Mit Nostradamus in die Zukunft
Shownotes
Im Jahre 1503 ist er geboren - und bis ins Jahr 3797 reichen seine "perpetuierlichen Weissagungen". Michael Nostradamus soll die Französische Revolution, Aufstieg und Fall Adolf Hitlers, die Anschläge von 9/11 und selbst die Corona-Pandemie vorhergesagt haben - und das ist nur eine kleine Auswahl. Martin Herzog und Marko Rösseler gucken sich mal an, wie der Meister aller Seher das gemacht hat. Und vor allem gehen sie einer alten Legende auf den Grund. Die sagt: Meister Nostradamus sitze bis heute hinter seiner Grabplatte mit Lampe, Feder und Papier und schreibe Verse und Prognosen zu unser aller Zukunft. Das erstaunliche Ergebnis: Die Legende könnte stimmen…
Wichtige Links zu dieser Folge: Marko hat selbst mal ein WDR-Zeitzeichen über Nostradamus gemacht - und zwar zu dessen Geburtstag am 14. Dezember 1503 - wer das hören möchte, bitte hier entlang.
Für dieses Zeitzeichen hat Marko damals nicht nur viele, viele verwirrende Prognosen gelesen, sondern sich auch professionelle Hilfe geholt von Bernd Harder von der GWUP, der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften.
Die neuesten Artikel von Bernd Harder zu Nostradamus findet ihr zum Beispiel hier - aber auch hier. Dort wird auf die Quatrains des Nostradamus noch einmal eingegangen vor dem Hintergrund des erst vor wenigen Jahren aufgefundenen "Augsburger Wunderzeichenbuches".
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Transkript anzeigen
Die Geschichtsmacher - Nostradamus
00:00:05: Marko Wir sind heute in einer Kirche, und zwar in Südfrankreich.
00:00:09: Martin Was machen wir hier?
00:00:10: Marko Hier gibt es, eingelassen in die Wand, eine marmorne Grabplatte, und auf der Grabplatte steht ein langer Spruch auf Latein. Martin, übersetze mal!
00:00:21: Martin Hier ruhen die...
00:00:22: Marko Pssss...
00:00:24: Martin Entschuldigung. Hier ruhen die Gebeine des hoch rühmlichen Michael Nostradamus. Er allein ward unter allen Sterblichen für wert befunden, unter dem Einfluss der Sterne mit geradezu göttlich inspirierter Feder vom künftigen Geschehen der Welt zu künden. Nostradamus, das ist doch dieser, dieser Kaffeesatzleser, der uns da was über die Zukunft erzählt.
00:00:51: Marko Eine alte Legende besagt übrigens: Er ist noch gar nicht tot.
00:00:55: Martin Na klar, natürlich.
00:00:58: Marko Er sitzt hinter dieser Grabplatte. Mit Lampe, Feder und Tinte und Papier und schreibt weiter an der Zukunft.
00:01:06: Martin Und dass an dieser Legende sogar etwas dran ist. Darum geht es heute bei...
00:01:11: Intro Die Geschichtsmacher. Von den Autorinnen und Autoren des Zeitzeichens.
00:01:19: Martin Wir sind am Jahresende des Jahres 2023 angelangt...
00:01:33: Marko Zwischen den Jahren sogar.
00:01:34: Martin Zwischen den Jahren sozusagen.
00:01:35: Martin Und da bietet es sich ja immer an, in die Vergangenheit zu schauen. Das tun wir bei den Geschichtsmachern natürlich sowieso immer und überall.
00:01:43: Marko Aber diesmal machen wir einen Doppelblick...
00:01:45: Martin Wir blicken zurück und in die Zukunft.
00:01:47: Marko Das geht! Das ist möglich. Und zwar bei diesem Thema sowieso. Wir tauchen nämlich heute ein in die Welt des Nostradamus. So. Martin, hast du denn schon in dein Jahreshoroskop reingeguckt?
00:01:59: Martin Nee, ich bin ja eher nicht so für Horoskope. Das ist nicht so meine Welt. An so einen Quatsch glaube ich.
00:02:05: Marko Ich ja offengestanden auch nicht. Aber was willste machen? Diesmal geht es aber ja um eine historische Figur - Nostradamus. Der Mann ist natürlich bekannt für seinen Blick in die Zukunft. Gerade jetzt erscheinen überall Jahrbücher. Was wird uns der große Seher verraten übers nächste Jahr. Hier hast du so einen, gibt es so Jahreskalender: Nostradamus 2024.
00:02:27: Martin Ach was? In seinem Namen auch, mit seinem Titel.
00:02:29: Marko Ja, ja, da gibt es ganz viele von. Ausgewertet, was der denn so nächstes Jahr bringt.
00:02:34: Martin Taschenbuch für 6,80 Euro. Schau mal an, guck mal. So: Beten wir, dass Nostradamus irrt, steht da auf dem Titelblatt drauf. Lieber Himmel, okay.
00:02:43: Marko Ja, man muss sagen, es ist immer eher düster, wenn er was prognostiziert. Es ist selten rosig.
00:02:47: Martin Aber sehr konkret für das Jahr 2024. Okay, was haben wir denn da? China wird eine große Expansion durchlaufen und damit zum nächsten Weltführer aufsteigen.
00:02:58: Marko Könnte sein, oder?
00:02:58: Martin Ja. Also das deutet sich ja schon länger an Präsident Putin, über den hat er auch was geschrieben, schau mal an, steht ein Schicksal bevor, das ihn und seine Führungsreihen vor besondere Herausforderungen stellt. Nostradamus nennt es den Tanz mit dem Schicksal.
00:03:12: Marko Tja.
00:03:12: Martin Allerdings lässt er offen, ob dieser Tanz positiv oder negativ für den russischen Präsidenten endet.
00:03:18: Marko Also Wladimir, darf ich bitten?
00:03:21: Martin In Westeuropa gibt es auch noch was, nämlich einen neuen westeuropäischen Anführer. Wer soll das denn sein? Der soll aus ärmlichen Verhältnissen stammen. Er wird kommen und durch seine Redegewandtheit eine große Anhängerschaft gewinnen. Sein Ruhm wird in Richtung Osten gehen.
00:03:38: Marko Tja.
00:03:40: Martin Wer soll das denn? Also, wer könnte das?
00:03:43: Marko Ich habe keine Ahnung. Ich weiß es nicht.
00:03:45: Martin Okay, das steht da nicht drin. Wer das dann so ganz konkret sein soll.
00:03:48: Marko Was da genau drinsteht und wie das genau funktioniert, das wollen wir heute auch mal erst klären.
00:03:53: Martin Okay, medizinische Revolution. Es stehen bahnbrechende Fortschritte im Bereich der Organ- Verpflanzung bevor.
00:04:00: Marko Gut, ne, doch was Positives!
00:04:02: Martin Ja, und künstliche Intelligenz - wen überrascht es? - soll 2024 einen erheblichen Aufschwung erleben sowie neue technologische Wunder hervorbringen. Na, ich würde mal sagen, dafür braucht man keinen Nostradamus, dass künstliche Intelligenz auf dem Vormarsch ist. Aber auch das soll Nostradamus vor, ja wann hat er denn gelebt? Vor wie viel 100 Jahren soll er das vorhergesagt haben?
00:04:23: Marko Also wir machen heute eine Reise zurück ins 16. Jahrhundert. Geboren ist er im Jahre 1503.
00:04:30: Martin Also gut 500 Jahre.
00:04:32: Marko Ja, und 510. Und zehn Jahre war es her, als ich das Zeitzeichen dazu gemacht habe. Das ist jetzt wiederum zehn Jahre her. Also insofern haben wir uns noch mal ein altes Zeitzeichen von mir rausgenommen, um drüber zu reden. Aber es passt ja schön in die Jahreszeit mit diesem Jahresvorausblick - insofern haben wir gedacht: Ach, das könnte doch noch mal schön sein. Da muss man sich natürlich fragen: Also so ein Seher, der hat ja schon vieles gesehen in seinem Leben. Also 1503 (geboren) hat er schon vorausgesagt - angeblich - die Französische Revolution, Ersten und Zweiten Weltkrieg, Aufstieg Hitlers, Ermordung der Kennedys, Terror 9/11, insbesondere dann den Anschlag auf das World Trade Center. Und da fragt man sich ja schon, wie hat er das gemacht? Und auch: Ich meine was, was der jetzt für 2024 voraussagt! Woher sollte denn der wissen, dass es überhaupt künstliche Intelligenz gibt? Woher sollte der denn wissen, bitteschön, dass man Organe verpflanzen kann und dass es jetzt 2024 da große Fortschritte gibt?
00:05:33: Martin Ja, und China als große Macht im Aufstieg und Putin tanzt mit dem Schicksal. Das ist ja, das ist ja alles sehr, sehr spezifisch und sehr, sehr konkret. Und da wäre dann für mich die Frage Wie konkret waren denn seine Vorhersagen überhaupt? Meine dunkle Vermutung ist, dass die ja vielleicht nicht so ganz konkret gewesen.
