Der Traum von Timbuktu (Teil II)

Shownotes

"Tombouctou 52 jours": 52 Tage bis Timbuktu. So steht es auf einer Tafel des marokkanischen Städtchens Zagora. Zahllose Karawanen zogen einst von hier aus Richtung Süden, quer durch die lebensfeindliche Sahara. Für die meist arabischen Händler eine normale Geschäftsreise, für Europäer aber ein lebensgefährliches Abenteuer. So auch für den Schotten Alexander Gordon Laing.

Laing ist nicht der erste, der sich auf die Suche nach der sagenumwobenen Stadt Timbuktu macht. Zahlreiche Abenteurer vor ihm sind gescheitert, sie kehrten um, starben an Krankheiten oder verschwanden spurlos. Laing weiß, worauf er sich einlässt. Bevor er 1825 aufbricht, lernt er deshalb, wie er mit der linken Hand, oder zur Not auch mit den Zehen einen Brief schreiben kann.

Hätte er diese Fähigkeiten nicht trainiert, wir hätten nie erfahren, dass der schottische Abenteuerreisende die sagenumwobene Stadt Timbuktu erreicht hat. Denn Laing wird nicht wiederkehren - und bis heute sind die meisten seiner Aufzeichnungen und Schätze verschollen, die er aus der goldenen Stadt mitbringen wollte.

Martin Herzog erzählt seinem Kollegen Marko Rösseler im zweiten Teil von den zahlreichen europäischen Abenteurern und Forschern, die auf der Suche nach der Route nach Timbuktu scheiterten und oftmals dabei ihr Leben ließen. Auf der Reise nach Timbuktu werden Martin und Marko auch diesmal begleitet von Frank T. Kryza - Buchautor und Afrika-Kenner.

Wichtige Links:

Hier geht es zum ersten Teil: Der Traum von Timbuktu: Salz, Gold und Sklaven - Mansa Musas riesiger Reichtum

Hier geht es zu Martins WDR-Zeitzeichen über die Reise nach Timbuktu.

Buchtipp: Frank T. Kryza: The Race for Timbuktu. In Search of Africas City of Gold. Ecco 2006

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Transkript anzeigen

Geschichtsmacher - Timbuktu II

00:00:05: Marko liest Alexander Gordon Lang Inshalla - 3. November 1825. Endlich, mein lieber Konsul, kann ich sagen, dass ich auf dem Weg nach Timbuktu bin. Die Kamele sind beladen und warten auf mich, während ich dies schreibe. Letztlich geht es los und mit Gottes Hilfe werde ich in 40 Tagen in der lang gesuchten Stadt schlafen.

00:00:28: Martin So schreibt es der Schotte Alexander Gordon Lang an seinen Schwiegervater, den britischen Konsul in Tripolis. Der gute Gordon Lang ist einer von Dutzenden Abenteurern, die im 18. und 19. Jahrhundert versuchen, die sagenhafte Stadt im Herzen Afrikas zu erreichen. Und alle bislang erfolglos.

00:00:48: Marko Kommt mit, wir bringen euch durch die Wüste nach Timbuktu.

00:00:51: Martin Herzlich willkommen bei...

00:00:53: Intro Die Geschichtsmacher. Von Autorinnen und Autoren des Zeitzeichens.

00:01:10: Marko Herzlich willkommen bei unserem zweiten Ansatz, endlich Timbuktu zu erreichen.

00:01:15: Martin Ja, lange hat es gedauert, bis wir an dieser Stelle angekommen sind, nämlich eine ganze Folge. Aber Timbuktu zu erreichen hat ja auch in Wirklichkeit sehr lange gedauert.

00:01:23: Marko Eine Stadt von unermesslichen mythischen Reichtum, deren Straßen mit Gold gepflastert sind. Und seit dem Mittelalter hat es kein Europäer gesehen und auch nicht dahin geschafft. Oder wenn er es geschafft hat, dann hat er es nicht wieder zurück geschafft.

