Richard III. - Jetzt als Film!

Shownotes

Worüber die Geschichtsmacher in einer der ersten Folgen gesprochen haben, davon handelt jetzt ein Spielfilm: "The Lost King" erzählt die irre Geschichte von der Entdeckung der Gebeine des Englischen Königs Richard III. Grund genug, den Shakespeare-Schurken für eine weitere Podcast-Episode auszugraben.

Zu Gast bei Martin Herzog und Marko Rösseler ist - wie schon in der ersten Richard-Folge - Daniela Wakonigg. Die Zeitzeichen-Kollegin kennt sich nicht nur exzellent mit der Geschichte des Königs aus, sondern hat bei ihren Recherche-Reisen auch Philippa Langley getroffen, die den jahrhundertelang verschwundenen König 2012 wiederentdeckt hat - unter einem Parkplatz in der Stadt Leister. Der Spielfilm "The lost King" hat nun sowohl ihr als auch dem verfemten König ein cineastisches Denkmal gesetzt. Wie es dabei mit der historischen Wahrheit zugeht und welche Neuigkeiten es über den Shakespeare-Schurken zu berichten gibt, darum geht es in dieser Podcast-Folge.

Übrigens:** Ihr könnt gewinnen! 2x2 Freikarten für den Film "The Lost King"** - wenn Ihr die Frage am Ende des Podcasts beantwortet (kontakt@diegeschichtsmacher.de, Einsendeschluss: 13.10.2022).

Wichtiges Links: Zum WDR-Zeitzeichen "Skelett von Richard III. liegt unter einem Parkplatz" von Daniela Wakonigg geht es hier entlang.

Die Richard III.-Gesellschaft findet Ihr hier.

Mehr Informationen über den Spielfilm "The Lost King" gibt es hier.

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Transkript anzeigen

Die Geschichtsmacher: Richard III - Jetzt als Film

00:00:00: Film-Richard III. Bitte verstehen Sie das nicht falsch. Aber selbst aus meiner Perspektive wirkt das allmählich ein bisschen wie eine krankhafte Obsession.

00:00:11: Film-Langley Haben Sie das wirklich gerade gesagt? Ich mache das für Sie. Wissen Sie eigentlich, was die Leute über Sie sagen?

00:00:19: Martin Und was die sagen! Kindsmörder, Erbschleicher, ein Shakespeare-Schurke, wie er im Buche steht. Dieser Richard III. Völlig zu Recht auf dem Schlachtfeld gestorben "worden", muss man ja sagen, zum Ende des 15. Jahrhunderts.

00:00:34: Marko Was wir gerade gehört haben, war ein Ausschnitt aus dem Kinofilm "The Lost King" aus dem vorigen Jahr. Und dieser Film wird jetzt bei uns anlaufen. Und da unterhält sich tatsächlich eine Frau aus unserer Jetztzeit mit diesem König aus dem 15. Jahrhundert. Und ich bin sicher, dass Daniela Wakonigg, die heute bei uns zu Gast ist, diese Frau ein bisschen beneidet. Die würde das bestimmt nämlich auch gerne tun.

00:00:55: Daniela Oh ja, sehr gerne würde ich mich mit Richard dem Dritten unterhalten. Meine Güte, was würde ich dem für Fragen stellen?

00:01:00: Marko Wir werden versuchen, ob wir heute eine Verbindung hinkriegen.

00:01:03: Martin Herzlich willkommen bei...

00:01:12: Intro Die Geschichtsmacher. Von Autorinnen und Autoren des Zeitzeichens.

00:01:20: Marko Na und aufmerksame Zuhörer dieses Podcasts könnten jetzt meckern. Fällt euch denn nichts Besseres ein als immer Dasselbe zu machen? Wollt ihr euch schon wieder über Richard III. Unterhalten? Und zwar - wenn auch mit eurer wunderbaren Kollegin Daniela Wakonigg -aber das habt ihr doch schon mal gemacht, und zwar in der dritten Folge von Die Geschichts- macher. Nun, in der Zwischenzeit hat sich einiges geändert. Es gibt nämlich...

00:01:46: Einen Film - ich bin versucht zu sagen "Hollywoodfilm". Aber nein, er kommt aus England und heißt "The Lost King" und handelt von diesem Richard III., über den wir gesprochen haben als Shakespeare-Schurken und furchtbaren Menschen, der er vielleicht dann doch gar nicht so gewesen ist. Und über die Geschichte seiner Wiederentdeckung von einer Dame, die wir auch damals schon in unserem Podcast hatten und die die Kollegin Daniela Wakonigg auch getroffen hat in Edinburgh damals. Wer war das?

00:02:19: Daniela Ja, das ist Philippa Langley, die in Großbritannien inzwischen jeder kennt. Die hat tatsächlich begonnen irgendwann, sich für Richard III. zu interessieren und hat sich auf die Suche gemacht, ob sie seine Gebeine finden würde. Was ihr - ich will jetzt nicht zu viel vorwegnehmen, aber letztlich wissen wir es alle schon - was ihr gelungen ist.

00:02:42: Martin Diese ganze Geschichte ist nun verfilmt worden und kommt jetzt als The Lost King ins Kino. Und aus diesem Anlass wollen wir uns noch mal heute mit Richard dem Dritten beschäftigen. Und es gibt auch bei uns was zu gewinnen, nämlich Freikarten fürs Kino.

00:02:59: Marko Zwei Kinokarten könnt ihr bei uns gewinnen, wenn ihr... vier?

00:03:05: Martin Vier - zwei mal zwei.

00:03:07: Marko Okay, also vier Kinokarten gibt es zu gewinnen. Es wird natürlich auch da ein bisschen an euren Intellekt appelliert. Er müsste mich eine Frage dafür beantworten am Ende dieses Podcasts. Nun ist die Frage: Warum interessieren wir uns für die Gebeine eines Schurken aus dem 15. Jahrhundert? Denn dass Richard III. ein Schurke ist, das weiß nun auch in England, auch in Deutschland fast jedes Schulkind. Denn Richard III. ist von Shakespeare in ein Drama gepresst worden, und dort ist er ein Mörder, dort ist er ein ein Mann, der sich mit Intrigen auf den Thron schleicht und der am Ende das gerechte und grausame Ende findet. Auftritt Richard III. auf einer Schulaufführung im Film.

00:03:50: Film-Richard III. Und ich? In dieser schlaffen, schwachen Friedenszeit, weiss keine Lust, die Zeit mir zu vertreiben, als meinen Schatten spähen in der Sonne und meine eigene Missgestalt erörtern. Und darum, weil ich kein Verliebter sein kann, bin ich gewillt ein Bösewicht zu werden.

00:04:21: Marko Ja, so kennt man ihn, den misanthropischen, stets übel gelaunten Richard III. von Shakespeare. Du, Daniela, behauptest so war der gar nicht.

00:04:32: Daniela Das behaupte ich nicht.

00:04:34: Marko Aha.

00:04:34: Daniela Das ist hier eine grobe Unterstellung. Ich sage nur, dass man sich die Geschichte noch mal anschauen sollte. Und ich bin damit nicht allein, sondern das sagen sehr, sehr viele Leute, die sich dafür interessiert haben. Unter anderem eben auch Philippa Langley, um die es in diesem Film geht.

00:04:50: Marko Und die du damals schon getroffen hast. Wie viele Jahre ist es jetzt her, dass du diese Frau getroffen hast, deren Leben jetzt verfilmt worden ist?

00:04:57: Daniela Philippa habe ich vor fünf Jahren getroffen. Philippa ist in die Geschichte von Richard III. eingestiegen wie ganz, ganz viele andere auch. Sie haben eine Richard-Aufführung gesehen und haben sich gedacht: Wie kann ein Mensch so böse sein? Kann das stimmen, dass ein einziger Mensch so ein böser Kerl ist? Und haben einfach angefangen zu recherchieren. So wie das übrigens auch bei Philippa in diesem Film ist. Die ist dann halt einfach - ja - losgezogen und hat sich Literatur gesucht.

00:05:28: Film Langley Hi, haben Sie Bücher über Richard III., den König?

00:05:33: Verkäuferin Ich weiß, wen Sie meinen.

00:05:37: Film Langley Historische Bücher, nicht Shakespeare, bitte.

00:05:42: Verkäuferin Wir haben acht Titel.

00:05:44: Film Langley Ja, bitte. Nehme ich.

00:05:47: Verkäuferin Welche davon?

00:05:49: Film Langley Alle.