00:05:51: Marko Na, du bist ja vielleicht ganz schlau.
00:05:52: Martin Ich bin schlau.
00:05:53: Marko Ich habe mir aber jemanden damals zu Hilfe genommen, der noch schlauer ist einen Experten, der hieß Bernd Harder. Bernd Harder ist auch ein Kollege von uns, der ist Journalist und Autor. Aber er ist gleichzeitig Pressesprecher der GWUP.
00:06:11: Martin Der Gesellschaft für wissenschaftliche Umtriebe.
00:06:16: Marko Nicht schlecht, nicht schlecht, nicht schlecht. Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Para-Wissenschaft.
00:06:22: Martin Ah okay, das ist eine Skeptiker Organisation. Die haben sich's zum Ziel gemacht. Wann immer es bei dir zum Beispiel spukt, mal zu gucken, ob es da vielleicht auch eine natürliche Erklärung für gibt oder wenn es so Voraussagen gibt, da ist Nostradamus natürlich ein großes Thema. Die haben so diesen Entlarver-Duktus. Also irgendwie kommt da so ein Nostradamus an, dann sind die sehr kritisch. Und als ich dann den Bernd Harder, der ist der Experte sozusagen bei denen, der ist nicht nur Pressesprecher, der ist auch der Experte für Nostradamus in dieser Gesellschaft. Als ich den dann gefragt hab: Ja klar, er ist ein Hochstapler, hat der so geantwortet.
00:06:59: O-Ton Bernd Harder Nostradamus war kein Scharlatan. Also Nostradamus war zu seiner Zeit ein, ja, man könnte sagen, einer der großen Universalgelehrten. Er hat Medizin studiert, hat als Pest-Arzt gearbeitet, hat sich also während der großen Pestepidemien in Frankreich großes Ansehen erworben, weil er einer der wenigen Ärzte war, die überhaupt den Mut hatten, sich dieser Krankheit und diesen Epidemien zu stellen und nicht einfach irgendwo in die nächste Stadt geflohen ist, wie viele seiner Kollegen das gemacht haben. Er hat sich damit einen ungeheueren Ruhm, ein ungeheures Ansehen erworben, und erst so in seiner zweiten Lebenshälfte, als er dann reich verheiratet war, fing er an, sich mit Astrologie und Versen und Prophezeiungen zu beschäftigen. Wir wissen heute eigentlich relativ gut, was Nostradamus gemacht hat.
00:07:47: Martin Also das war ja auch zu einer Zeit - 16. Jahrhundert - wo Wissenschaft und Astronomie, Astrologie, Alchemie alles noch nicht so richtig getrennt war. Das lief ja eins ins andere über.
00:08:00: Marko Ja, aber auch gigantische Fortschritte gemacht haben. Also wir sind in der Zeit der Renaissance. Und guck mal zum Beispiel allein unser Weltbild: Kopernikus hat damals das heliozentrische Weltbild ja postuliert und hatte damit ja wohl auch recht. Bis dahin war die Erde der Mittelpunkt des Universums und plötzlich ist es das nicht mehr. Aber wir sind natürlich auch in einer Zeit des Umbruchs. Wir sind in der Zeit auch der Reformation. Also die Religion spaltet sich auf. Wir sind in einer Zeit, wo Portugal und Spanien eine ganz neue Welt für sich entdecken, nämlich beide Amerika, eine gigantische Umbruchszeit. Und gleichzeitig wütet diese schreckliche Krankheit hier, nämlich die Pest. Das war nicht leicht damals.
00:08:46: Martin Und solche Gelehrten wie Nostradamus haben dann versucht, daraus ihre Schlüsse zu ziehen und dann eben mit Instrumenten wie Astrologie. Oder wie kommt es dazu, dass sich dann jemand, der ja offensichtlich sich sehr verdient gemacht hat, dann mit solchen Themen auseinandersetzt?
00:09:03: Marko Das kam einfach später. Wissenschaft bedeutete ja damals auch, sich mit solchen Dingen zu beschäftigen. Wissenschaft bedeutete auch, in die Sterne zu gucken und zu gucken, wie es die Planetenkonstellation, weil man der festen Überzeugung war, dass der Sternhimmel über uns auch Einfluss auf uns hat. Jeder kennt das, wenn der Mond die Gezeiten hervorruft, warum soll es nicht auch beim Menschen und in der menschlichen Gesundheit eine Rolle spielen? Gerade aber bei der Pest wusste man ja nicht, hatte man keine Ahnung. Woher stammt die eigentlich? Woher kommt die und was ist damit los? Und da hat sich Nostradamus mit beschäftigt und er stammt aus einem winzig kleinen, wirklich sehr, sehr kleinen Kaff in Südfrankreich. Saint-Remy-de-Provence hat heute gerade mal 10.000 Einwohner. Man kennt das vielleicht von diesem Bild. Schau, also kennst du dieses Bild?
00:09:53: Martin Oh, das ist aber nicht Renaissance, das ist deutlich später.
00:09:55: Marko Ja. Der Sternenhimmel.
00:09:55: Martin Das ist ganz schlecht - Moment: Ist das van Gogh?
00:09:58: Marko Ja, ist van Gogh. Der war nämlich da in der Nähe in der Irrenanstalt.
00:10:03: Martin Okay. Und da hat er dann den Sternenhimmel über Saint-Remy-de-Provence. Ja, so ein ganz, ganz berühmtes Bild mit diesen verwirbelten Sternen und dem Mond. Und so weiter. Ja, ein sehr schönes Bild.
00:10:15: Marko Sozusagen der Sternhimmel, auf den schon Michel de Nostredame so ist nämlich sein eigentlicher Name, geguckt haben muss, als kleiner Junge, als er dort geboren wurde - 1503.
00:10:24: Martin Michel de Nostredame und dann latinisiert zu Nostradamus, dann später.
00:10:30: Marko Michael von unserer heiligen Jungfrau. Klingt nach einer sehr christlichen Familie, ist es aber nicht. Also Urgroßvater ist konvertiert, war Jude.
00:10:38: Martin Okay.
00:10:38: Marko In der väterlichen Tradition, oder der ist von seinem Urgroßvate - also der Urgroßvater hat sogar noch gelebt, als er gelebt hat, und hat ihn unterrichtet. In Latein, in Griechisch, in Hebräisch. In der Kabbalah, also der jüdischen...
00:10:51: Martin Zahlenmystik.
00:10:53: Marko Ja. Es ist ja nicht nur Zahlenmystik, es ist ja diese mystische Tradition des Judentums. Da gibt es ja auch kabbalistische Schriften, eine jüdische Tradition. Mathematik hat er beigebracht bekommen, Astrologie hat er beigebracht bekommen, und der Großvater soll ihm sogar sein Astrolabium geschenkt haben.
00:11:10: Martin Dann war das aber auch keine arme Bauernfamilie, sondern das werden dann wahrscheinlich schon eher wohlhabende Bürger gewesen sein, die sich so etwas leisten konnten?
00:11:19: Marko Ja, so ein Astrolabium hat ja nicht jeder.
00:11:20: Martin Könnte man sagen.
00:11:21: Marko Also das ist, das ist - du weißt, was das ist?
00:11:23: Martin Nee.
00:11:23: Marko Nee? Das ist so ein Ding, damit kannst du den Lauf der Gestirne bestimmen.
00:11:28: Martin Okay.
00:11:29: Marko Also mechanisch.
00:11:30: Martinb Aha.
00:11:31: Marko Da kannst du im Prinzip dran drehen, dann siehst du, wie sich der Sternhimmel verändert.
00:11:34: Martin Also, was wir in der Grundschule auch immer gezeigt haben. Wie funktioniert das Sonnensystem so genau?
00:11:38: Marko Ja, ja.
00:11:38: Martin In der Mitte die Sonne und dann kurbelt man unten und dann drehen sich der Mond und die Erde.
00:11:43: Marko Genau.
00:11:44: Martin Und die anderen Planeten...
00:11:46: Marko Ja, also so ganz, ganz wenig Geld scheinen sie nicht gehabt zu haben. Immerhin kann man den Sohn - und er hat sieben Geschwister, muss man sagen - aber er ist der Älteste. Aber den ältesten Sohn kann man immerhin zum Studium schicken. Das funktioniert. Und da wird er nach Avignon geschickt. Das liegt nicht weit weg, da hat er auch angefangen zu studieren. Aber dann bricht die Pest aus und dann bricht er ab mit dem Studium und wird Apotheker. Wird später noch mal studieren in Montpellier, was übrigens damals der heiße Scheiß ist. Also Montpellier ist die Uni, wenn man Medizin machen will. Es gibt keinen besseren Ort, um das zu machen. Die haben als erstes an Körpern auch geforscht. Also die...
00:12:19: Martin Heikle Sache.
00:12:20: Marko Die haben seziert...
00:12:21: Martin Also an Leichen.