00:01:38: Martin Ja. Aber trotzdem hat Timbuktu die Phantasie der Europäer beflügelt. Oder vielleicht genau deswegen, weil es eben keiner geschafft hat. Man hat davon gehört. Es gibt zahlreiche glaubwürdige Berichte. Es muss diese Stadt geben. Händler reisen dahin, afrikanische Händler, Karawanen - hin und her - und bringen Güter nach Timbuktu und kommen mit Gütern von Timbuktu. Also irgendwie muss es einen Weg geben dahin. Nur den zu finden das ist die Herausforderung.

00:02:07: Marko Und nun soll kurz vor der Französischen Revolution in England im Jahre 1788 ein Mann in einer Kneipe irgendwie eingeschlagen haben, den Weg Richtung Timbuktu zu gehen. So hast du es angekündig, Martin.

00:02:21: Martin In der letzten Folge. Ja, so ähnlich ist es gewesen. Also wir müssen jetzt erst mal nach London, in ein Hinterzimmer, altehrwürdige Taverne in der Nähe der Pall Mall. Das ist die Prachtstraße, die zum Buckingham Palace führt. Und da in der Nähe, da gibt es bis heute zahlreiche Gentlemen's Clubs und da gab es unter anderem den Saturdays Club...

00:02:41: Marko Gentlemen's Club. Ja, das klingt ein bisschen unanständig. Was ist das?

00:02:45: Martin Das ist im Englischen gar nichts Unanständiges, sondern es sind Clubs, wo sich die - ich sag einmal - Reichen, Adeligen (und bisweilen auch nichtsnutzigen Herren der Gesellschaft) treffen und dort ihre Zeit miteinander verbringen und Zeitung lesen, politische Diskussionen führen, Kontakte knüpfen, Netzwerke stricken und vor allen Dingen unter sich sind.

00:03:09: Marko Und was passiert jetzt in diesem Club am 9. Juni 1788?

00:03:14: Martin Da treffen sich neun erlauchte Londoner um den Naturforscher Sir Joseph Banks. Der ist Präsident der Royal Society.

00:03:23: Marko Das ist ein sehr, sehr exklusiver Club.

00:03:25: Martin Absolut. Und der - das fand ich sehr schön - Society of Dilettanti. Also der Amateurgesellschaft, könnte man es. Okay. Avanti, Dilettanti. Da ist er auch, der Vorsitzende davon.

00:03:38: Marko Aber das ist, glaube ich, das hat einen anderen Einschlag als heute.

00:03:41: Martin Ja, ja, natürlich.

00:03:42: Marko Es sind Menschen, die es sich leisten können, in ihrer Freizeit zu dilettieren. Es ist nicht ihr Hauptberuf, sondern sie machen das sozusagen aus - ja, weil sie es können, ne.

00:03:52: Martin Ja, weil sie sich leisten können, im wahrsten Sinne des Wortes.

00:03:56: Marko Also das ist nicht negativ gemeint.

00:03:58: Martin Nein. Genauso wie Amateur auch nicht negativ ist. Also Amateur: die Liebe zur Sache sozusagen, die da gepflegt wird.

00:04:06: Marko Heute ist es ja eher abwertend - du Dilletant, du Amateur.

00:04:09: Martin Genau. In dem Fall aber eben nicht. So: Joseph Banks, Sir Joseph Banks ist gelernter Botaniker, ein enger Freund von Captain James Cook, den wir alle kennen. Und der hat den James Cook bei der ersten Weltumseglung auch begleitet.

00:04:24: Marko Also vielleicht kennt ihn ja nicht ganz jeder. Also James Cook, bekannter Weltumsegler, hat die Südsee erforscht, ist auch in der Südsee ums Leben gekommen.

00:04:34: Martin Ja. Also Südsee, Australien, er ist weit rumgekommen und ist in der Zeit auch schon ja zu einem mythologischen Held aufgestiegen. Von dem hat man gelesen, der Typ war ein Superstar. Und dieser Sir Joseph Banks hat ihn eben bei seiner ersten Weltumseglung auch begleitet, daher kannten die sich und na ja, Mann, Mann, Mann, sieht schon. Also die Briten kannten die Weltmeere hervorragend - Seefahrer-Nation, klar. Aber das Innere von Afrika war komplett unbekannt. Da haben wir ja in der letzten Folge auch schon drüber gesprochen, dass da riesige weiße Flecken waren und man im Prinzip nichts wusste über das Innere des schwarzen Kontinents, wie das damals so hieß. Das war natürlich ein unhaltbarer Zustand. Und was macht der Engländer in so einem Fall? Er gründet eine Gesellschaft, und zwar zur Förderung und zum Ruhm der Wissenschaft bei der Erforschung Afrikas. Und wenn sich dabei das eine oder andere Geschäft ergibt, umso besser. Und ein Gründungsdokument ist das also auch noch mal formuliert. Marko, wenn du da mal möchtest.