00:05:50: Martin Also so ist das gelaufen im Film, in der Wirklichkeit auch so? Philippa ist in den nächsten Buchladen gegangen und hat sich so ziemlich alles besorgt, was es zu dem ollen König zu lesen gibt.

00:06:00: Daniela Ja, mehr oder weniger. Also sie hat erst mal versucht, sich selbst ein Bild zu machen, indem sie Literatur verschlungen hat. Und als nächstes hat sie das gemacht, was man in England wunderbar machen kann. Sie ist nämlich einfach zu einem Treffen der Richard III. Gesellschaft gegangen, die es in Edinburgh damals auch schon gab.

00:06:19: Martin Und auch davon berichtet der Film. Hören wir mal.

00:06:21: Film Langley So viele Menschen haben anscheinend eine schlechte Meinung von ihm.

00:06:24: Frau Allerdings.

00:06:24: Film Langley Sie können doch nicht alle falschliegen, oder?

00:06:28: Mann Haben Sie schon mal Tratsch über sich selbst gehört und gedacht: Wie können die das über mich sagen, wo die mich doch gar nicht kennen?

00:06:34: Frau Das meiste, was über Richard geschrieben wurde, basiert auf der Darstellung der Tudors. Weil Henry VII. die Schlacht von Bosworth gewonnen hat.

00:06:41: Mann Wenn man die erste Lüge rasch vorträgt und sie oft genug wiederholt, wird sie zur Wahrheit.

00:06:45: Noch ein Mann Und Richard war nicht mehr da, um sich zu verteidigen.

00:06:49: Film Langley Ich möchte mich Ihrer Society anschließen.

00:06:53: Mann Wollen Sie sich der Gruppe wirklich anschließen? Sie wirken recht - normal.

00:07:00: Film Langley Das bin ich nicht.

00:07:01: Marko Ist das Grundvoraussetzung, nicht normal zu sein, wenn man Mitglied der Richard III. Society sein möchte, Daniela?

00:07:08: Daniela Das ist eine gute Frage. Ich hatte die Ehre, an zwei Treffen der Richard III. Society in Großbritannien mal teilzunehmen. Da sind einige merkwürdige Gestalten schon dabei. Das ist aber auch nachvollziehbar. Die bohren sich da wirklich halt einfach in dieses Thema rein und in diese Zeit rein und können einem unglaublich viel dazu erzählen. Ja. Und suchen einfach auch immer wieder nach neuen Fakten.

00:07:38: Martin Und diese Philippa Langley, du hast sie getroffen in Edinburgh. Was für einen Eindruck hat die dir gemacht? Und was für einen Hintergrund hat die? Also hat die einfach diese Aufführung gesehen und hat gesagt, ich beschäftige mich damit? Oder ist die Historikerin von Hause aus? Oder wo kommt die her? Wer ist das?

00:07:51: Daniela Philippa ist eigentlich eine eine normale Hausfrau, die hat zwei Kinder, war aber auch als Drehbuchautorin schon tätig zu der Zeit. Also hatte so ein bisschen was mit Filmbusiness zu tun. Aber es lief nicht. Sie hatte gerade so eine medizinische Durchhänge-Phase auch, ein Erschöpfungs-Syndrom, und in der Zeit ist sie dann halt wirklich in diese Richard-Geschichte rein geschlittert.

00:08:19: Marko Da war Richard sozusagen der Rettungsanker?

00:08:21: Daniela Ach, das weiß ich nicht. Ich meine, das kennt doch jeder von uns, dass man sich so in Phasen der Neuorientierung auf einmal irgendwas sucht und sich da festbeißt. Und in diesem Fall war es halt einfach der Richard für die Philippa. Und es ist eine fantastische Geschichte daraus erwachsen, wie ich finde.

00:08:39: Marko Die Kneipe, in der diese Szene spielt im Film - auch dort warst du schon.

00:08:45: Daniela Richtig. Also ich war 2018 in Edinburgh, um ein Interview mit Philippa Langley zu führen. Und die treffen sich dort in Cramond. Also, Cramond ist so ein ehemaliges Fischerdorf am Zipfel von Edinburgh, inzwischen eingemeindet zu Edinburgh. Und dort gibt es eine Kirche, Cramond Kirk, die so ziemlich das ist, was man sich unter einer alten schottischen Kirche vorstellt. So ein winziges Kirchlein mit alten Grabsteinen rundherum. Und in dem Gemeindesaal treffen die sich regelmäßig, und ein paar Meter weiter gibt es das Cramond Inn - einen Pub. Und in diesem Pub haben sich dann einige von der Richard III. Society zusammengesetzt und beschlossen: Wir suchen jetzt die Gebeine von Richard.

00:09:37: Marko Wie kamen die da drauf.

00:09:39: Daniela Dass sich Menschen gefragt haben, ob Richard jetzt wirklich dieser Bösewicht war, wie er ja von Shakespeare dargestellt wurde. Wir kennen ja heute vor allem die Shakespeare-Darstellung von Richard als Bösewicht. Das hat schon sehr, sehr früh angefangen. Also es hat schon im 16. und 17. Jahrhundert die ersten gegeben, die daran gezweifelt haben, ob der Richard wirklich so böse war oder ob das die Propaganda von demjenigen war, der ihn besiegt hat, von Heinrich VII. Tudor, der keinen besonders guten Thron-Anspruch hatte. Und das hat sich über die Jahrhunderte gezogen. Also wir haben zum Beispiel auch berühmte Personen, Mary Shelley, wir erinnern uns, die Autorin von Frankenstein, die gehörte auch zu denjenigen, die daran gezweifelt haben. Also es hat über die Jahrhunderte immer wieder Zweifler gegeben. Und 1924 hat sich dann die "Fellowship of the White Boar" gegründet. White Boar, der weiße Eber oder das weiße Wildschwein ist die badge - wie sagt man...

00:10:41: Marko Das Wappentier

00:10:41: Daniela Das Emblem von Richard III. gewesen. Und aus dieser Fellowship hat sich dann die Richard III. Society entwickelt, die tatsächlich im 20. Jahrhundert sehr aktiv auch nachgeforscht hat, inwieweit die historischen Angaben über Richard III. und seine Bösewichterei zutreffen.

00:11:04: Marko Eines der größten Rätsel war ja wohl: Wo liegen die Gebeine des Königs? Also wir kennen es von Shakespeare. Er findet einen - bei Shakespeare - sehr unrühmlichen Tod auf dem Schlachtfeld bei Bosworth. Dort jammert er noch "A horse, a horse, my kingdom for a horse". Das heißt, er will schnell ein Pferd kriegen, damit er sich möglichst schnell vom Acker machen kann. Also ein Feigling auch noch dazu. Und dann wird er erschlagen. In der Realität mag es vielleicht anders gewesen sein, aber wohin dann sein Leichnam gekommen ist, das lag wohl lange im Dunkeln, richtig.

00:11:42: Daniela Also diese Darstellung von Shakespeare, dass er versucht hat zu fliehen vom Schlachtfeld, ist schon mal kompletter Bullshit. Selbst seine Feinde haben in den Aufzeichnungen gesagt, dass Richard sehr, sehr tapfer gekämpft hat bis zum Schluss. Also, der hat keineswegs versucht zu fliehen. Da sieht man übrigens auch schon so diesen Propaganda-Anstrich, den es während der Tudor-Zeit bei der Richard-Geschichte gegeben hat. Aber gut - wie war das mit Richard? Richard ist am 22. August 1485 in der Schlacht von Bosworth gefallen. Die Leute von Heinrich VII. haben ihn umgebracht und seinen Leichnam auf ein Pferd geworfen. Den Leichnam noch nachträglich ziemlich fies verstümmelt, muss man sagen, und vor allem nackt ausgezogen, so dass man erstmals auch seine verkrümmte Wirbelsäule gesehen hat. Richard hatte eine Skoliose, man hat ihn also nachträglich posthum gedemütigt, hat ihn auf diese Weise auf einem Pferd nackt nach Leicester gebracht, hat ihn ausgestellt seinen Leichnam, und man hat ihm nicht das Begräbnis eines Königs gewährt, sondern man hat ihn begraben oder verscharrt besser gesagt unter dem Fußboden des Greyfriars Klosters. Also Greyfriars sind Franziskaner. Und die haben ihn dort verscharrt. Ja, und dann wäre es erst mal so gewesen, dass man gesagt hätte: Na ja, gut, dann weiß man ja, wo er liegt. Aber wir springen jetzt mal eine Generation und ein paar Jahre in die Zukunft. Da gibt es nämlich den Sohn von Heinrich VII.