00:12:22: Marko Ja, genau. Wir sind in einer Zeit, da kommt immer mal wieder die Pest. Und dann macht er sich wieder als Pestarzt auf den Weg, heiratet aber auch, kriegt zwei Kinder und arbeitet als Pest- Arzt und Apotheker und ist sehr erfolgreich. Er hat zum Beispiel ein Rezept entworfen. Kannst du mal lesen? Das sind Pillen gegen die Pest.
00:12:41: Martin Pillen gegen die Pest?
00:12:42: Marko Ja, Pestpillen.
00:12:42: Martin OK. Sägemehl aus besonders frisch gepressten Zypressen, Gewürznelken, Kalmus. Kalmus?
00:12:53: Marko Ist, glaub ich, irgendein Gewürz auch. Ich weiß es gar nicht. Google mal.
00:12:56: Martin Kalmus. Kalmus, eine ausdauernde, krautige Pflanze, ein Magen- und Darm-Heilmittel. Okay, dann noch Schwertlilien und als wichtigstes 3 bis 400 Rosen Knospen. Und noch vor dem Aufblühen gepflückt.
00:13:19: Marko Ja.
00:13:20: Martin Und das hilft gegen Pest?
00:13:21: Marko Das hilft.
00:13:22: Martin Also Sägemehl, Zypressen, Gewürznelken, Schwertlilien und Rosen. Hat er dann ein Pulver gemacht oder was?
00:13:29: Marko Er hat daraus so eine Art Lutschbonbon gemacht und hat die den Patienten offenbar gegeben. Also Menschen, die noch nicht an der Pest erkrankt waren zum Beispiel haben die genommen.
00:13:39: Martin Und das hat geholfen?
00:13:40: Marko Sie sind offenbar nicht krank geworden. Da kann man sich natürlich jetzt fragen: Warum ist das so? Klingt so ein bisschen banal, und...
00:13:48: Martin Das ist so ein bisschen, ich weiß nicht, Lutschbonbons gegen Krebs oder so? Also das ist ja eigentlich irre oder?
00:13:53: Marko Eigentlich irre, aber trotzdem hat es geholfen.
00:13:56: O-Ton Bernd Harder Zu diesem Zeitpunkt wusste ja niemand, was die Pest überhaupt ist. Viren, Bakterien, das ist ja alles erst viele 100 Jahre später entdeckt worden. Man glaubte, dass die Pest durch giftige Dämpfe aus dem Erdinneren übertragen wird. Man hielt das für eine Strafe Gottes und man wusste ja überhaupt nicht, womit man es zu tun hatte. Nostradamus hat dann in der Tat eine Art Pille, ein Medikament entwickelt. Man muss aber dazu sagen, dass er das nie allein verwendet hat, sondern Nostradamus muss wohl irgendein intuitives Gefühl gehabt haben, womit er es zu tun hat und was das auslöst. Und er hat zum Beispiel auf ganz simplen Hygienemaßnahmen bestanden. Also er hat darauf bestanden, dass die Verstorbenen dann auch relativ schnell aus dem Haus entfernt werden. Er hat darauf geachtet, dass die Leute sich nicht zu nahe kommen. Und in diesem Gesamtpaket waren diese Rosen-Pillen wohl so noch das letzte Tüpfelchen drauf.
00:14:49: Martin Also den Vorläufer der Hygieniker könnte man sagen.
00:14:52: Marko Ja, aber ich meine mit Lutschbonbons.
00:14:55: Martin Haltet euch fern voneinander und lutscht Bonbons.
00:14:59: Marko Ja, aber man muss natürlich sagen, diese Lutschbonbons waren für die damalige Zeit ein Riesenerfolg. Konnte ja keiner ahnen, dass es daran liegt, dass dieser Pest-Arzt sagt: Und wenn du dir die Lutschbonbons in den Hals geschoben hast, dann wäschst du dir auch noch die Finger. Und übrigens den Toten da, den tragen wir besser raus. So, also es ist offenbar ein Gesamtkonzept. Nur muss man dazu sagen: Diese Lutsch-Bonbons haben sich bald als Kassenschlager erwiesen. Die wollte jeder haben. Und dann hat er weiter probiert und weiter getestet und hat auch noch mehr Medikamente entwickelt, unter anderem eine Quitten- Marmelade. Diese Quitten-Marmelade hatte potenzsteigernde Wirkung und hat bald die Beliebtheit der Lutschbonbons, sobald die Pest weg war, bei weitem überflügelt. Und das war auch sehr gut, denn sein Ruf als Pest Arzt hat bald doch erheblich gelitten, nämlich dadurch, dass seine gesamte Familie dahingerafft wurde. Also er hat ja schon eine Frau und zwei Kinder. Und während einer dieser wirklich schrecklichen Pestepidemie sind die alle weggestorben. Und das ist natürlich für einen Pestarzt eine doppelte Katastrophe. Er verliert ja nicht nur seine Frau und seine Kinder, er verliert auch eigentlich seine Existenzgrundlage. Denn wer lässt sich schon von einem Pest-Arzt behandeln...
00:16:10: Martin Dessen ganze Familie...
00:16:12: Marko Also die Lutsch-Bonbons waren damit passé, ne. Er gerät ohnedies in Schwierigkeiten. Also er hat Reibereien mit der Inquisition. Man hat sich lange überlegt, woran das gelegen hat. Als Grund wird oft angenommen, dass er einem Erzgießer, der gerade dabei war, eine Marienstatue zu gießen, gesagt hat: Er soll das doch besser sein lassen, solche Teufels-Bilder herzustellen.
00:16:37: Martin Hä?
00:16:38: Marko Ja. Wir befinden uns in der Zeit der Reformation und es gab in der Tat...
00:16:42: Martin Das Bilderverbot...
00:16:43: Marko So bilderstürmerische Tendenzen bei einigen. Und klar, da geriet er in den Geruch, Anhänger der Reformation zu sein. Und dann war er natürlich bei der Inquisition an der richtigen Adresse. Er hat sich dann aber retten können, indem er gesagt: Nee, nee, die Maria, die wäre nur sehr hässlich gewesen und deswegen hätte er das gesagt.
00:17:04: Martin Aber seitdem hatte ihn die Inquisition auf dem Kieker.
00:17:07: Marko Ja, und deswegen hat er dann beschlossen: Nee, ich mach mich erst mal vom Acker. Also, Familie war tot. Sein Ruf als Pest-Arzt war ruiniert. Die Inquisition hatte ihn auf dem Kieker und er verschwindet einfach. Und für die nächsten sechs Jahre weiß eigentlich keiner so recht, wo sich dieser Nostradamus herumtreibt. Es gibt sogar Überlegungen, ob der bis nach Ägypten gereist ist, weil er nämlich auch ein Werk geschrieben hat, wie man die Hieroglyphen entziffern kann.
00:17:35: Martin Ach, aber die sind doch, wenn ich mich recht entsinne, erst im 19. Jahrhundert wirklich entziffert worden.
00:17:42: Marko Champollion - der Stein von --- Ich weiß nicht mehr.
00:17:45: Martin Rosetta.
00:17:46: Marko Der Rosetta-Stein, genau. Ja, das ist viel später. Aber Nostradamus ist das auch schon gelungen. Der konnte auch schon. Nein, er hat natürlich falsch übersetzt, aber er hat sich bemüht, hat auch ein Buch darüber geschrieben, wie man das macht. Aber es ist alles leider falsch. Aber so kam man auf den Gedanken, dass er eventuell auch sogar bis Ägypten gereist sei. Wir wissen einfach nicht, wo er sich aufgehalten hat. Und irgendwann taucht er wieder in Südfrankreich auf. 1544 ist er wieder in Marseille, arbeitet übrigens auch wieder als Pest-Arzt.
00:18:16: Martin Da ist er dann schon über 40, was ja auch schon ein ganz stattliches Alter ist für die Zeit.
00:18:20: Marko Ja, genau. Und es wird doch langsam mal Zeit, dass er ein bisschen sesshafter wird. Und das wird er auch. 1547 lässt er sich erneut nieder in Salon. Das liegt auch unten in der Provence. Und er heiratet noch mal - eine reiche Witwe.
00:18:36: Martin Wie Praktisch.
00:18:36: Marko Ja, sehr praktisch. Mit der zeugte auch fünf Kinder. Und da geht es ihm offenbar ganz gut. Er wohnt dann in einem kleinen Örtchen, hat heute 45.000 Einwohner, ist eine Kleinstadt. Da beginnt er jetzt zu schreiben.
00:18:50: O-Ton Bernd Harder Er war dann von normaler Erwerbsarbeit erst mal entbunden. Er musste nicht mehr als Arzt praktizieren und konnte sich mit allem beschäftigen, was ihn so interessiert hat. Und Nostradamus war eben ein sehr interessierter Universalgelehrter. Er hat sich sehr für Kunst, für Literatur interessiert und er hat dann erst mal alles gelesen, was ihm in die Finger gekommen ist. Und Nostradamus hat damals schon für jedes Jahr einen sogenannten Almanach geschrieben. Das muss man sich heute vorstellen wie so eine Art Jahreskalender, in dem alles Mögliche drinsteht, also Feiertage, irgendwelche Ereignisse, Ernte- und Aussaat-Tage. Also fast so ähnlich wie die heutigen Mondkalender. Und damit hat er auch gut Geld verdient.