00:05:37: Marko liest Gründungsurkunde Die Mitglieder beschließen, da keine Art von Informationen sehnlicher erwünscht ist oder allgemein nützlicher ist als die, welche die Wissenschaft der Geografie verbessert, und da der riesige Kontinent Afrika immer noch in einem großen Maße unerforscht ist, bilden die Mitglieder dieses Vereins eine Assoziation zur Förderung der Entdeckung der inländischen Teile dieser Ecke der Welt.

00:06:03: Martin Ja, bekannt geworden ist diese Gesellschaft als African Association. Punkt ist natürlich: Afrika ist groß. Man muss man sich Ziele setzen. Und ganz oben auf der Liste war der Fluss Niger. Also die Erforschung des Flusses, besser gesagt oder genauer gesagt, seiner Quelle. Und die großen Städte an seinen Ufern, namentlich Timbuktu.

00:06:26: Marko Also, man wusste schon, dass das am Niger liegen muss. Das war klar?

00:06:29: Martin Das war kar. So. Und die haben auch jetzt nicht lange gezögert und nicht lange rumgemacht, sondern haben sofort damit begonnen, nach Leuten Ausschau zu halten, denen sie zutrauten, nach Timbuktu zu kommen, zu gelangen und haben deren Expeditionen dann finanziert. Also diese neun Leute, die sich da getroffen haben, die waren nicht nur einflussreich, sondern hatten eben auch alle Geld an de Füße, wie du immer so schön sagst. Und der erste, den die gefunden haben, das war der Amerikaner John John Ledyard. Einen Monat nach dem Treffen in der Londoner Taverne zog Ledyard los Richtung Timbuktu.

00:07:03: Marko Also ohne, ohne Vorbereitung?

00:07:05: Martin Ja. Also jedenfalls nicht so wahnsinnig lang. Also, Ledyard ist kein unbeschriebenes Blatt. Der war bekannt. Thomas Jefferson zum Beispiel, einer der Gründungsväter der USA, der kannte ihn, hat ihn persönlich getroffen. Und der schreibt über ihn.

00:07:18: Marko liest Thomas Jefferson Im Jahre 1786 lernte ich in Paris John Ledyard aus Connecticut kennen. Ein Mann von Genie, Wissenschaft und furchtlosem Mut und Unternehmungsgeist. Er hatte James Cook begleitet und sich durch eine unvergleichliche Unerschrockenheit ausgezeichnet.

00:07:35: Martin Ja. Unvergleichliche Unerschrockenheit, aber wohl auch eine unvergleichliche Leichtsinnigkeit, muss man sagen. Er ist eben einen Monat nach der Gründung dieser Gesellschaft nach Kairo gereist und hat regelmäßig Berichte nach London geschickt. Aber die Abreise Richtung Timbuktu hat sich immer mehr verzögert, und irgendwann kamen gar keine Nachrichten mehr aus Kairo von Ledyard. Und ein paar Wochen später dann ein Brief vom britischen Konsul in Kairo.

00:08:01: Marko liest den Konsul von Kairo Ein Gallenleiden, die Folge lästiger Verzögerungen bei der versprochenen Abreise der Karawane hatte ihn veranlasst, die Wirkung einer zu starken Dosis Vitriol-Säure auszuprobieren. Das plötzliche Unwohlsein und der brennende Schmerz, die auf den unvorsichtigen Schluck folgten, zwangen ihn dazu, das stärkste Brechmittel der Tataren zu nehmen. Ein anhaltender Bluterguss machte die Gefährlichkeit der Situation deutlich. Er wurde ehrenvoll in der Nähe derjenigen Engländer beigesetzt, die ihre Tage in der Hauptstadt Ägyptens beendet hatten.