00:13:26: Martin Lass mich raten, Heinrich VIII.

00:13:28: Daniela Korrekt. Ich weiß nicht, wie du darauf kommst, aber es stimmt. Heinrich VIII. - das ist der mit den vielen Frauen. Wir erinnern uns. Und weil Heinrich sich jetzt nicht mit Rom verstanden hat, wegen der vielen Frauen, um es jetzt mal ganz vereinfacht zu sagen, hat er sich ja von Rom losgesagt und gesagt: Ich mache hier meine eigene Kirche auf mit mir als weltlichem Oberhaupt. Ist übrigens bis heute so, dass der König / die Königin von England, weltliches Oberhaupt der Church of England ist. Und hat dann die katholischen Klöster platt gemacht in den 1530er Jahren, das heißt sie wurden aufgelöst und teilweise auch abgebaut, also wirklich im wahrsten Sinne des Wortes platt gemacht. Das heißt, es wusste jetzt keiner mehr, wo ist eigentlich dieses Kloster, dieses alte und dann eben auch: Wo ist das Grab von Richard? Und da bildeten sich dann einige Legenden.

00:14:28: Film Langley Also warum interessieren sie sich alle für Richard III.?

00:14:31: Mann Jeder hat seine eigenen Gründe, nehme ich an.

00:14:33: Mann II Aber eine Sache, die uns verbindet als Richardians ist, dass wir geschlossen gegen Lügen und Verleumdungen stehen, egal ob sie über die Druckerpressen der Tudors verbreitet werden oder auf Twitter.

00:14:45: Frau Was ist mit Ihnen?

00:14:47: Film Langley Oh, ich weiß nicht genau. Ich würde ihm gern meinen Respekt erweisen und eines Tages vielleicht sein Grab besuchen.

00:14:55: Mann Das wird wohl schwierig.

00:14:57: Mann II Je nachdem, mit wem Sie reden, wurde er entweder in den Fluss geworfen oder seine sterblichen Überreste gingen in der Geschichte verloren.

00:15:05: Martin Wo kommen diese Gerüchte her, dass seine Gebeine in irgendeinem Fluss versenkt wurden?

00:15:11: Daniela Ja, das ist eine sehr gute Frage. Also, inzwischen geht man davon aus - weil man weiß ja, es ist nicht so gewesen - dass dort eine alte Erzählung aus einem Nachbardorf das Ganze überlagert hat. Dessen Gebeine wurden tatsächlich in einem Fluss entsorgt und man vermutet, dass diese beiden Legenden zusammengewachsen sind. Tatsächlich sind aber die Historiker über die Jahrhunderte davon ausgegangen, dass diese Geschichte stimmt, also dass Richards Gebeine bei der Plattmachung des Klosters in Leicester ausgegraben und in den städtischen Fluss, die Soar, geworfen wurden. Mit anderen Worten: Es gibt überhaupt gar kein Grab mehr zu finden. Natürlich hat dieses Gebiet, wo das Kloster war, eine Transformation erlebt über die Jahrhunderte. Es wurde zugebaut alles, und irgendwann wusste niemand mehr, wo sind eigentlich die Grundmauern überhaupt dieses Klosters? Wo hat dieses ursprüngliche Kloster eigentlich gelegen?

00:16:13: Martin Aber jetzt ist es ja so, dass Philippa Langley und offensichtlich die Leute von der Richard III. Society, dass sie fest davon ausgegangen sind, der liegt da noch. Warum eigentlich? Wenn die ganze Geschichtswissenschaft über Jahre und Jahrhunderte davon ausgegangen ist, dass die Knochen halt irgendwie anderweitig entsorgt worden sind? Warum glauben die so fest an diese Version? Der muss da noch irgendwo liegen.

00:16:34: Daniela Na ja, was die Richardianer machen ist, sie graben tatsächlich sehr, sehr viele alte Quellen aus und lesen sie gegeneinander. Und dann kommt man, wie man das als Historiker oder in der historischen Wissenschaft auch korrekterweise ja macht, zu einer Einschätzung. Stimmt eine Erzählung oder stimmt sie eher nicht? Und man kann zu unterschiedlichen Einschätzungen kommen. Und bei den professionellen Historikern hat sich eigentlich für dieses Kapitel der Geschichte keiner mehr so wirklich interessiert. Man hat das ad acta gelegt und gesagt: Na, es ist halt so, steht ja in allen Büchern, also wird es schon so sein. Und die Richardianer haben halt einfach gesagt: Nee, wir glauben es nicht, weil es gibt andere Quellen, nach denen diese Legende unwahrscheinlich ist. Es ist halt einfach try and error. Und es wurde dann von Philippa und ihren Mitstreitern und Mitstreiterinnen sehr viel Energie reingesetzt, dass man ja tatsächlich suchte nach der Stelle, wo das sein könnte. Und Philippa hat ja wirklich eine eine sehr eigene Erfahrung gemacht, als sie in Leicester war, um zu suchen. Ja, das hat sie mir erzählt, als ich 2018 bei ihr war.

00:17:49: Marko Was wir jetzt also hören, ist ein Oh tun. Nicht der Philippa Langley aus dem Film, sondern der wahren der echten Philippa Langley.

00:17:58: O-Ton Langley Englisch unübersetzt

00:19:29: Daniela Also Philippa sagt, dass man ihr gesagt hat, dass sie sich in Leicester einen Parkplatz genauer angucken sollte, wo einige von den Mitgliedern der Richard III. Gesellschaft glaubten, dass halt eben dieses Kloster gewesen sei. Und sie ist dann nach Leicester, hat sich diesen Parkplatz angeschaut und ja irgendwie dabei nicht so großartig was empfunden, hatte dann aber das Gefühl, dass auf einem Parkplatz gegenüber, dass sie da irgendwas hinzieht. Also ist sie da hingegangen zu diesem anderen Parkplatz und hatte auf diesem Parkplatz das Gefühl, dass Richard dort liegt. Das war im Frühling 2004 und sie sagt, dass dieses Gefühl, obwohl es ein warmer Tag war, hat ihr Gänsehaut gemacht, weil ihr kalt war, weil sie diese Erfahrung hatte. Sie ist dann nach Hause gefahren, weil sie sich selber auch nicht so richtig traute. Und dann haben andere ihr aber gesagt, sie soll dieses Erlebnis, diese Intuition soll sie nicht sofort verwerfen. Und dann ist sie noch mal hingefahren, hatte dieselbe Erfahrung und hat zusätzlich noch etwas gesehen, nämlich jemand hat ein "R" für "reserviert" auf einen der Parkplätze geschrieben. Und ja, genau bei diesem "R" hatte sie dieses ganz besondere Gefühl, dass Richard dort liegen würde.

00:20:57: Marko Das klingt schon so dämlich, dass man es kaum glauben mag.

00:21:03: Martin Also "R" für "reserviert", "R" für "Richard". Das muss ja so sein.

00:21:06: Martin Selbstverständlich. Aber fangen wir mal mal ganz von vorne an. Was mich erst mal wundert ist okay. Man hat ja jahrelang offenbar erst mal gar nicht gewusst, wo ist dieses Kloster? Die Vermutung, dass dieses Kloster sich an diesem, an einem Parkplatz oder an dem Parkplatz gegenüber nämlich befindet, die hatten Leute aus der Richard III. Society. Dann ist sie dahin und sie entscheidet sozusagen aus dem Bauch. Nö, hier ist nüschte. Das ist mir ein bisschen zu viel Glauben an weibliche Intuition.

00:21:35: Daniela Tja, warten wir mal ab, wie die Geschichte ausgeht, min jung.

00:21:39: Marko Ja, aber so was kann man natürlich auch wunderbar hinterher konstruieren. Vor allem, wenn man eigentlich gewohnt ist, dass man Drehbücher schreibt.

00:21:47: Daniela Du meinst, Philippa hat die ganze Geschichte nur erfunden, nachträglich.

00:21:50: Marko Das hast du gesagt.

00:21:51: Daniela Ja, aber du gemeint. Glaube ich nicht. Glaube ich nicht. So schätze ich sie nicht ein. Also, ich meine, klar, es gibt so Menschen, ich gehöre nicht zu denen, die der Esoterik zusagen und die an Intuitionen und so was glauben. Manchmal hat das ja auch einen naturwissenschaftlichen Hintergrund, naturwissenschaftlich nachprüfbaren Hintergrund, dass dieses Bauchgefühl - in diesem Fall dürfte das schwer haltbar sein, dass das naturwissenschaftliche Gründe haben könnte. Ich weiß es nicht, warum es so ist, aber ich meine. Warten wir mal ab, wie die Geschichte ausgeht mit dem "R".