00:19:36: Martin Also Almanache, das hat ja zunächst mal wenig mit Vorhersage zu tun, außer eben die normalen Feiertage, Erntetage.
00:19:42: Marko Genau. Und die waren unglaublich beliebt, die Dinger. Und das hat sogar dazu geführt, dass es zu einem Treffen mit Heinrich dem Zweiten- das ist der französische König zu der Zeit - und dessen Frau Katharina de Medici gekommen ist. Da ist er einfach in den Hof gerufen worden. Ach, Sie schreiben ja die netten Almanach, und da kommen Sie doch mal vorbei.
00:19:59: Martin Ach, schau an.
00:20:00: Marko Das war schon, genau, das war sehr beliebt.
00:20:03: Martin Das heißt, die müssen beliebt gewesen sein, und zwar offensichtlich eben auch nicht nur beim einfachen Volk, sondern bei, ja, beim Adel dann. Es muss ja irgendwie am Hof jemand was davon gehört haben.
00:20:12: Marko Ja, das war wahrscheinlich die Katharina, die Medici, Die hatte so einen gewissen Hang zum Okkulten. Und in diesen Almanach stand dann auch schon mal so ein bisschen mal was drin, wie das nächste Jahr werden könne oder so, fand die interessant und hat dann gesagt: Pass mal auf, hier hast du Geld, mach mal ein Horoskop für meine Kinder. Und das hat er dann auch gemacht. Das war... Man denkt so ein Horoskop, das sind so kurze Dinger, wie man sie vielleicht heute in der Zeitung liest. Nee, nee, das waren dann schon so 200 Seiten-Wälzer.
00:20:41: Martin Ein Horoskop.
00:20:42: Marko Ja, ein Horoskop also das ist schon ein großes Horoskop.
00:20:48: Marko Und das war dann auch ein relativ gut bezahlter Job, würde man meinen. Wobei Nostradamus sich so ein bisschen immer beschwert, die hätte scheiße bezahlt die Medici.
00:20:56: Martin Ja, aber er konnte nicht mal 200 Seiten, da arbeitetest du ja auch einen Augenblick dran.
00:21:00: Marko Ja, das ist nicht einfach, das schreibst du nicht einfach so runter. Vielleicht schreibt er es so runter, aber es ist auf jeden Fall viel Arbeit. Und ein Sohn von Katharina, der Karl, der wurde 1560, dann König: Karl IX. Und als der dann König ist, hat er zusammen mit seiner Mutter, der Katharina, sogar dieses kleine Salon-de-Provence besucht, weil die den Nostradamus so geschätzt haben. Warum die den so geschätzt haben, das hat mit etwas zu tun, auf das wir jetzt eingehen müssen, nämlich das ist das, was ja auch sein Ruhm bis heute ausmacht. Das sind diese Vorhersagen.
00:21:37: Martin Seine Weissagungen.
00:21:39: Marko Genau. 1555 beginnt Nostradamus nämlich mit dem Schreiben seiner sogenannten Centurien. Das ist eine Sammlung von Vierzeilern, sogenannte Quatrains, und die sind jeweils zu 100 angeordnet. Deswegen Centurien.
00:21:58: Martin Ja, klar, macht Sinn.
00:21:58: Marko Und die gibt er heraus, versieht die auch mit einem Vorwort. Und darin sagt er, was diese Centurien eigentlich sollen, nämlich sie sollen sein. Martin...
00:22:08: Martin zitiert Perpetuiert Weissagungen von jetzt an bis zum Jahr. Schau an 3797.
00:22:14: Marko Nicht schlecht, ne.
00:22:20: Martin Wow. In der ersten Quatrain, also in dem ersten dieser Gedichte, erklärt er übrigens, wie er da so sitzt und in die Zukunft guckt.
00:22:31: Martin zitiert Sitzend, allein in der Nacht, während geheimen Studiums auf einem ehernen Stuhl, kommt eine dünne Flamme aus der Einsamkeit, lässt das zur Äußerung kommen, was man nicht vergeblich glaubt. Mit dem Stab in der Hand befeuchtet er aus der Welle den Saum und den Fuß. Ein Schrecken. DIe Stimme brausend durch die Zweige. Göttlicher Glanz. Das Göttliche lässt sich nahe bei nieder. So, das habe ich jetzt sehr salbungsvoll gelesen, habe es aber nicht kapiert. Was heißt denn das?
00:23:07: Marko Ja, merkste, ne, ist ziemlich wirr. Ja, so ist auch gedacht. Das soll so sein. Das liegt nicht daran, dass der Übersetzer irgendwie einen gepichelt hätte oder so.
00:23:17: Martin Was ist das? Alt-Französisch oder welche Sprache ist denn das?
00:23:20: Marko Ja, das ist natürlich klar. Es ist nicht nur Alt-Französisch. Es ist alles noch mal viel komplizierter.
00:23:25: O-Ton Bernd Harder Ja, Nostradamus hat diese Verse natürlich in seiner damaligen Sprache geschrieben, in Alt-Französisch, und das aber vermengt mit Wörtern aus dem Lateinischen, aus dem Griechischen. Und er hat selber noch eine ganze Reihe von Wörtern erfunden, also sogenannte Neologismen. Er hat diese Centurien aus einer ganz eigentümlichen Mischung von allen möglichen Sprachen und Begriffen und Symbolen und literarischen Konstruktionen zusammengesetzt. Und das macht es unter anderem so schwer, das überhaupt auch nur ansatzweise nachzuvollziehen.
00:24:03: Marko Ja, ist ja super. Ja, Alt-Französisch? Was war das? Alt-Französisch, Latein, Griechisch, dann noch Neologismen und aller möglicher Kleinkram, von dem man auch gar nicht weiß, was es dann wahrscheinlich im Einzelnen bedeuten soll. Und das macht die Übersetzung, sagt er schwer. Aber letztendlich dann natürlich auch einfach, weil man da natürlich alles mögliche übersetzen kann.
00:24:25: Marko Das ist das Schöne. Genauso funktioniert es. Ich habe jetzt mal hier mal für dich was mitgebracht. Du kannst jetzt mal versuchen, auf Alt-Französisch zu lesen.
00:24:32: Martin Oh Gott.
00:24:33: Marko Traust du es dir zu?
00:24:36: Martin Mal versuchen.
00:24:36: Marko Dein Altfranzösisch ist über die Grenzen Kölns hinaus...
00:24:37: Martin Man könnte es mal wieder aufpolieren aber ich versuche es mal - Nostradamus....
00:24:41: Martin zitiert Nostradamus Dans la maison du traducteur de Bourc / Seront les lettres trouvées sur la table / Borgne, roux, blanc, chenu tiendra de cours / Qui changera au nouveau Connétable.
00:24:58: Marko Tja. Jetzt haben sich natürlich an diesen Vierzeilern verschiedene Leute versucht und haben versucht, das zu übersetzen. Kannst ja mal Übersetzung Nummer eins lesen.
00:25:08: Martin Okay. Übersetzung Nummer eins: In dem Haus des Austrägers von Tours, man Die Briefe findet auf der Tafel. Einäug, rot, weiß, grau verbleibt im Kurs, der sich ändert dem neuen Connetable.
00:25:25: Martin Ja, da verstehe ich nicht nur das letzte Wort nicht, Connetable. Da verstehe ich also - Austräger von Tour, was auch immer man die Briefe findet, irgendwelche Briefe? Einäug, rot, weiß, grau verbleibt im Kurs. Also, das ist für mich nur wirr.
00:25:41: Marko Eine relativ wörtliche Übersetzung.
00:25:43: Martin Okay.
00:25:43: Marko Jetzt der nächste Übersetzer.
00:25:45: Martin Übersetzung zwei: Im Hause des Interpreten der hohen Festung sind die Schriften am Tisch ersonnen worden. Dunkel, grell kommt weiß-klares von der Leere, was zu Neuem der hohe Weltenrichter umgestaltet. Ja, also marginal zusammenhängender, aber so richtig verständlich... wüsste jetzt auch nicht, wie ich das interpretieren sollte.
00:26:08: Marko Na, gucken wir mal, wie der nächste Übersetzer den selben Vers übersetzt hat, die selbe Quatrain übersetzt hat.
00:26:15: Martin Okay, Übersetzung drei: In dem Haus wird abgestützt werden der Führer des Geldbeutels. Man wird haben die Bildung entdeckt. Fünf ist unter dem Tisch. Schielen zur rot gelben Blüte, kahl wird sie werden im weiteren Verlauf. Welch Wechsel zum Neuen leutet zum Tisch.