00:08:38: Tja. Vitriol, das hat wohl was mit Schwefelsäure zu tun. Also, das hat er da wohl geschluckt. Und dementsprechend war dann sein Ende mehr oder weniger unausweichlich. Also der erste Versuch ein ziemlicher Reinfall offensichtlich. Der hat es nicht lange überlebt, der gute John Ledyard.

00:08:53: Marko Der Nächste, bitte.

00:08:54: Martin Genau so. Also der nächste Kandidat kommt. Und in den folgenden 30 Jahren stattet die African Association neun Expeditionen, habe ich gefunden, vIelleicht sind es auch mehr gewesen, aber auf jeden Fall sind es neun gewesen, um nach Timbuktu zu gelangen. Wir können das ja mal so gerade Revue passieren lassen.

00:09:16: Marko 1788 - John Ledyard stirbt in Kairo kurz vor seinem Aufbruch Richtung Timbuktu.

00:09:23: Martin 1789 - Simon Lucas kehrt nach zehn Monaten unverrichteter Dinge wieder nach England zurück.

00:09:29: Marko 1791 - Daniel Horton ermordet von einheimischen Händlern.

00:09:34: Martin 1795 Mungo Park dringt als erster Weißer bis zum Fluss Niger vor, muss aber umkehren.

00:09:40: Marko 1797 Friedrich Hornemann schließt sich als Araber verkleidet einer Karawane an und verschwindet spurlos.

00:09:48: Martin Friedrich Hornemann, wie man vermutet, ist ein Deutscher gewesen. 1805 - Mungo Park....

00:09:55: Marko Hatten wir doch schon mal.

00:09:56: Martin Ja, genau. Der hat also erst mal, als er zurück gekommen ist -obwohl er ja nicht nach Timbuktu gekommen ist - hat er erst mal ein Buch geschrieben, wie man das so macht und...

00:10:03: Marko Wie ich nicht nach Timbuktu kam.

00:10:06: Martin Er hat es dann etwas anders genannt: "Travels into the interior Districts of Africa" ist ein Bestseller geworden, sofort. Und hat dafür gesorgt, dass diese Gesellschaft, die von neun Leuten gegründet worden ist, ganz massiv an Zuwachs an Mitgliederzahlen verzeichnet hat. Und die African Society ist immer größer geworden. Es waren wirklich einflussreiche Leute bis hin zu Premierministern, die da Mitglied in dieser Afrikan Society gewesen sind. Dieser Mungo Park hat es dann eben noch mal versucht und ist auch spurlos verschwunden.

00:10:35: Marko Der Nächste bitte. 1805 - Henry Nicholls stirbt auf dem Weg, vermutlich an Malaria.

00:10:41: Martin 1815 - Major John Paddy stirbt an so genanntem Küstenfieber.

00:10:45: Marko 1816 James Hingston Tuckey versucht es durch den Kongo, kehrt aber um und stirbt auf dem Rückweg.

00:10:53: Martin 1817 - Jean Louis Burckard - ist ein Schweizer gewesen - entdeckt die Statuen von Abu Simbel, reist den Nil so weit hinauf wie kein Europäer vor ihm und kommt bis nach Mekka. Kehrt aber nach Kairo zurück, erkrankt an der Ruhr und stirbt.

00:11:08: Marko Tja, ist aber irgendwie auch die falsche Richtung, oder?

00:11:10: Martin Was denn?

00:11:11: Marko Also Mekka liegt ja.

00:11:12: Martin Ja, da ist er dann, glaube ich, irgendwie ein bisschen vom Weg abgekommen. Ich ich kann es dir nicht genau sagen. Also das ist die Liste derjenigen, die es versucht haben 30 Jahre lang und es eben nicht geschafft haben und meistens dann eben auch mit dem Leben dafür bezahlt haben. Und dann kam Alexander Gordon Laing.

00:11:32: Marko Ein Schotte...

00:11:32: Martin Ein Schotte, genau, aus Edinburgh. Am 27. Dezember 1793 ist er geboren, also fünf Jahre nachdem diese Gesellschaft sich gegründet hat. Es gibt auch Quellen, die sagen 1794 ist er geboren worden? Man weiß es nicht ganz genau. Beide Eltern hatten einen akademischen Hintergrund. Der Vater war ein beliebter Schuldirektor in einer Privatschule, die ihm auch gehört hat. Die Mutter stammte eben auch aus einer Akademikerfamilie, und Alexander Gordon wurde auf Eliteschulen geschickt und hat sich schon als Kind begeistert für Forscher und Entdecker.

