, die erste, die uns schreibt, der und schreibt, der wird, die wird dieses Buch bekommen.
00:56:27: Marko Es ist manchmal schwierig mit dem Gendern. So..
00:56:30: Marko Aber muss ja alles ordentlich sein.
00:56:31: Martin Das waren die Geschichts Macher. In diesem Fall waren das Marco Rößler...
00:56:37: Marko Martin Herzog.
00:56:38: Martin Und natürlich unser Gast für heute. Ganz, ganz herzlichen Dank an Daniela war Konig, die uns über Richard, den Dritten, berichtet hat.
00:56:46: Daniela Es war mir eine große Freude.
00:56:49: Marko Wenn es euch gefallen hat...
00:56:50: Martin Dann sagt es euren Freunden und sagt es uns..
00:56:54: Marko Wenn es euch nicht gefallen hat, aber dann bitte auch nur uns. Bis dahin.
00:56:58: Martin Bis dahin. Tschüss.
Karin Brandt
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