00:22:30: Marko Wir wissen ja beide, wie die Geschichte ausgeht. Im Film ist es ja genauso auch erzählt. Aber so was kann man sich natürlich im Nachhinein leicht auch irgendwie zurechtlegen, dass es sich am Ende vielleicht als wahr herausstellt, mag so sein, aber es klingt von vornherein fast wie ein Drehbuch.

00:22:47: Daniela Ja natürlich hört sich diese Geschichte phantastisch an, aber sie ist es ja de facto auch. Also wenn Sie mir... sagen wir mal so: Wenn Philippa mir diese Geschichte erzählt hätte, hätte ich gesagt: Jo, da machen wir jetzt aber keine Ausgrabungen. Also nur weil du jetzt ein Gefühl hast.

00:23:05: Marko Hättest du auch gesag?

00:23:07: Daniela Natürlich hätte ich das auch gesagt, jeder vernünftige Mensch würde das sagen. Und das ist ja auch das, was ihr große Schwierigkeiten bereitet hat, als sie dann versucht hat, Geld zu besorgen. Sie hatte natürlich - was der zweite Schritt war. Der erste Schritt war herauszufinden, wo Richard liegen könnte. Und der zweite Schritt war natürlich, Geld zu besorgen und Leute mit ins Boot zu holen, um Ausgrabungen auch tatsächlich zu machen.

00:23:30: Martin Man kann ja nicht einfach einen Spaten nehmen und dann mal anfangen zu buddeln. Ich meine, das ist ja auch ein Parkplatz, der irgendjemandem gehört hat, vermute ich mal.

00:23:37: Marko Er ist ja sogar reserviert.

00:23:38: Martin Ja, richtig, ein reservierter Parkplatz auch noch.

00:23:41: Daniela Genau. Nein, aber man kann natürlich archäologische Ausgrabungen nicht einfach als Privatmensch machen, sondern man muss da Profis reinholen. Also in diesem Fall halt die Universität Leicester und archäologischen Service und ihre archäologische Abteilung.

00:23:54: Martin Und als sie dann angekommen ist und hat gesagt, da unter dem "R", unter dem Parkplatz, da liegt er, da hat dann die Universität Leicester wahrscheinlich erst mal gefragt, ob sie mal einen Puls fühlen können.

00:24:06: Daniela Ja, sie wird es glaube ich nicht so denen verplättet haben, sondern sie hat es schon erzählt. Also es gab ja Fakten. Es gab ja tatsächlich Unterlagen, die dafür sprachen, dass dort das Kloster gewesen sein könnte.

00:24:23: Martin Also es war nicht reine Intuition, irgendwie, da irgendwo muss es sein, sondern es gab da schon handfeste Hinweise, dass da irgendwo, zumindest jetzt vielleicht nicht unter dem "R", da irgendwo könnte es sein, dass er liegt.

00:24:34: Marko Am Parkplatz gegenüber. So hat die Richard III. Society es ja offenbar herausgefunden, deswegen ist ja hin. Aber da hat sie ja, ist ja nicht drauf angesprungen. Und da hat die weibliche Intuition ja sozusagen geschwiegen. Und dann ist sie ja rüber zu meinem Parkplatz und wo das "R" stand, dort lag ja dann auch Richard. Na gut, also du sagst schon selber, auch wenn du jetzt also ein Mitglied einer Kommission wärst, an der Universität von Leicester, hättest du gesagt: Ja, Mädchen, leg dich mal hin und ruhe dich ein bisschen aus.

00:25:05: Daniela Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie diese Intuitions-Geschichte "R" nicht erzählt hat an der Stelle, um die Gelder zu bekommen. Die ist ja nicht mit dem Klammerbeutel gepudert, die Philippa. Ganz im Gegenteil. Man muss wirklich sagen, die hat es geschafft, innerhalb weniger Jahre Sponsoren zu finden, ganz, ganz viele Leute ins Boot zu holen, inklusive der Stadt Leicester, inklusive der Universität Leicester. Und das hat sie mit Sicherheit nicht begründet mit ihrem Gefühl, was sie hat, sondern das hat sie mit Fakten begründet. Ja, also insofern weiß ich nicht, ob es jetzt so sinnvoll ist, sich an dieser Geschichte, die sie dann nachher offenbart hat, so unbedingt fest zu beißen. Entscheidend ist ja, dass sie versucht hat, jetzt mehrere Akteure ins Boot zu holen. Unter anderem halt einfach auch die Universität Leicester, die Archäologen der Universität Leicester. Und das ist natürlich schon ganz schön kniffelig gewesen, die zu überzeugen.

00:26:02: Film Archäologe Also, was wollten Sie denn dann?

00:26:05: Film Langley Ich habe. Ich habe ein archäologisches Vorhaben zu König Richard dem Dritten, das vielleicht für Sie von Interesse wäre.

00:26:12: Film Archäologe Okay.

00:26:13: Film Langley Ich plane natürlich, Gelder für Sie aufzutreiben. Soll ich jetzt anfangen, darüber zu sprechen?

00:26:19: Film Archäologe Bitte sehr.

00:26:21: Film Langley Ich will nach Richard graben.

00:26:23: Film Archäologe Nach Richard?

00:26:24: Philippa Langley Ja.

00:26:25: Film Archäologe Und was genau wollen Sie finden beim Graben?

00:26:29: Film Langley Richard III.

00:26:34: Film Archäologe Aber in Hinsicht auf Richard III. was hoffen Sie da zu finden?

00:26:38: Film Langley Na, ihn. Ich denke, ich weiß, wo er ist. Es tut mir sehr leid. Ich brauche frische Luft.

00:26:50: Film Archäologe Oh, natürlich. Natürlich. Ich helfe Ihnen. Kann ich nicht. Könntest du vielleicht. Natürlich. Natürlich. Kommen Sie.

00:26:58: Martin Also der Archäologe ist das hier in diesem Film. Der weiß gar nicht, was sie eigentlich will. Also es ist für den offensichtlich so selbstverständlich, dass die Knochen nicht mehr vorhanden sind. Dass er gar nicht versteht, was sie möchte.

00:27:13: Daniela Richtig. Dieser Chef-Archäologe, heißt Richard Buckley von der Universität Leicester. Und es gibt übrigens auch diese wunderbare Erzählung, dass er zu Philippa Langley gesagt hat: Wenn Sie tatsächlich dort die Gebeine von Richard III. finden, dann würde er seinen Bauhelm auffressen.

00:27:35: Marko Und tatsächlich musste er dann Plastik essen?

00:27:40: Daniela Nein, er musste kein Plastik essen. Aber es gibt ja in Leicester inzwischen ein Richard III. Museum. Und in diesem Museum gibt es ein Foto. Was dann das Team, das Ausgrabungsstätten nach den Ausgrabungsarbeiten zeigt. Und dort hat man Richard Buckley dann einen Kuchen in Bauhelm-Form gegeben, den er essen musste.

00:28:01: Marko Jetzt haben wir der Geschichte vorausgegriffen. Wie hat es denn eigentlich Philippa Langley in der Tat geschafft, dieses ganze Geld zu bekommen? Ehrlich gesagt stelle ich mir das sehr, sehr schwierig vor.

00:28:15: Daniela Also es hat wirklich kaum jemand von den Profis oder vielleicht sogar gar keiner von den Profis daran geglaubt, dass man die Gebeine von Richard III. da finden würde. Aber woran natürlich alle Interesse hatten, alle Geldgeber und alle, die mitgemacht haben - die Universität Leicester, also die Archäologen der Universität Leicester und auch die Stadt Leicester, die auch Geld dazu gegeben hat - das war überhaupt erst mal die Grundmauern dieses Klosters zu finden, weil, wie gesagt, kein Mensch mehr wusste, wo genau eigentlich dieses Kloster gelegen hat. Und vielleicht haben einige das einfach so ein bisschen als Grille von Philippa Langley und den Richardianern gesehen, dass die halt auch den Richard, die Gebeine von Richard finden wollten. Aber das Interesse an den Ausgrabungen war natürlich bei allen da, eben aufgrund dieser Geschichte mit dem Kloster, dass man herausfinden wollte, wo das eigentlich gelegen hat.

00:29:09: Marko Nun ist das eine die Realität und das andere ist dann die filmische Umsetzung. Im Film ist es am Ende so, dass weniger die Fakten dominieren als die Gefühle einer Frau, die sagen: Hier liegt der ehemalige König.