00:12:08: Marko list Alexander Gordon Laing In meinen freien Stunden las ich Reiseberichte. Besonders Robinson Crusoe beflügelte meine junge Phantasie. Solche Abenteuer wollte ich bestehen. Ja, in meinem Herzen spürte ich bereits den Ehrgeiz, selbst eine wichtige Entdeckung zu machen.

00:12:23: Marko Nun muss man sagen: Robinson Crusoe ist Phantasie.

00:12:26: Martin Ja, richtig. Aber er war eben auch ein Fan von eben erwähntem James Cook. Und der war eben keine Phantasie. Diese Reiseberichte, die der geschrieben hat und veröffentlicht hat, das war für die damalige Zeit pure Science Fiction, also Berichte über Australien. Das war auch wieder so weit weg wie der Mond für uns heute. Laing war total fasziniert von diesen Berichten aus fremden Welten und er hat sich dann gleich ans Werk gemacht und schon als Junge Landkarten studiert und Orte markiert und Reiserouten eingezeichnet, hat Zeitpläne entworfen, wie lange man braucht, von wo nach wo, hat Finanzierungsberechnungen angestellt, Logistik überlegt Und ja, das ist natürlich toll - so als Junge träumt man sich da weg und macht vielleicht auch schon ganz konkrete Pläne. Aber wenn man da in Edinburgh steckt zu dieser Zeit, dann ist das alles natürlich ein bisschen schwierig, weil Schottland damals eher trostlos gewesen ist, sehr arm, insgesamt schmutzig und dann noch viel Regen. Und dann ist die Frage Was tust du, wenn du jung und abenteuerlustig bist?

00:13:30: Marko Wenn man ein Brite ist und er ist auch als Schotte ein Brite, dann heuert man natürlich bei der Royal Navy an.

00:13:37: Martin Genau so ist es. Und das tut er mit 17, da hat er sich dann eingeschrieben bei der Royal Navy und ist dann auf das nächste Schiff, ab nach Barbados oder Barbados, wie der Deutsche gerne sagt. Und das ist ganz fein, wenn man das macht, aber eigentlich auch nur dann zu dieser Zeit, wenn man Geld hat und Verbindungen. Ansonsten ist es bei der Navy nicht so wirklich lustig und da ist es natürlich gut, dass sein Onkel auf Barbados diente und dafür gesorgt hat, dass er zur leichten Infanterie in Antigua kam. Und dann nach Jamaika.

00:14:10: Marko Lauter Traumziele.

00:14:11: Martin Ja, und damals auch schon. Also wenn man da Offizier war und auf Jamaika stationiert war, dann war das eine sehr angenehme Geschichte. Und er ist dann auch eben befördert worden, ist zum Militärattache aufgestiegen und 1819 dann mit seiner Einheit nach Westafrika versetzt worden. Und das hat ihn völlig geflasht.

00:14:31: Marko liest Gordon Laing Seit vielen Jahren habe ich den starken Wunsch, in das Innere Afrikas vorzudringen, und dieser Wunsch ist seit meiner Ankunft an der Küste noch stärker.

00:14:41: Martin Ja, so schreibt er, als er mit der Navy zum ersten Mal in Afrika ankommt. Von der Elfenbeinküste aus hat er dann einige Vorstöße ins Landesinnere geführt und Bekanntschaft gemacht mit einigen mächtigen Stammeshäuptlingen, so schreibt er das stolz nach Hause. Und er trägt auch dazu bei, den Gold und Elfenbeinhandel zu fördern. Aber irgendwann stockt es mit seiner militärischen Karriere.

00:15:08: Marko Hat er was verbockt? Hat er was gemacht?