00:26:36: Marko So, wir haben es mit einem Vierzeiler zu tun und drei Übersetzungen. Es gibt noch unzählig mehr Übersetzungen. Du kannst dir vorstellen, die sind alle unterschiedlich.
00:26:46: Martin Und alle genauso wirr?
00:26:47: Marko Die sind alle genauso wirr, weil der Text einfach schon mal wirr ist. Also die bemühen sich natürlich irgendwie da eine Interpretation reinzubringen, was der schon gemeint haben könnte. Das heißt aber, wenn du einen Text, wenn du nicht des Altfranzösischen, Griechischen und ich weiß nicht was allem mächtig bist, kannst du es ja nicht im Original lesen, dann musst du ja eine Übersetzung nehmen. Das heißt aber, diese ganzen Leute, die jetzt sich da drauf stürzen und wollen irgendwie wissen, was Nostradamus uns denn für die Zukunft geweissagt hat, die nehmen sich eine Übersetzung. Bei der deutschen Übersetzung ist das halt so.
00:27:17: Martin Habe ich dann schon mal eine Auswahl aus ein paar Dutzend wahrscheinlich...
00:27:20: Marko Genau, genau.
00:27:20: Martin Und daraus kann ich dann überlegen, was das denn vielleicht für eine Bedeutung haben soll.
00:27:27: Marko Und jetzt? Jetzt kommt das Nächste. Was will er uns denn damit eigentlich sagen? Also das ist jetzt eine Quatrain. Wir haben eben darüber gesprochen, diese Vierzeiler werden zu Gruppen von 100 immer zusammen geordnet. Das ist dann eine Centurie. Zehn Centurien gibt es - also bis zu seinem Lebensende hat er zehn davon geschrieben.
00:27:45: Martin Also 1000 insgesamt.
00:27:46: Marko Könnte man meinen. Es sind aber nur 942. Jetzt hat er aber gesagt: Pass mal auf, diese Dinger, diese Vierzeiler sagen die Zukunft voraus bis ins Jahr 3797. Dann bräuchte ich ja von 1555, da fängt er an zu schreiben, 2242 Vierzeiler.
00:28:06: Martin Wenn es für jedes Jahr sein soll.
00:28:08: Marko Genau. Sind es aber nicht.
00:28:10: Martin Hm.
00:28:11: Marko Auf was bezieht sich ein Vierzeiler? Zumal da ja nicht drinsteht. Dieser Vierzeiler gilt für das Jahr... nö. Datieren und auf ein Jahr genau hinweisen tun genau sechs. Sechs dieser Quatrains bezeichnen ein ganz bestimmtes Jahr.
00:28:27: Martin Aber es gibt welche.
00:28:28: Marko Es gibt welche und eines der berühmtesten, weil es in unsere Zeit fiel, war das Jahr 1999. Kannst ja mal lesen, was fürs Jahr 1999 in Vers 72 der zehnten Century geschrieben stand.
00:28:43: Marko Im Jahr 1990 und neun im siebten Monat wird ein großer Schreckenskönig vom Himmel herabsteigen, wird wieder auferstehen der große König von Angolmoi. Angolmoi?
00:28:58: Marko Ich weiß es doch nicht.
00:29:00: Martin Okay. ...der große König von Angomoi, sage ich jetzt mal. Mars regiert vorher und nachher durch Glück. Auch das ist mir nicht so richtig transparent. Aber okay. Also klares Jahr.
00:29:14: Marko Ja.
00:29:15: Martin Und großer Schreckens-König. Also, irgendwas kommt da.
00:29:18: Marko Nix Gutes, ne.
00:29:19: Mart Nö.
00:29:20: Marko Jetzt lass uns doch mal überlegen: Was war im Jahre 1999?
00:29:25: Martin Ja, da stand der Jahrtausendwechsel an.
00:29:27: Marko Ja, nicht nur das.
00:29:29: Martin 1999...
00:29:32: Marko Da sind wir zusammen extra hingefahren. Es gibt sogar eine Folge der Geschichtsmacher genau über dieses Phänomen, was in diesem Jahr passiert ist.
00:29:39: Martin Ja, jetzt bin ich überfragt. So viele Folgen haben wir ja noch nicht gemacht.
00:29:42: Marko Na ja, fast über... Wir nähern uns der 50. Was könnte das sein? Welche Folge könnte ich meinen?
00:29:48: Martin Ich bin völlig überfragt.
00:29:49: Marko Wir haben uns all die Brillen gekauft? Weißte nicht mehr?
00:29:51: Martin Ah ja, natürlich. Die Sonnenfinsternis, die Sofi.
00:29:57: Marko Die Sofi, genau.
00:29:57: Martin Richtig. Natürlich, war auch noch mein Thema, 1999.
00:30:01: Marko Und weil man damals, zu Nostradamus Zeiten, nämlich auch schon die Sofi vorhersehen konnte, hat er das Ding datiert. Und der Schreckenskönig war natürlich die Sofi.
00:30:09: Martin Er war ja auch Astronom. Okay, also.
00:30:12: Marko Macht irgendwie Sinn. Nun kann man sagen: Ha, hat der die Sonnenfinsternis vorhergesagt. Ja, hat er gemacht. Stimmt. Aber konnte man ja damals schon. Also insofern vielleicht nichts Besonderes.
00:30:23: Martin Ja, aber Schreckenskönig, ich meine die Sonnenfinsternis...
00:30:27: Marko Du weißt, Sonnenfinsternis war immer schlecht belegt.
00:30:30: Martin Ja, das stimmt. Ja. Also, da haben wir ausführlich drüber gesprochen.
00:30:32: Marko Aber was er mit dem Rest da irgendwie meint. Abgesehen davon schreibt er ja, das muss man ja auch mal sagen: Im siebten Monat.
00:30:41: Martin Ja.
00:30:41: Marko Die fand aber im August statt. Er hat sich zu allem Überfluss nämlich auch noch verrechnet. Er hätte es besser wissen müssen. Er hat sich verrechnet mit der Sonnenfinsternis. Die kam dann im August. Aber gut, brauchen wir nicht kleinlich sein. Aber ansonsten ist eigentlich, weiß ich jetzt gar nichts, ist nix Schlimmes passiert 1999.
00:31:00: Martin Nicht, dass ich wüsste. Alle haben Angst gehabt, dass die Welt zusammenbricht. In der Tat. Nicht wegen des Jahreswechsels per se, sondern weil die ganzen Rechner nicht auf das richtige Datum geeicht waren und man gedacht hat, da brechen jetzt sämtliche Computer zusammen. Aber auch das ist ja nicht passiert.
00:31:15: Marko Auch das ist nicht passiert. Nostradamus selbst schreibt darüber, wie er diese Quatrains schreibt und wie seine Vorhersagen funktionieren, da schreibt er Folgendes:
00:31:26: Martin liest Nostradamus Ich habe begriffen, dass die Menschen am ehesten bereit sind, sich für etwas zu interessieren, wenn man es ihnen geheimnisvoll vorlegt. Es sind die meisten meiner prophetischen Strophen dermaßen holprig, dass man weder einen Weg darin finden noch sie interpretieren kann.
00:31:42: Marko Toll, oder?
00:31:43: Martin Doch ein Scharlatan?
00:31:45: Marko Nein.
00:31:45: Martin Ganz offensichtlich. Er hat das offensichtlich ganz bewusst so gemacht, dass - ja geheimnisvoll, raunend, raunend, möglichst verwirrend, so dass eben jeder alles daraus lesen kann und das als Masche gemacht, als Masche genommen.
00:31:58: Marko Ja, aber was machen die Leute? Die lesen sich das durch und denken nach, was es sein könnte und dabei denken sie sozusagen über ihre eigene Zeit nach. Und jeder projiziert da irgendwie das rein, was ihn gerade beschäftigt. Und darum... Dann denken Sie weiter, es ist ein Spiel. Viele sagen auch, es wäre so ein bisschen wie so ein Rorschach-Test. Kennst diese Dinger, wo man wo man wo man so ein so Klecks, so einen Tinten-Klecks macht.
00:32:19: Martin Faltet zusammen.
00:32:20: Marko Faltet einmal zusammen, so, und legt der Psychologe dir das vor und dann sollst du da was rauslesen.
00:32:23: Martin Was siehst du darin?
00:32:25: Marko Und dann beschäftigst du dich damit und so ist es auch da ein bisschen.
00:32:29: Martin Was ja ganz okay wäre, wenn man es tatsächlich als Spiel begreift, als Spiel verkauft und als Spiel tatsächlich auch annimmt. Aber ich glaube, es gibt genug Leute, die das tatsächlich auch ernst nehmen.
00:32:40: Marko Ja, klar. Ja, klar. Und es gruselt ja auch so ein bisschen.
00:32:44: Martin Schönes Gruseln.
00:32:45: Marko Ein bisschen schönes Gruseln. Aber du merkst, das ist ein System, das funktioniert genau so. Dann sagt man zum Beispiel, er habe Hitler vorhergesagt. Ja, der Name Hitler findet sich natürlich nirgendwo in den Schriften von Nostradamus. Da steht nirgendwo Hitler.