00:29:25: Film Langley Ich glaube, das ist eine sehr bedeutende historische Stätte. Ich habe ein sehr starkes Gefühl diesbezüglich. Sehen Sie, für mich ist ein Gefühl, wenn man sich in einen Bus setzt und der Sitz noch warm ist.

00:29:40: Martin Ganz schön herablassend, der gute Herr.

00:29:42: Marko Also im Film ist es ja so, dass Philippa Langley, der leibhaftige König Richard III. erscheint - ein paar Mal im Film und auch mit ihr spricht. Wie ist das denn in der Realität? Hat Philippa Langley in der Tat das Gefühl, dass dieser längst verstorbene König in irgendeiner Form mit ihr kommuniziert?

00:30:04: Daniela Also ich denke nicht, dass Philippa Langley in der Realität Visionen von Richard III. hatte, so wie das im Film ist. Das ist halt im Film eine typische bildliche Umsetzung, wenn man in Zwiesprache geht mit einer Person, welcher Art auch immer. Aber ich bin schon fest davon überzeugt, dass Philippa davon ausgeht, dass Richard mit ihr kommuniziert hat, als sie dort auf dem Parkplatz stand und gespürt hat, dass oder glaubt gespürt zu haben, dass sich dort sein Skelett befindet. Ich glaube, dass Philippa glaubt, dass Richard von ihr gefunden werden wollte.

00:30:43: Martin Hat sie so eine Ader? So eine esoterische Ader?

00:30:47: Daniela Ich glaube, dass sie religiös ist. Und ich glaube, dass sie, ja.... ach, esoterisch, magisch vielleicht, wie soll man das nennen, wenn man, wenn man glaubt, dass Dinge, die man für nicht realistisch hält, dass die real sein könnten.

00:31:06: Martin Aber das würde auf jeden Fall auch die Frage klären: Intuition, nicht Intuition. Sie hat da schon eine feste Überzeugung davon gehabt, dass irgendwas sie da leitet. Wahrscheinlich eben dann der König.

00:31:20: Daniela Also, ich bin nicht die Psychotherapeutin von Philippa Langley. Sie hat nicht bei mir auf der Couch gesessen. Aber von dem Gespräch, was ich mit ihr geführt habe, von den Interviews, die ich mit ihr kenne, die andere mit ihr geführt haben, habe ich tatsächlich den Eindruck, wir wollen ja jetzt das Wort Gefühl vermeiden, habe ich tatsächlich den Eindruck, dass sie der Auffassung ist, der festen Überzeugung ist, dass Richard mit ihr kommuniziert hat.

00:31:48: Marko Ein wenig verrückt.

00:31:50: Daniela Weiß ich nicht. Och, wir müssen die Leute nicht immer alle für verrückt halten. Es entspricht nicht den naturwissenschaftlichen Standards unserer Zeit. Ich glaube nicht, dass Richard mit ihr kommuniziert hat. Aber sind Leute wirklich verrückt, die glauben, dass andere verstorbene Menschen mit ihnen kommunizieren? Da kannst du die halbe Menschheit locker für verrückt erklären.

00:32:14: Marko Im Film sind es also die Gefühle einer Frau, die von Männern belächelt dazu führen, dass man dann tatsächlich auf diesem Parkplatz anfängt zu graben. Wie es in der Realität war wissen wir nicht. Oder wissen wir es doch, Daniela?

00:32:30: Daniela Was wir wissen ist, dass die Ausgrabungen begonnen haben, dass Philippa Langley es tatsächlich geschafft hat, genug Leute ins Boot zu holen, genug Sponsoren ins Boot zu holen, um diese Ausgrabungen stattfinden zu lassen.

00:32:45: Marko Wann kamen dann die Bagger? Wann ging es los?

00:32:48: Daniela Es ging - ach das soll sie doch einfach selber erzählen. Darum habe ich sie doch gefragt. Mensch.

00:32:53: O-Ton Langley Englisch

00:33:39: Daniela Also, Philippa erzählt, dass die Ausgrabungen am 25. August begonnen haben, nämlich 2012. Und der 25. August ist genau das Datum, wo 1485 Richard der Dritte zu Grabe gelegt wurde in diesem Kloster. Also wir haben schon wieder hier eine Koinzidenz. Und Philippa wurde gefragt, wo denn jetzt die Ausgrabungen beginnen sollen. Und sie hat gesagt: Ja dann fangen wir doch mal bei dem "R" an, und sie haben den Beton aufgestemmt. Und genau an der Stelle, wo sie ihr Gefühl hatte, ihre besondere Erfahrung hatte. Und das war natürlich schon ein ziemlicher Hammer, als am ersten Tag der Ausgrabung sie tatsächlich einen Unterschenkelknochen gefunden haben, also die darauf hinwiesen, dass dort tatsächlich eine Grablege ist, dass dort ein Skelett zu finden sein wird. Und dann ging die Ausgrabungen weiter und das Skelett wurde ausgegraben und dann auch später untersucht. Und es stellte sich dann einfach heraus, es handelt sich tatsächlich um das Skelett von Richard III. was genau an der Stelle gefunden wurde, bei dem "R", wo Philippa ihr Gefühl hatte. So, lieber Kollege Rösseler, jetzt kommst du.

00:35:02: Marko Ja. Ich bin ein großer Verfechter der weiblichen Intuition. Ich finde es toll, dass Frauen so was haben. Ich kenne das gelegentlich, man hat ja auch schon nach den Knochen von Hitler gesucht. Es gibt diverse Hubschrauber-Landeplätze, die da infrage kommen. Ich - Nein, ich finde es in der Tat, es klingt so ein bisschen wie eine Geschichte, die man im Nachhinein konstruiert. Ich weiß nicht, ob jemals jemand nachgeprüft hat, ob das "R" wirklich an dieser Stelle lag, ob das wirklich eine Inzidenz ist oder ob sich das die Drehbuchautorin Philippa Langley ausgedacht hat. Wir werden es wahrscheinlich nicht beantworten können, aber ich finde, es sind schon viele Zufälle in dieser Geschichte, die, na ja, sehr konstruiert wirken. Also bis hin zu der Geschichte, dass man sagt, okay, wir graben ihn an dem Tag aus, wo er begraben worden ist. Das ist alles schön, Das passt alles ganz schön. Aber ist das inszeniert? Ist es echt? Ja, ich weiß es nicht.

00:35:59: Daniela Also, dass Richard tatsächlich unter dem "R" gefunden wurde, das kannst du sehr wohl nachprüfen. Es gibt einen Dokumentarfilm. Die ganze Ausgrabung wurde begleitet von Dokumentarfilm-Arbeiten von jeder Menge Fotografen. Es ist nachprüfbar, dass er tatsächlich dort gelegen hat.

00:36:16: Martin Manchmal gibt es einfach Dinge, die sich so nicht erklären lassen.

00:36:21: Marko Ja, es gibt Dinge zwischen Himmel und Erde.

00:36:24: Martin Ich bin ja, ich bin ja auch skeptisch, aber in der Tat, da passen halt irgendwie viele Dinge zusammen. Ich glaube, ehrlich gesagt, das ist natürlich dann auch, wenn so etwas passiert, sind das dann eben auch die Sachen, die so etwas für so einen Film, für so einen Spielfilm natürlich auch prädestinieren. Dann springt man da natürlich drauf. Ob das Zufall ist oder Intuition oder weiß der Teufel...

00:36:45: Marko Würde ja jeder machen, der die Geschichte erzählt. Klar. Logisch. Nur es klingt halt sehr konstruiert. Was ich aber noch gerne wüsste ist: Also gut, man findet jetzt erst mal Knochen. Woran kann man denn in Gottes Namen erkennen, dass das Richards Knochen sind?

00:37:02: Daniela Na, das hat ja ein paar Monate gedauert und eigentlich sogar noch ein paar Jahre davor. Weil du kannst so was nur feststellen mithilfe der DNA, in diesem Fall der mitochondrialen DNA. Dafür musst du einen lebenden Nachfahren eines weiblichen Verwandten von Richard III. Finden.

00:37:24: Marko Das klingt schon sehr kompliziert.

00:37:26: Daniela Mitochondriale DNA - das hört sich kompliziert an - mitochondriale DNA wird immer in rein weiblicher Linie weitergegeben. Das heißt, Richard hat dieselbe mitochondriale DNA wie seine Mutter und wie seine Schwester. Aber nur seine Schwester konnte es weitergeben, über die Generationen und entsprechende weibliche Verwandte. Und jetzt musst du jemanden finden, der in der Gegenwart in rein weiblicher Linie halt mit Richard verwandt ist.