00:15:10: Martin Na ja, also teilweise liegt's wohl daran, dass seine Förderer, die ihn protegiert haben in der Armee sterben. Die sind einfach nicht mehr da und können die Hand über ihn halten. Teilweise hat das eben auch damit zu tun, dass das notwendig ist, weil er bisweilen das an den Tag legt, was man im Englischen eine "Attitude" nennt, also eine, ja vorlaute Haltung, könnte man sagen. Also der hat es nicht so mit Hierarchien, er lässt sich nicht alles sagen und befehlen und gibt Widerworte, hat insgesamt auch ein ziemlich großes Ego. Und das sind alles Charaktereigenschaften, die in der Armee nicht so richtig gerne gesehen sind. Und deswegen wird er 1824 nach London zurückbeordert und dort legt er sich mit seinen Vorgesetzten an und das ist dann noch mal gar nicht so gut für seine Karriere. Die ist vorbei. Und dann kommt er in Kontakt mit Joseph Banks und der African Society und bekommt tatsächlich einen offiziellen Auftrag der britischen Regierung, Timbuktu zu finden. Die sind also immer noch dabei, Leute zu suchen, und denken jetzt, dieser Alexander Gordon Laing ist der Richtige und deswegen wird er unterstützt und finanziert von der African Society. Die britische Regierung gibt auch noch ein bisschen Geld mit. Und Laing, ich sage das gerade, hat ein ordentlich großes Ego und er ist überzeugt, dass er es schaffen kann. Vor allem ist er von sich selbst überzeugt. Das hat mir Frank Kryzer erzählt, der ein Buch geschrieben hat, wir hatten ihn in der vergangenen Folge schon, ein Buch geschrieben über das #"Rennen nach Timbuktu".

00:16:44: O-Ton Frank Kryzer Auf Englisch

00:18:30: Martin Also Frank Kryzer sagt, dass Laings Ehrgeiz grenzenlos war und sein persönlicher Glaube an sich selbst eben genauso grenzenlos. Und er glaubte, dass alle früheren Entdecker, die versucht hatten, Timbuktu zu erreichen, eben nicht in den Mut, die gleiche körperliche Kraft und die gleiche Kenntnis der Region besaßen wie er. Und er hatte natürlich auch einen Vorsprung. Er hatte Erfahrung. Er war fast zehn Jahre in Afrika stationierte, bevor er seine Reise nach Timbuktu antrat. Als Militär war er eben auch sehr diszipliniert und er sagt: Es ist kaum anzunehmen, dass man die Größe von Gordon Laings Ego unterschätzen kann. Eine andere Sache ist, dass er zwar Geld nie abgelehnt hat, wenn es ihm angeboten wurde, aber seine Hauptmotivation bei der Suche nach Timbuktu der Fortschritt der Wissenschaft war, seine Fähigkeit, eine Stadt zu finden, die nie von Europäern betreten worden war, und dann Karten von der Stadt mitzubringen. Karten vom Niger. Er hat viel Zeit damit verbracht, bei seiner Stationierung in Afrika den Ursprung des Nigers zu finden und Laing war eben nicht nur Soldat, sondern auch Wissenschaftler. Und er hatte wohl das Gefühl, dass seine Motive rein waren. Und er dachte, dass er besser wäre und alles anders machen würde als alle anderen vor ihm.

00:19:43: Marko Alles Luschen vor mir, die da gestorben, nicht zurückgekommen, erkrankt, beerdigt auf afrikanischem Boden sind - alles Luschen.

00:19:51: Martin Ja, man sieht schon ein ganz bescheidener Mensch. Also was auf jeden Fall stimmt: Laing geht die Sache anders an als die meisten seiner Vorgänger. Als Startpunkt haben, das haben wir in der letzten Folge gesehen, die meisten waren erst mal in Kairo und dann haben sie irgendwie geguckt, wie sie so weiterkommen.

00:20:09: Marko Was mich schon ein bisschen gewundert hat, weil da ist ja der Weg eigentlich mit am längsten durch in innere Land.

00:20:13: Martin Und das ist genau der Punkt. Er wählt einen Weg, der fast noch länger ist als von Kairo aus. Er wählt Tripolis als seinen Ausgangspunkt, also Tripolis im heutigen Libyen, an der Nordküste Afrikas. Und seine Vorgänger haben erst mal als erste Anlaufstelle Kairo gehabt und sind dann oft aber auch weitergereist um den afrikanischen Kontinent herum und haben es dann von Westen her versucht, weil sie gedacht haben, da ist der Weg kürzer. Ist ja auch erst mal auch eine naheliegende Annahme. Ich gucke, dass ich dahin komme auf dem kürzesten Weg.