00:33:01: Martin Das wäre auch ein bisschen viel verlangt.
00:33:03: Marko Aber es gibt in der Tat - also die Verse, wo man behauptet, da hätte er Hitler vorhergesehen, da kommt der Name "Hister" vor. "Hister" ist der lateinische Name für die Donau.
00:33:15: Martin Okay.
00:33:16: Marko Ja. Aber die Übersetzer machen dann schon daraus Hitler. Das heißt, du holst dir eine Nostradamus-Ausgabe, da steht da schon was von Hitler drin.
00:33:26: Martin Ja, ja, dann muss es natürlich so sein.
00:33:28: Marko Dann ist es so? Aber, aber so war das immer. Also jede Generation und jede Zeit projiziert sozusagen in diese Verse das, was sie beschäftigt. Und im Nachhinein kann man dann sogar ganz oft behaupten: Ja, stimmt. Ist genau so eingetreten. Das haben übrigens auch schon die Zeitgenossen von Nostradamus gemacht. Da ging es zum Beispiel bei diesem Vierzeiler ganz prima. Vielleicht liest du nur die deutsche Übersetzung.
00:33:52: Martin Okay.
00:33:53: Martin Der junge Löwe wird den alten besiegen. Auf dem Schlachtfeld, in einem einzigen Duell. Im goldenen Käfig wird er ihm die Augen ausstechen. Zwei Flotten...
00:34:04: Marko ...oder man kann es auch mit Armeen übersetzen.
00:34:07: Martin ...einig. Dann wird er einen grausamen Tod sterben.
00:34:11: Marko Und dann gab es ein Ereignis zur Zeit des Nostradamus. Da gab es ein Schau-Turnier, da hat sich der König angemeldet. Heinrich der Zweite. Das ist der Mann von der Catharina von Medici, du erinnerst dich, wo dann der Karl, der Sohn, später der König geworden ist. Und der Heinrich hat daran teilgenommen, und da gab es einen schrecklichen Unfall. Die Lanze ist nämlich durchgebrochen. Es war eigentlich nur ein Schau-Turnier mit einer stumpfen Lanze. Die ist aber durchgebrochen, und die abgebrochene Lanze ist genau in den Augenschlitz vom Helm vom König rein.
00:34:42: Martin Ach du lieber Himmel.
00:34:42: Marko Und ist ihm über dem Auge eingetreten. Und daran ist er gestorben. Man hat dann gesagt okay: Auf einem Schlachtfeld - das Turnierfeld.
00:34:50: Martin Mhm. .
00:34:51: Marko In einem goldenen Käfig, das war die Rüstung. Wird der junge Löwe den alten Löwen schlagen.
00:34:58: Martin Löwe, Königs-Symbol?
00:34:59: Marko Ja, vielleicht. Oder vielleicht gab es auch so heraldische auf dem Wappen irgendwie so Symbole von Löwen. Das kann durchaus sein. Das wissen wir heute nicht. Und dann haben die alle gesagt. Ja, das war die Vorhersage, diese Quatrain vom Tod Heinrichs des Zweiten. Angeblich hat das schon zu Zeiten von Nostradamus die Popularität von ihm gesteigert. Man weiß es nicht so genau. Die Gelehrten streiten sich heute, ob man diese Zuordnung dieser Strophe zum Tod Heinrichs II. noch zu Lebzeiten entdeckt hat oder eigentlich erst nach Nostradamus Tod. Aber na ja, so haben sich die Menschen schon damals damit beschäftigt, haben geguckt, welcher dieser komischen Vierzeiler kann denn auf das nächste Jahr passen? Oder was hat er denn vorhergesehen? Guck mal da! Ach, das könnte doch das und das sein.
00:35:41: Martin Also Nostradamus war zu der Zeit offensichtlich ja nicht nur bei Katharina von Medici beliebt, sondern auch beim Volk.
00:35:47: Marko Beim Volk nicht - bei denen, die lesen konnten. Also das waren ja nicht so viele.
00:35:53: Martin Also Adelige und Bürgertum, vielleicht ein paar, war er schon beliebt? War der Nostradamus ein Dauerbrenner durch die Jahrhunderte oder ist er irgendwann mal verschwunden und dann wieder aufgetaucht? Ich sage mal im Internetzeitalter, weil man da so viel und schön raunen kann.
00:36:08: Marko Nee, also der war eigentlich fast durchgehend beliebt. Übrigens am beliebtesten, wenn die Zeiten schlecht waren, also wenn es übel ausgeht oder die Leute Angst vor etwas hatten, dann haben sie gern in ihrem Nostradamus rumgeblättert.
00:36:20: Martin Wenn man gerne nach Orientierung sucht.
00:36:21: Marko Wenn man nach Orientierung sucht. Ja genau. Schon in Goethes Faust kommt der Nostradamus ja auch noch mal vor. Ja, da gibt es so eine Zeile. Krieg ich jetzt nicht mehr aus dem Kopf zitiert, dieses heilige Buch des Nostradamus nicht, müsste man jetzt nachgucken - aber es kommt vor. Und das ist bis heute so, und die Leute suchen natürlich Dinge, die sie sozusagen mit diesen Quatrains abgleichen können. Und das haben sie über Jahrhunderte gemacht.
00:36:46: O-Ton Bernd Harder Es gibt auch eine Reihe von kuriosen Beispielen. Also angeblich hat Nostradamus auch die Wahlniederlage von Helmut Kohl 1998 prophezeit. Es gibt irgendwo in diesem Centurien einen Satz, der lautet sinngemäß: Der große Hintern wird in den Rhein gestürzt werden. Und da man von Helmut Kohl ja sagte, dass er Probleme gerne aussaß, kann nur Helmut Kohl dieser große Hintern gewesen sein. Und sein Sturz wird also in diesem Vers prophezeit. Oder es ist in einem der Nostradamus Studien die Rede von einer feurigen Dame. Und da schreiben viele Interpreten, das sei Marilyn Monroe gewesen und Nostradamus hätte ihre Affäre mit Kennedy vorausgesagt. Warum? Weil sie einen Film gedreht hat "Manche mögen's heiß" und deswegen kann diese feurige Dame aus dem Nostradamus Centurien eben nur Marylin Monroe gewesen sein.
00:37:39: Martin Ahhhhh....
00:37:43: Marko Toll, ne.
00:37:43: Martin Eieieiei...
00:37:43: Marko So, aber auf diese Art und Weise funktioniert dieses Geschäft mit Nostradamus bis heute. Also, ich meine, wir haben am Anfang dieses Podcasts in die Zukunft des Jahres 2024 geguckt. Du erahnst langsam, wie das funktioniert. Ja, es klingt allzu blöde, aber, aber genau so ist es leider auch.
00:38:02: Martin Also wir haben eben darüber gesprochen, dass es eben ein Spiel ist. Was denkst du, nehmen die Leute, die dann eben auch solche Bücher kaufen wie die, die wir am Anfang da vorgestellt haben? "2024 - Die Weissagungen des Nostradamus?" Nehmen die Leute das ernst oder betrachten die das wirklich auch als Spiel? Ich meine, es ist ja auch unterhaltsam.
00:38:21: Marko Es ist unterhaltsam und es ist vielleicht so ein bisschen wie den Grusel, den du verspürst, wenn du dir einen Splatter-Film anguckst oder einen Horrorfilm. Du weißt ganz genau, dass der Teufel nicht irgendwie in ein kleines Kind fährt und dann wird es wahnsinnig und spukt irgendwie kiloweise Blut durch die Gegend. Und trotzdem, trotzdem guckst du dir gerne den Exorzisten und erfreust dich dran, gruselst dich total und genießt es als Anregung deines vielleicht allzu tristen Alltags. Ja, aber so, so funktioniert es ja. Du guckst sozusagen in eine Zukunft oder guckst im Nachhinein auf eine Vergangenheit und sagst dann. Oh, guck mal da, es wurde ja. schon vorhergesagt.
00:38:59: Martin Hinterher hat man es schon vorher gewusst.
00:39:01: Marko Und das Tolle an diesen ja unglaublich komplizierten Quatrains und Centurien ist ja, du kannst ja da umstellen, Du weißt, du kannst das neu sortieren. Es ist wie ein Spiel. Und natürlich gibt es auch einen Geheimcode...
00:39:14: Martin Ja, natürlich, den muss es auch geben.