00:37:51: Martin Das heißt, mal locker 500 Jahre, Gut 500 Jahre. Das heißt so etwas wie 15, fast 20 Generationen. Und da hat man jemanden aufgetrieben.

00:38:04: Daniela Ja. Und zwar wieder mal ein Forscher, der Richard III. Gesellschaft. Weil sonst macht sich einfach keiner diese Arbeit. Und der hat tatsächlich einen lebenden Verwandten gefunden. Und der Test war positiv. Es gab dann noch einen zweiten lebenden Verwandten, den jemand gefunden hat, also in rein weiblicher Linie. Und es ist eindeutig gewesen. Also: Dieses Skelett hat die mitochondriale DNA von Richard III.. Und damit ist klar, dass es Richard III. ist. In Zusammenschau halt mit der Auffinde-Situation und der Skoliose der Wirbelsäule kann man eigentlich zu 99,9 % sagen, dass es sich um Richard III. handelt.

00:38:47: Marko Also auch das Skelett, was man unter dem "R" gefunden hat, hatte einen Buckel.

00:38:52: Daniela Nein, keinen Buckel. Eine Skoliose, Skoliose ist eine seitliche Verkrümmung der Wirbelsäule. Die muss dir nicht unbedingt Probleme bereiten zu Lebzeiten. Du siehst sie unter Umständen auch gar nicht. Aber Richard hatte keinen Buckel, so wie von Shakespeare dargestellt, und er hatte auch keinen lahmen Arm wie von Shakespeare dargestellt, sondern er hatte halt einfach eine Skoliose, wie ganz viele andere auch.

00:39:18: Martin So, jetzt ist der Parkplatz ausgegraben worden, darunter ein Skelett gefunden. Man hat festgestellt, es ist Richard III. gewesen. Das Skelett gehörte offensichtlich zu diesem König. Philippa Langley ist bestätigt worden in allem, was sie behauptet hat, mit Intuition oder ohne. Wie auch immer. Aber auf jeden Fall ist es ein großer Erfolg gewesen für Philippa Langley. Und sie ist gefeiert und mit Preisen überhäuft worden, oder wie es weitergegangen?

00:39:49: Daniela Das kommt auf die Stelle an, an der man guckt. Also innerhalb der Richardianer ist sie natürlich gefeiert worden als Heldin. Die Universität Leicester hat nach diesem wahnsinnigen archäologischen und und historischen Erfolg, diesen Richard zu finden nach über 500 Jahren, haben sie so ein bisschen versucht, ja, dass das Ganze für sich zu vereinnahmen und den Ruhm ein bisschen für sich zu vereinnahmen. Und ja, Philippa ist da teilweise schon ein bisschen rausgefallen, weil ist klar, wenn man die eigenen Leute mehr pusht und sagt, die haben einen wichtigen Anteil gehabt, dann fallen natürlich andere hinten raus. Tatsache ist aber: Ohne Philippa Langley hätte es diese Ausgrabung nie gegeben und Richard wäre nie gefunden worden.

00:40:40: Marko Nun haben wir diesen Film. Du hast ihn gesehen. Dieser Film feiert Philippa Langley als die Heldin der ganzen Geschichte. Erfährt sie dadurch so etwas wie eine nachträgliche Gerechtigkeit? Ist also dieser Film sozusagen eine Lobeshymne auf die Leistungen dieser Frau?

00:40:57: Marko Wiedergutmachung, könnte man sagen.

00:40:59: Marko Ja Wiedergutmachung in gewisser Hinsicht. Du hast es gesehen - erzähl.

00:41:02: Daniela Ja von Philippa und den Richardianern, also den Mitgliedern der Richard der Dritten Gesellschaft, wurde dieser Film in der Tat so empfunden. Die Universität Leicester dagegen, überraschenderweise, hat sich nicht wirklich positiv dargestellt vorgefunden in diesem Film und hat dann auch ziemlich gemeckert und war ziemlich stinkig.

00:41:26: Martin Zu Recht?

00:41:29: Daniela Na ja, es gibt im Leben eigentlich immer mehrere Wahrheiten. Also jeder empfindet Situationen anders und so wie er oder sie eine Situation empfindet, ist es halt die eigene Wahrheit. Und diese Wahrheiten müssen nicht unbedingt übereinstimmen. Philippa und Richardianer haben sich sicherlich zurückgesetzt gefühlt, gerade zum Beispiel bei der Verkündung der DNA- Ergebnisse, die dann im Februar 2013 erfolgte bei einer Pressekonferenz der Universität Leicester war Philippa Langley nicht mehr auf dem Podium, da hat sie schon nicht mehr großartig existiert. Bei der Ausgrabungs-Pressekonferenz war sie noch auf dem Podium und da war sie dann aber schon nicht mehr.

00:42:15: Martin Innerhalb eines halben Jahres war sie quasi raus aus dem Spiel.

00:42:19: Daniela Mehr oder weniger - also nicht vollständig. Aber die Universität hat schon sehr stark versucht, das zu vereinnahmen, diesen großen Fund und diesen Ruhm. Ja, es ist schwierig. Also aus Sicht der Universität ist es natürlich richtig, dass auch ohne die Universität, ohne das Zutun der Universität und der Forscher der Universität diese Gebeine von Richard nie ans Tageslicht gekommen wären und der DNA-Test nicht durchgeführt worden wäre. Und alles mögliche. Also natürlich hat die Universität Leicester da auch einen großen Anteil, aber natürlich hat eben auch Philippa und die Richard III. Gesellschaft einen großen Anteil. Und diese beiden Wahrheiten prallen aufeinander und der Film hat sich entschieden oder die Filmemacher haben sich entschieden, das Ganze aus der Perspektive von Philippa und mit Philippas Wahrheit darzustellen. Ich finde so was legitim. Es ist eine Art, diese Geschichte darzustellen.

00:43:15: Marko Hat er dir gefallen, der Film? Hast du ihn gerne geguckt?

00:43:18: Daniela Ich fand ihn interessant, aber ich habe mich an ein paar Dingen gestört. Zum Beispiel muss ich sagen, dass mir die Hauptdarstellerin Sally Hawkins nicht besonders gut gefallen hat in der Rolle. Sally Hawkins ist eine tolle Schauspielerin, die ist auch sehr bekannt. In amerikanischen Filmen, englischen Filmen spielt sie viel mit und sie ist wirklich eine sehr gute Schauspielerin. Aber nach meinem Gefühl hat sie die Philippa nicht getroffen. Also sie spielt die Philippa als so ein bisschen verhuschte, verängstigte Person. Und das ist Philippa nicht. Wenn man Philippa kennt, dann weiß man, sie hat zwar eine sehr ruhige, zurückgenommene Art zu sprechen, aber sie ist auch sehr taff. Also sie ist nicht verhuscht und ängstlich, das passt überhaupt nicht als Darstellung von ihr.

00:44:14: Martin Das ist ja interessant, wenn man sagt okay: Der Film zeigt die Geschichte einer starken Frau, die sich gegen so eine auch so eine Männer-Kohorte durchsetzt, die mit verschränkten Armen dasitzt und sagt: Was will die denn, die da von außen kommt? Und diese Amateur-Historikerin, und so weiter. Und dann stellt der Film sie verhuscht, wie du sagst, dar. Und das eigentliche Vorbild ist eigentlich eine starke Frau, die so ja ganz anders rüberkommt. Also es ist ja erstaunlich, dass sich so ein Film für so was dann entscheidet.

00:44:45: Daniela Tja, frag mich nicht, ich war auch nur Zuschauerin.

00:44:50: Marko Was, finde ich, als Frage offenbleibt ist. Es gab ja dann 2015 die sehr, sehr feierliche Beerdigung auch der Gebeine Richards des Dritten. Was aber hat die archäologische Auffindung, außer dass man jetzt diese Knochen eines Königs gefunden hat, was hat die wissenschaftlich gebracht? Gab es Erkenntnisse, die man heute daraus gezogen hat, die man aus dem Knochen ziehen konnte? Oder haben wir es hier mit einer Art Reliquien Kult zu tun?

00:45:17: Daniela Reliquien Kult. Mein lieber Herr Gesangsverein. Keine Ahnung. Ich meine, was ist Westminster Abbey? Was ist Windsor Castle? Da liegen ja die ganzen Gebeine von den ganzen Königen, wo immer alle vorbeigehen.