00:20:48: Marko Was würde man denn sagen? Normalerweise würde man doch sagen, der Niger mündet in den Atlantik. Ich würde einfach den Niger hochfahren. Irgendwann komme ich nach Timbuktu.

00:20:57: Martin Ja, so haben sich das auch einige gedacht. Das war naheliegend, diese Überlegung aber nicht unbedingt schlauer. Da kommen wir gleich noch dazu. Er ist allerdings auch, das muss man auch sagen: Alexander Gordon Laing war so gut vorbereitet auf das Abenteuer wie wenige seiner Vorgänger. Er spricht fließend Arabisch.

00:21:17: Marko Was gut ist.

00:21:18: Martin Was gut ist. Und er lernt, mit der linken Hand zu schreiben und angeblich sogar mit dem Stift zwischen den Zähnen.

00:21:25: Marko Das ist natürlich überlebenswichtig.

00:21:28: Martin Na ja, schauen wir mal!

00:21:31: Marko Also: Jetzt mal ehrlich, wenn man... das klingt ja so, als würde er sich das angewöhnen, falls sie ihn irgendwie fesseln, keine Ahnung, dann kannst du noch mit den Zehen schreiben. Ist das denn wirklich sinnvoll?

00:21:42: Martin Da würde ich sagen, da warten wir die Geschichte mal ab. Also er bereitet sich jedenfalls darauf vor, auf mögliche Krankheiten, Unfälle, Überfälle, die passieren könnten. Denn es ist klar, dass egal auf welchem Wege man versucht, nach Timbuktu zu gelangen, das eben überall auf dem Weg Räuber und Wegelagerer warten konnten. Das wusste man aus vorherigen Versuchen nach Timbuktu zu kommen. Und dem entsprechend wollte er vorbereitet sein, falls irgendwie mal was mit seinem rechten Arm passiert, damit er dann immer noch eine Möglichkeit hat, seine Erfahrungen und Beschreibungen niederzuschreiben.

00:22:21: Marko Zur Not auch mit den Zehen.

00:22:22: Martin Zur Not mit den Zehen. Also Laing verlässt England im Februar 1825 und reist nach Tripolis, lernt dort die Tochter des dortigen britischen Konsuls kennen.

00:22:32: Marko Ein ziemlicher Feger.

00:22:35: Martin Da habe ich keine Informationen darüber, ehrlich gesagt.

00:22:38: Marko Das klingt jetzt so ein bisschen so, als würde man - da lernt er die Tochter kennen...

00:22:42: Martin Und heiratet sie.

00:22:43: Marko Siehst du...

00:22:43: Martin Da also Feger oder nicht? Auf jeden Fall heiratet er sie noch schnell, und zwar am 16. Juli 1825 und macht sich zwei Tage danach auf die Reise nach Timbuktu.

00:22:54: Marko Na, da wird sie sich ja gefreut haben.

00:22:57: Martin Ja, also es gab dann auch noch so eine Vereinbarung tatsächlich, dass die Ehe erst dann vollzogen wird, wenn er wieder zurückkommt.

00:23:05: Marko Das finde ich anständig.

00:23:06: Martin Ja, also es ging auch darum, dass er sich dann auch auch in der Fremde anständig verhält. Nun, ob das irgendwie ein Mittel gewesen ist, um dieses Ziel zu erreichen, weiß man nicht. Aber jedenfalls so war es ja. Also am 18. Juli 1825 startet er von Tripolis aus in Richtung Timbuktu.

00:23:25: Marko Allein?

00:23:27: Martin Oder mit anderen? Nein, er war natürlich nicht allein. Sondern er hat sich einer Karawane angeschlossen.