00:39:17: O-Ton Bernd Harder Es gibt viele Interpreten, die behaupten, diese Zensuren seien auf irgendeine Weise verschlüsselt. Und jeder dieser Nostradamus-Interpreten behauptet natürlich auch, dass er den Schlüssel gefunden hätte, mit dem man diese Centurien ordnen und in eine vernünftige Reihenfolge bringen kann. Nur wenn man sich die Sachen objektiv ansieht, ist das definitiv noch keinem gelungen. Und ich glaube, das liegt daran, dass es einen solchen Schlüssel nicht gibt. Und jede Suche danach ist ein Beschäftigungsprogramm für Phantasten. Also ich denke nicht, dass Nostradamus diese Centurien wirklich verschlüsselt hat, sondern er hat das einfach so abgefasst, wie es ihm gerade in den Sinn kam. Und da steckt kein System dahinter. Man merkt das auch daran, dass Nostradamus so als Dichter oder als Poet nicht wirklich talentiert war. Also man muss schon sagen, dass diese Centurien aufgrund der vielfachen Stilmittel, die er da wahllos miteinander vermengt hat, doch auch ziemlich unbeholfen klingen. Das hat nichts mit einer Verschlüsselung zu tun, sondern Nostradamus war einfach nicht so der begnadete Poet.
00:40:27: Marko Ne, er war kein Goethe, ne. So ist es einfach.
00:40:29: Martin Nichtmal das war er. Es ist ja schon so ein bisschen ernüchternd.
00:40:33: Marko Naja, naja, er war ein herausragender Arzt, hat sich um viele Dinge gekümmert und bis heute ist er in aller Munde. Er ist übrigens 1566 gestorben, mit 62 Jahren und klar - hat den eigenen Tod natürlich auch vorhergesehen.
00:40:47: Martin Ja, selbstverständlich, was sonst?
00:40:48: Marko Aber man muss sagen, er war natürlich auch lange schwer krank. Also, er hatte die Gicht, er litt an Wassersucht, das heißt, er hatte so Wassereinlagerungen überall, und er hatte auch Asthma. Wahrscheinlich ist er an Herzversagen gestorben. Wir wissen es nicht genau.
00:41:02: Martin Ist er denn wenigstens reich gestorben?
00:41:04: Marko Er war relativ wohlhabend.
00:41:05: Martin Also er hat mit seinen Voraussagen auch gutes Geld gemacht, also nicht nur reich geheiratet, sondern das war auch sehr einträglich.
00:41:12: Marko Das war alles sehr einträglich. Gutes Geld verdient. Er hat sein Geld auch sehr schlau angelegt. Er hat es zum Beispiel angelegt in einem Projekt, wo es um Bewässerung ging in der Region. Da wurden Kanäle gebaut, da hat er mit investiert. Da hat er nochmal richtig viel Geld zurückbekommen. Scheint ein gutes Händchen dafür gehabt zu haben.
00:41:29: Martin Also mir scheint auch, dass er eher ein guter Geschäftsmann gewesen ist, der wusste, was die Leute lesen und hören wollten, als ein offensichtlich guter Schriftsteller oder auch nur Astrologe. Also hat er denn da irgendwie eine Grundlage gehabt für seine Weissagungen? Hat er das in den Sternen gelesen? Hat er sich dazu geäußert?
00:41:47: Marko Na ja, er hat eigentlich dazu nur das geschrieben, was du eben vorgelesen hast: Dass er sich auf sein Stühlchen setzt und dann kommt diese komische Flamme und dann wird er halt inspiriert.
00:41:54: Martin Das war's.
00:41:54: Marko Ja, ja, ja, das schon. Natürlich guckt er in die Sterne wie jeder Mensch, der in die Zukunft gucken will, in die Sterne guckt und wie es auch damals sehr üblich war, dass man in die Sterne guckt. Klar. Er ist dann beigesetzt worden nach seinem Tod in einer Kirche, die dann aber in der Französischen Revolution geplündert wurde. Dabei ist übrigens auch sein Grab geplündert worden und seine Knochen verstreut. Und die hat man dann zusammengesammelt und hat sie dann in der Kapelle untergebracht, wo wir am Anfang dieser Folge gestartet sind, in Salon. Und da liegen sie natürlich bis heute. Also mehrfach wurde die Totenruhe zwar gestört, die Wehrmacht war auch da, hat mal aufgeknackt und geguckt, ob der alte Nostradamus da noch liegt.
00:42:35: Martin Und lass mich raten, es ist mittlerweile eine Pilgerstätte geworden.
00:42:40: Marko Vielleicht gar nicht so extrem oder, nö, nö, vielleicht gar nicht so extrem. Aber ich hatte ja von dieser seltsamen Legende erzählt, dass man eigentlich bis heute glaubt, dass er dahinter sitzt und immer noch schreibt und eigentlich gar nicht tot ist. Wenn du vielleicht mal die nächste Prophezeihung vorlesen möchtest.
00:42:58: Martin liest Nostradamus In der Goldenen Stadt wird es einen großen Donner geben. Zwei Brüder, die vom großen Chaos auseinandergerissen werden. Der dritte große Krieg wird anfangen, wenn die goldene Stadt brennt.
00:43:12: Marko Was könnte er da gemeint haben?
00:43:14: Martin Ja, die goldene Stadt - Jerusalem?
00:43:17: Marko Nein.
00:43:18: Martin Goldene Stadt Moskau. Die goldenen Türme?
00:43:21: Marko Nein. Das ist kurz nach 9/11 ist es erschienen im Internet. Und die goldene Stadt war natürlich New York. Die zwei Brüder? Ja.
00:43:31: Martin Die Zwillingstürme.
00:43:31: Marko Die vom großen Chaos auseinandergerissen werden. Und dann wird der große Krieg beginnen, wenn die goldene Stadt brennt. Klar. So. Und alle haben gesagt: Ja, guck mal da: Der Nostradamus, der hat das schon vorhergesagt. Bernd Hader hat dann versucht, diesen Vierzeiler, der sich übrigens auf Englisch im Internet fand, dann zuzuordnen einer dieser 942 Quatrains. Ist ihm nicht gelungen. Also es ist - gut, aber ich meine, es ist jetzt.
00:44:01: Martin Es ist wahrscheinlich eine freie Erfindung.
00:44:03: Marko Ja. Oder vielleicht hat der Meister in seinem Grab sitzend noch weiter geschrieben? Noch ein Beispiel, noch ein Beispiel, pass auf. Am zweiten Weihnachtstag 2004, da liefen grad schreckliche Bilder übers Fernsehen, da gab es...
00:44:20: Martin Den Tsunami. Ich kann mich noch erinnern, ja.
00:44:22: Marko Kurz darauf, dauert gar nicht lange, Nostradamus im Internet:
00:44:27: Martin liest Nostradamus Wenn die höllischen Kasten unter dem Meer zusammen sind, vollendet sich ihr Preis brennend. Wenn beim Herrn der Neuen das Monster sich wütend wäscht. Ja, ja, da kann man natürlich unter dem Meer, ich weiß jetzt nicht, welche Kasten, aber da kann man natürlich.
00:44:43: Marko Natürlich ist doch klar, was das für Kasten sind. Das sind die tektonischen Platten
00:44:50: Martin Die tektonischen Platten, ist klar.
00:44:50: Marko Die höllischen Kasten. Ja, das ist doch höllisch, ist doch unten. Wo ist denn die Hölle? Im Himmel? Unten! So die höllischen Kasten unter dem Meer zusammen sind, wenn die zusammen sind. Und es ist doch klar, was dann passiert. Ein Erdbeben. Weiß doch jeder. Und wenn beim Herrn der Neun das Monster sich wütend wäscht.
00:45:10: Martin Wer ist denn der Herr der Neun.
00:45:12: Marko Der Tsunami, das Seebeben hatte Stärke neun.
00:45:14: Martin Ah, hahaha!
00:45:16: Marko So, ja, ja, jetzt kommst du. Aber auch da kannst due jetzt lange suchen, wo du in den Quatrains dieses Ding findest. Es wird dir wahrscheinlich nicht gelingen, hat der Nostradamus wieder geschrieben.
00:45:27: Martin Auch nach seinem Tode. Bzw. auch hinter der Mauer, hinter der Kirchenmauern, wo er bis heute sitzt.
00:45:34: Marko So ist es. Besonders schräg, finde ich, hat er sich was ausgedacht mit einem Vierzeiler, der im Dezember 2012 im Internet erschien und damals für ziemliche Endzeitstimmung sorgte. Denn du musst dir vorstellen, 2012 gab es noch ein Ereignis, was viele Leute sehr nervös gemacht hat: Der Mayakalender endete nämlich.
00:45:55: Martin Und damit die Welt.
00:45:56: Marko Ja, am 21. Dezember endete der Mayakalender und natürlich gab es auch einen Orakelspruch des Meisters, der wieder mal hinter seiner Grabplatte zur Feder griff und auf Englisch schrieb.
00:46:13: Martin liest From the calm morning the end will come. Also vom ruhigen Morgen her wird das Ende kommen. When of the dancing horse the number of circles will be nine. Wenn vom tanzenden Pferd die Anzahl der Ringe neun sein wird. Aha, das tanzende Pferd?
00:46:34: Marko Da kommst du nicht drauf.
00:46:35: Martin Anzah. Der Ringe.
00:46:36: Marko Da kommst du nicht drauf. Was der Meister da gemeint hat. Darauf kommst du nicht. Erinnerst du dich noch, was damals so musikalisch der heiße Scheiß war?