00:45:29: Marko Na ja, man kann, man kann aus Knochen viel rauslesen. Wir hatten zum Beispiel mal eine Doppelfolge darüber, wie Goethe mazeriert worden ist, der wurde sozusagen präpariert, damit er nicht weiter verfällt. Und natürlich konnte man aus dem Skelett von Goethe viele Schlüsse ziehen. Also man wusste am Ende, welche Krankheiten er hatte. Man wusste, wie er sich ernährt hat. Man hat also Dinge über ihn erfahren, die man wahrscheinlich sonst aus den schriftlichen Quellen nicht erfahren hätte. Natürlich gibt es auch bei so einer Figur wie Goethe eine Art Reliquien Kult. Jetzt haben wir hier einen verhassten König, der von einigen aber gepuscht wird als gar nicht so schrecklich, dem Gerechtigkeit widerfahren soll. Haben denn diese Knochen, die man da gefunden hat, haben die, außer dass sie so eine Reliquien- Bedeutung vielleicht für den einen oder anderen haben - haben die sonst noch irgendwas ans Tageslicht gebracht?

00:46:15: Daniela Na ja, klar. Also, ich meine diese Untersuchungen mit wie hat er sich ernährt und so was alles, das wird heute standardmäßig gemacht. Das hat man natürlich auch bei den Gebeinen von Richard gemacht. Aber frag mich jetzt nicht mehr, was sein Lieblingsgericht war. Das weiß ich nicht mehr. Aber was diese Knochen vor allem gebracht haben, ist deutlich zu machen, dass Shakespeares Richard und der Tudor-Richard, wenigstens was die Äußerlichkeiten Richards angeht, nicht stimmt. Also Richard hatte keinen Buckel, er hatte keinen verkümmerten Arm. Ganz im Gegenteil, er war ein trainierter Kämpfer, was man den Gebeinen offensichtlich auch entnehmen konnte. Und die Übertragung ist natürlich da, dass man sagt: Okay, wir haben jetzt den Beweis dafür, dass die Tudors, das Shakespeare gelogen haben was das Äußerliche angeht. Das, was wir immer schon gesagt haben, wir Richardianer, ja, also dass das nicht stimmt diese Darstellung. Und der Schritt, der dann als nächstes kommt, ist zu sagen: Das untermauert natürlich unseren Anspruch, jetzt genauer zu gucken, was die innerlichen Werte von Richard angeht. Denn wenn die gelogen haben, was die Äußerlichkeiten angeht, dann ist es naheliegend, dass sie auch gelogen haben, was seine Charakterzüge angeht. Also müssen wir jetzt weiter untersuchen. Das ist so ein wichtiger Aspekt und natürlich auch, was die Untersuchung des Skeletts gezeigt hat, ist, wie er zu Tode gekommen ist, wie brutal dieser Tod auf dem Schlachtfeld war, das ihm... Oh, gruselig. Es gibt. Im Museum von Leicester gibt es eine Nachbildung des Skeletts und dann kann man wirklich so im Display die einzelnen Verletzungsstellen des Skeletts sich angucken, wie sie hervorgerufen wurden, wie dann der halbe Schädel abgeschlagen wurde, wie ihm posthum noch in den Arsch gepiekt wurde mit einem Messer, um ihn zu demütigen und also ganz viele Verletzungen, die dieser Körper hat. Das ist wirklich ein Gemetzel gewesen, was da gewesen ist. Gruselig.

00:48:26: Martin Du hast eben gesagt am Anfang, dass die Geschichtswissenschaft im Prinzip ja das Thema Richard III. und was mit ihm nun gewesen ist, irgendwann auch abgeschlossen hat, hat man gesagt, Es gibt es die Quellen, die erzählen alle, was da passiert ist, und dann war die Sache erledigt, bis Philippa Langley und die Richard III. Society um die Ecke gekommen ist. Hat denn dieses Auffinden des Skeletts - und du hast auch gesagt, es gibt jetzt ein Museum in Leicester zu Richard III. - hat das dazu geführt, dass es jetzt so was wie eine Renaissance in der Forschung gegeben hat, also dass sich die etablierte Geschichtswissenschaft da jetzt auch wieder mehr drum kümmert.

00:49:01: Daniela Auf jeden Fall hat das der Richard-Forschung einen riesen Auftrieb gegeben. Es gibt sehr, sehr viele Forscher, die sich gegenseitig die Köppe einhauen, muss man, muß man schon fast sagen. Also es hat bei den einen dazu geführt, dass sie umso stärker gesagt haben, wir müssen jetzt hier neu bewerten, die Quellen, die wir haben und wer sie geschrieben hat und unter wessen Einfluss sie geschrieben wurden. Das ist ja eigentlich auch immer ganz wichtig. Und die anderen, die sagen: Nee, jetzt erst recht. Also diese Quellen stimmen so, wie sie sind, und die sagen die Wahrheit aus. Also es in der angloamerikanischen Welt gibt es da ein sehr starkes Gegeneinander von Richard-Experten, sowohl der einen oder anderen Schule.

00:49:46: Martin Ja, und was macht Philippa Langley in diesem ganzen Historikerstreit? Ich nehme mal an: Ist die da in irgendeiner Form beteiligt? Oder was macht die eigentlich heute?

00:49:55: Daniela Ja, Philippa hat sich gleich das nächste Großprojekt gesichert, und zwar nach dem "Looking for Richard Projekt", wie das Projekt der Suche nach Richard hieß offiziell, hat sie mit anderen das "Missing Princess Projekt" gegründet, also das Projekt der Suche nach den verschwundenen Prinzen. Gemeint sind die beiden Neffen von Richard III., die er angeblich ermordet haben soll im Tower, damit er selbst die Krone bekommt. Und natürlich ranken sich um diese Prinzen, um diese Neffen von Richard, ganz viele Legenden. Und das ist diese Neffen und ihr Verschwinden, das ist auch so ein neuralgischer Punkt der Richard Forschung insgesamt.

00:50:40: Marko Also die Frage ist, hat er sie wirklich umgebracht oder hat er sie nicht umgebracht? Bei Shakespeare hat er sie umgebracht.

00:50:46: Daniela Genau. Die Frage ist ja überhaupt erst mal: Sind sie wirklich gestorben? Also es hat zur Zeit von Heinrich VII. mehrere junge Männer gegeben, die gesagt haben, dass sie diese Prinzen sind und einen Anspruch auf den Thron haben. Und die wurden von Heinrich VII. übrigens platt gemacht.

00:51:07: Marko Das heißt, Heinrich VII. hat sie ermordet?

00:51:09: Daniela Ja, das ist die große Frage. Also das Kniffelige bei den Neffen ist ja: Richards Bruder, Edwar IV., war gestorben, und jetzt sollte eigentlich dessen Sohn EdwardV., der war - weiß gar nicht wie alt der war. Zehn? Zwölf? Irgendwie sowas? Der sollte jetzt den Thron übernehmen. Doch plötzlich tauchte ein Schreiben auf, das sagte, dass diese Söhne von Heinrich IV. nicht legitim sind, weil er schon vorher verheiratet war, bevor er seine jetzige Königin geheiratet hatte. Was übrigens durchaus nicht unwahrscheinlich ist, weil das ein ziemlicher Hallodri war. Und wenn diese Söhne nicht legitim sind, dann haben sie natürlich keinen Anspruch auf den Thron. Dann ist der nächste in der Thronfolge, Richard III.. Da gehen jetzt bereits die Meinungen auseinander. Hat Richard das fingiert diese Schreiben und diese Informationen ans Tageslicht kamen? Oder ist es wirklich so gewesen und Richard hat das einzig Richtige gemacht, nämlich dass er jetzt gesagt hat, ich besteige den Thron, weil ansonsten haben wir hier große Probleme, thronfolgetechnisch. Dann hat er den Thron bestiegen, Richard und die Prinzen sind im Tower verblieben.

00:52:22: Marko Und im Tower - der Tower muss man sagen ist in der Zeit nicht das Gefängnis, als das es dann später berühmt geworden ist, sondern der Tower ist eigentlich, na ja, auch der Ort, wo jetzt Thron-Prätendenten normalerweise so wären.

00:52:36: Daniela Richtig, genau die waren da eigentlich, um sich auf die Krönung vorzubereiten. Das hatte also alles seine Ordnung. Das war nicht schlimm, dass die da waren. Nur sind die halt irgendwann verschwunden jetzt in der Zeit nach Richards Krönung. Es weiß kein Mensch: Sind sie an einen anderen Ort verbracht worden? Sind sie getötet worden und irgendwo verscharrt worden? Es gibt einfach unglaublich viele Argumente, die sowohl für die eine Variante als auch für die andere Variante sprechen, also dass sie vielleicht gar nicht getötet wurden oder eben, dass sie von jemand anderem getötet wurden, falls sie getötet wurden. Also es ist eine ziemlich kniffelige Geschichte. Und als Argument, dass die Prinzen im Tower gestorben sind, wird immer wieder angeführt, dass man im 17. Jahrhundert Knochen bei Umbauarbeiten im Tower gefunden hat, die angeblich zu jugendlichen Kindern gehört haben sollen. Dann wurde sofort gesagt, weil man hatte ja seit Shakespeare gelesen: Ach...

00:53:33: Marko ...das sind die Neffen.

00:53:35: Daniela Guckt, das sind die Knochen von den Neffen. Genau, Und die sind in Westminster Abbey bestattet. Es weiß aber keine Sau, zu wem diese Knochen gehören. Die können aus fünf Jahrhunderten davor auch stammen, weil der Tower ja uralt ist.

00:53:50: Martin Jetzt frage ich mich da natürlich. Also bei Richard III., da gab es dann Berichte darüber, dass er eben unter dieser Abtei verscharrt worden ist und da konnte man dann irgendwie, das war ein fester Ort, wo man, wo dann Philippa Langley ihre Eingebungen haben konnte, ihre Epiphanie oder wie man es auch immer betrachten kann. Aber da hat man ja jetzt nur so gar nichts, wo man anknüpfen kann. Also man weiß nicht, ob.

00:54:13: Marko Man könnte zum Beispiel erst mal gucken, was sind das für Knochen?

00:54:17: Marko Ja, aber dann musst du ja wissen: Wenn du sagen willst, wem die Knochen gehören, dann musst du ja wieder irgendjemanden finden, der mit der...

00:54:25: Marko Mitochondriale DNA.

00:54:26: Martin Aber wenn du nicht mal weiß, keine Ahnung hast, wer das sein könnte.

00:54:29: Marko Na ja, das sind die Kinder von Edward IV. Gehen wir mal davon aus, dass sie es sind. Aber wir wissen nicht, wer die Mutter ist, ne...

00:54:36: Daniela Nein, nein, natürlich weiß man, wer die Mutter ist. Elizabeth Woodville - seine Königin. Und es ist die Linie der mitochondrialen DNA ist auch so weit verfolgt, dass man eine Analyse machen könnte mit diesen Knochen. Bisher war das Problem, dass die Queen dagegen war, dass man die Knochen aus der Westminster Abbey holt, um sie zu untersuchen. Ob sich das geändert hat inzwischen, das wissen wir nicht. Was ich sagen will, ist: Philippa Langley hat sich das also eben jetzt alles auf die Fahnen geschrieben, diesen Teil der Richard-Geschichte genauer sich anzuschauen. Was sie gemacht hat, ob sie das Recht bekommen hat, die Knochen zu untersuchen, ob sie sonst noch irgendwas anderes gefunden hat, das wissen wir nicht, solange ihr Buch noch nicht erschienen ist. Das kommt nämlich im Herbst / Winter diesen Jahres heraus. Angekündigt ist es schon und sie wurde wohl auch bei den Forschungsarbeiten von einem Filmteam begleitet, das auch einen Dokumentarfilm zu dem Thema zu erwarten ist. Also das wird schon eine spannende Geschichte. Wir sind alle, also alle Richardianer weltweit, sind schon sehr gespannt darauf, was jetzt dabei rauskommen wird.

00:55:42: Marko Naja, also auch das finde ich, spricht wieder für einen gewissen Sinn für Dramaturgie, den diese Frau hat.

00:55:48: Martin Sicherlich auch Geschäftssinn. Aber das muss ja nicht schlimm sein.

00:55:52: Marko Wenn ihr die Frau im Film kennenlernen wollt, so werdet ihr die Möglichkeit haben und zwar kostenfrei, denn wir verlosen zwei mal zwei Karten fürs Kino.

00:56:04: Martin Dafür müsst ihr allerdings was tun, nämlich eine Frage beantworten, die sich Marko ausgedacht hat.

00:56:13: Marko Die Frage ist ja, ist eigentlich ganz einfach. Ihr könnt sie auf zweierlei Arten beantworten. Ihr könnt zum Beispiel unseren ersten Podcast zu Richard III. hören, dann werdet ihr die Antwort dort erfahren. Oder ihr macht euch irgendwie auf die Suche im Internet. Die Frage lautet: Als Richard III. offiziell beigesetzt wurde im Jahre 2015, bekam er natürlich auch einen Grabstein. Und wir würden gerne von euch wissen, was steht auf diesem Grabstein drauf?

00:56:45: Martin Wenn ihr es wisst, was auf diesem Grabstein steht, dann schreibt uns unter kontakt@diegeschichtsmacher.de - da gibt es zwei mal zwei Freikarten für den Film "The Lost King", der jetzt in den nächsten Tagen anläuft. Auch in einem Kino in eurer Nähe.

00:57:04: Marko Und jetzt zum Schluss müssen wir auch noch einmal streng werden. Ihr müsst uns liken, ihr müsst uns fünf Sterne geben, ihr müsst viel mehr über uns erzählen und ihr müsst ganz viel Reklame machen. Denn: Wenn wir nicht bald von mehr Leuten gehört werden, dann hört uns niemand mehr.

00:57:23: Martin Ja. Das ist sehr drastisch ausgedrückt. Aber wie immer hart an der Wahrheit, wenn Herr Rösseler was sagt. Wir werden nämlich diese schöne Reihe hier gerne fortsetzen, brauchen aber dafür mehr Hörer. Und damit das passiert, brauchen wir Likes auf den Plattformen, auf denen ihr unterwegs sind: bei Spotify, bei Apple, bei Google oder wo auch immer ihr das hört auf irgendwelchen Podcatchern: Hinterlasst uns Sternchen, Herzchen, Blümchen, was es da auch immer gibt. Und am besten noch einen Kommentar dazu. Das ist auch super, weil dann nämlich Folgendes passiert: Der Algorithmus, der berühmte allumfassende Algorithmus, der erkennt dann nämlich: Aha, das ist ein Podcast, den mögen Leute und dem schlag ich mal anderen Leuten auch noch vor und dann sehen die das und dann kriegen die die Möglichkeit, uns auch zu hören und zu liken und zu abonnieren und all das zu machen, was man in dieser lustigen Internetwelt alles so macht.

00:58:18: Marko Jemand, der uns immer liked und der immer an unserer Seite war, ist Daniela Wakonigg. Dafür heute auch noch mal Danke.

00:58:26: Daniela Oh ja, du weißt - oder ihr wisst beide - ich bin euer größter Fan von Anfang an gewesen und ich werde es bis zum bitteren Ende sein, von dem ich hoffe, dass es in weiter Zukunft liegt.

00:58:38: Marko Diesmal bleibt uns nur, Danke zu sagen. Und ihr da draußen? Wenn es euch gefallen hat, dann sagt es - wie gesagt, allen euren Freunden, aber auch denen, mit denen ihr nicht befreundet seid. Vielleicht Richard-Gegnern, vielleicht Richard-Freunden, vielleicht Richard Ausgräbern.

00:58:54: Martin Shakespeare-Fans und Shakespeare-Verachtern.

00:58:57: Marko Menschen, die gerne unter "R"s graben auf Parkplätzen.

00:59:02: Martin ...und allen Leuten, die so einen Spleen haben wie Philippa Langley. Denn die braucht es in dieser Welt auch.

00:59:09: Marko Und wenn es euch nicht gefallen hat, auch das mag ja vorkommen, dann sagt es uns aber bitte nur uns unter www.diegeschichtsmacher.de findet ihr alle Möglichkeit, mit uns in Kontakt zu treten und vor allem noch ganz viele Folgen von diesem Podcast. Übrigens Folge drei, die kümmert sich schon um Richard III.

00:59:27: Martin Genau - da auf jeden Fall auch noch mal reinhören. Wir sagen ganz herzlichen Dank noch einmal an Daniela Wakonigg, unsere Richard III. Expertin, und sagen Tschüss bis zum nächsten Mal.

00:59:38: Marko Übrigens die einzige Frau, auf deren Intuition ich irgendwas geben würde, glaub ich...

00:59:45: Marko Tschüs.

00:59:46: Daniela Tschüs.

Kommentare (1)

Irene Dänzer-Vanotti

Tolle Geschichte schön erzählt - genau die richtige Mischung zwischen Fakten, Einordnung und Unterhaltung. Warum habt Ihr nur so eine Mühe mit der Intuition? Also: Unbedingt weiter machen1

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