00:46:45: Martin 2012?
00:46:46: Marko Was könnte es gewesen sein?
00:46:49: Martin Uahhh... Ich weiß nicht - war Taylor Swift damals schon aktuell?
00:46:54: Marko Nein, nein, nein. Es gab. Es gab den Gangnam Style.
00:46:59: Martin Ah... Gangnam Style.
00:47:01: Marko Wopa Gangnam Style.
00:47:02: Martin Korea?
00:47:04: Marko Südkorea.
00:47:04: Martin Psy.
00:47:07: Marko Psy. War der heiße Scheiß irgendwie Gangnam Style. Und damals, Anfang Dezember, im Internet 870 Millionen Mal geklickt.
00:47:18: Martin Ja, ja, das war ein Riesending. Also, alle wollten...
00:47:20: Marko Das Video, das lief immer - und da gab's Pferde drin. Und der tanzt ja auch so komisch mit so breiten Beinen und.
00:47:28: Martin Überkreuz und hopst da rum. Wie auf dem Pferd.
00:47:31: Marko Wie auf dem Pferd...Soooo.
00:47:32: Martin Ahhh
00:47:32: Marko Und also wenn vom ruhigen Morgen her das Ende kommt, der ruhige Morgen ist natürlich der ferne Osten, ist ja klar.
00:47:41: Martin Land der aufgehenden Sonne.
00:47:43: Marko Vom ruhigen Morgen wird das Ende kommen. When of the Dancing Horse - vom tanzenden Pferd - das ist Psy, ja, the number of circles will be nine.
00:47:54: Martin Ja.
00:47:56: Marko So 870 Millionen mal war er schon im YouTube Video geklickt...
00:48:03: Martin Aahhh....
00:48:04: Marko So? Und dann, wenn das Wachstum so weiter ging, so wurde damals ausgerechnet, wird er am 21. Dezember 1000000000 Klicks erreichen, wenn er 1 Milliarden Klicks erreicht. Wie viel Nullen hat denn die Milliarde?
00:48:25: Martin Neun. Neun Nullen.
00:48:26: Marko Wenn vom tanzenden Pferd die Anzahl der Ringe neun sein wird...
00:48:32: Martin Das heißt, Nostradamus hat nicht nur das Internet und YouTube vorhergesagt, sondern auch gewusst, wie viel Abrufe Psy mit seinem Video, dem Gangnam Style haben würde und dann und dann.
00:48:45: Marko An diesem 21. Dezember wird die Welt definitiv untergehen.
00:48:50: Marko Meine Güte.
00:48:50: Marko From the calm morning the end will come.
00:48:55: O-Ton Bernd Harder Auch das war vollkommen frei erfunden. Ich habe mir dann wirklich die Mühe gemacht und habe alle Centurien und alle Übersetzungen noch mal durchgelesen. Es gab diesen Vers mit Pferden, die neun Kreise, bilden nirgendwo. Also auch das war vollkommen frei erfunden.
00:49:10: Martin Oder aber von dem noch lebenden Nostradamus hinter der Mauer geschrieben.
00:49:15: Marko So isses.
00:49:15: Martin Oder von einem der vielen, wie sagt man Nostradami, die es mittlerweile wahrscheinlich auf dieser Welt gibt, also die sich berufen fühlen, da im Nachhinein Prophezeihungen zu veröffentlichen, die dann auch wunderbar passen.
00:49:28: Marko Na ja, also man muss natürlich sagen, diesmal hat es ja nicht gepasst, aber es war Panikmache im Vorfeld: Am 21. Dezember 2012 ist die Welt ja, wir sitzen ja hier, nicht untergegangen.
00:49:39: Martin Ja, ja, weil...
00:49:40: Marko Ja sonst säßen wir, glaub ich, nicht hier - oder wir haben es nicht mitgekriegt, kann natürlich sein.
00:49:44: Martin Vielleicht sind wir schon im Himmel.
00:49:45: Marko Das ist das Schöne an Nostradamus. Man kann dann immer sagen: Okay, wir Interpreten haben uns halt vertan. Im Prinzip hat der Meister ja immer recht, aber, aber wird vielleicht ne andere Lösung dafür geben. Will du noch einen?
00:49:57: Martin Ja klar.
00:49:57: Marko Kommt noch einen, einen haben wir noch.
00:50:01: Martin liest Es wird ein Zwillingsjahr geben, aus dem eine Königin aus dem Osten kommen und in der Dunkelheit der Nacht eine Pest auf dem Land verbreiten wird.
00:50:12: Martin Ja.
00:50:12: Marko Ist klar, ne.
00:50:12: Martin Zwillingsjahr 2020. Königin aus dem Osten, ja.
00:50:19: Marko So hast du begriffen, wie es geht.
00:50:22: Martin Königin Corona. Ja, ja, ja, ja, klar, natürlich.
00:50:23: Marko So, aber aber auch den Spruch gibt es nicht. Also, du kannst jetzt lange suchen.
00:50:29: Martin Das ist ein bisschen schade.
00:50:30: Marko Ja, ein bisschen schade. Ja, aber den hat sich wieder einer hinter der Mauer ausgedacht, der da wieder sitzt. Das ist leider so! Ich habe dann den Bernd Harder, der für die GWUP die Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften arbeitet, gefragt, ob ihm das nicht einfach irgendwann mal zu viel wird oder ob ihm da, ob er das eigentlich noch ertragen kann.
00:50:50: O-Ton Bernd Harder Die Leute, die das konsumieren, machen wir uns natürlich nicht lustig, weil da stecken natürlich auch nachvollziehbare Ängste und Motive dahinter. Also wir leben in einer Welt, die anscheinend für viele Leute immer, immer unsicherer, immer undurchschaubarer wird. Und man versucht eben mit diesen Versen so eine Art Gewissheit zu bekommen. Man setzt sich halt mal diesem Gefühl aus: Was wäre wenn? Was könnte denn eventuell passieren? Und ist dann am Jahresende froh, dass es dann nicht eingetroffen ist.
00:51:21: Marko Und so geht es Jahr um Jahr.
00:51:24: Martin Aber um diese Idee des Spieles noch mal aufzugreifen, also offensichtlich hat das eine Entlastungs-Funktion. Aber man muss ja vielleicht auch sagen, dass der eine oder andere das eben doch ernst nimmt. Und wenn dann das Ende der Welt verkündet wird, ja, wer weiß, im schlimmsten Fall sich was antut, ist ja eh bald zu Ende. Gibt es da Berichte darüber? Weiß man was darüber, dass Leute das einfach auch dann zu ernst nehmen?
00:51:48: Marko Bernd Harder hat damals mal gesagt: Passt mal auf. Und zwar hat er das gesagt im Jahre 2012, als klar war, dass der Mayakalender ausläuft. Wenn ihr da draußen, die ihr das prognostiziert, so sicher seid, dass das passiert und am 21.12. die Welt untergeht, ja dann gebt mir doch mal schon mal alle Weihnachtsgeschenke, die er schon gekauft hat und vermacht mir einfach all euer Geld. Was glaubst du, wie viele Menschen das gemacht haben?
00:52:12: Martin Ich lehne mich mal weit aus dem Fenster und sage keiner.
00:52:15: Marko So. Was wir aber mit absoluter Sicherheit prognostizieren können, ist, wenn hinter unserem Podcast "die Geschichtsmacher" drei weitere Nullen stehen werden. Dann...
00:52:27: Martin Dann geht es weiter mit diesem Podcast. Aber auch nur dann, sage ich mal. Genau und was dafür passieren muss, das ist auch klar.
00:52:35: Marko Ihr müsst klicken, ihr müsst uns empfehlen, Ihr müsst den Daumen rauf machen, ihr müsst es all euren Freunden, Wahrsagern, Astrologen.
00:52:45: Martin Horoskop lesenden Freunden und Familienmitgliedern sagen.
00:52:48: Marko Also überall Daumen hoch! Wenn es euch aber nicht gefallen hat, dann sagt es doch bitte uns.
00:52:55: Martin Und zwar nur uns. Unter www.diegeschichtsmacher.de .
00:53:00: Marko Da könnte ihr uns schreiben, da könnt ihr alle Folgen dieses Podcasts noch mal nachhören. Zum Beispiel wenn ihr euch über Sonnenfinsternisse schlau machen wollt und wie das funktioniert. Da gibt es eine eigene Folge.
00:53:10: Martin Zwei sogar.
00:53:11: Marko Zwei sogar.
00:53:12: Martin Und so lässt sich auch die Zeit bis zum Jahreswechsel prima noch verbringen. Wir wünschen euch einen guten Rutsch in das nächste Jahr 2024. Trotzdem Nostradamus, da alles mögliche Furchtbare vorhergesagt hat.
00:53:26: Marko Mögen eure Wünsche, und zwar die guten, alle in Erfüllung gehen.
00:53:29: Martin Wir sagen für diesmal Tschüss und hoffentlich bis zum nächsten Mal.
00:53:33: Marko Tschüs
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