00:23:34: O-Ton Frank Kryzer Englisch

00:24:58: Martin Also Laing hat eben nicht versucht, allein durch die Wüste zu kommen, sondern er hat eine Karawane zusammengestellt von Libyern, die die Wüste schon dutzende Male durchquert hatten. Und Frank Kryzer sagt: Für die war die Durchquerung der Sahara nicht mehr als eine Unannehmlichkeit. Macht man halt. Und diese Karawane bestand aus etwa 20 Kamelen, Zelten und einem Vorrat an Lebensmitteln, der doppelt so lange reichte, wie sie voraussichtlich unterwegs sein sollten. Und das war ein enormer Sicherheitsfaktor, den er da mit einbezogen hat. Die Wüste mit Leuten zu durchqueren, die das eben schon dutzende Male gemacht hatten. Und das ist das, worauf Frank Kryzer hinweist, der sagt: Seit Jahrhunderten hat es eben Menschen gegeben, die Waren aus Timbuktu zum Verkauf anbieten. Und die Arroganz der Europäer war es, immer wieder zu versuchen, Timbuktu von der Atlantikküste aus zu erreichen, weil sie halt dachten, das ist der kürzere Weg in die Stadt, während in Wirklichkeit die Menschen seit Jahrhunderten von Libyen und Ägypten nach Timbuktu gereist sind und immer sicher zurückkehrten, weil sie den langen Weg nahmen, den ganz langen Weg von Libyen aus - so weit von Timbuktu entfernt, wie man sich dann nur vorstellen kann auf dem afrikanischen Kontinent. Und Laing beschlossen deshalb, weil das eben die Menschen seit Jahrhunderten so gemacht haben, dass er das auch so macht, auf der längsten möglichen Route zu reisen, aber eben auch auf der sichersten Route.

00:26:22: Marko Na ja, wir hatten ja in der vorigen Folge drüber gesprochen, dass das natürlich naheliegt, dass man sich einer Karawane anschließt, aber das hat ja offenbar bis dahin niemand getan. Und dafür hatten wir so ein paar Gründe uns ausgedacht und dann überlegt: Ja, vielleicht will ja überhaupt niemand einen Europäer mitnehmen. Jetzt geht es offenbar.

00:26:40: Martin Ja und seine Vorgänger, die jetzt eben in den 30 Jahren vorher unterwegs waren, die haben das teilweise auch gemacht. Aber das, was Frank Kryzer sagt, das ist jetzt natürlich auch so, so ein bisschen, ich will nicht sagen übertrieben. Aber es ist ein bisschen zugespitzt, um den Punkt klar zu machen. Natürlich gab es auch da Risiken. Also natürlich gab es auch auf den Karawanenrouten Wegelagerer und es gab Überfälle usw und so fort. Aber im Vergleich zum Versuch, über den Westen nach Timbuktu zu kommen, war das eben die weitaus sicherere Route. Weil du hattest den Dschungel, den du durchqueren musstest, um nach Timbuktu zu kommen. Und du hattest eine ganze Reihe von nicht freundlich gesinnten Stämmen, Nationen, Völkern, die dort ansässig waren.

00:27:26: Marko Na ja, also das kann man jetzt ja nicht als westliche Dummheit oder europäische Dummheit bezeichnen im Sinne von: Warum seid ihr denn so arrogant und geht nicht mit den Leuten, die es ständig machen? Man muss ja sagen, für die Leute, die das ständig machen, gibt es ja gar keinen Grund eigentlich nach Westen zu latschen, weil da ist der Atlantik. Also mit wem hätten sie denn da Handel treiben sollen? Auch wenn es vielleicht der kürzeste Weg war? Also ich finde es eigentlich sehr naheliegend, zuerst zu versuchen, irgendwie über Westen dahin zu kommen.

00:27:51: Martin Ja, aber es ist eben nicht Erfolg, es war nicht erfolgreich.

00:27:56: Marko Hat nicht geklappt, naja, hinterher ist man immer schlauer. Aber ja, gut. Also jetzt reist er da mit diesen ja ihm wahrscheinlich auch gar nicht so unbekannten Beduinen einmal quer durch die Wüste.

00:28:07: Martin Genau 2000 Meilen Sahara-Sand von Tripolis aus Richtung Süden, dann ein bisschen nach Westen und wieder nach Süden und wieder nach Westen. So ein bisschen treppenstufenartig. Ich habe dir mal die Karte mitgebracht von seiner Reiseroute. Also das ist nicht eine gerade Linie, kann man sagen. Hier ganz ja mal die anschauen, wie das so aussieht. Also da ist er lang, der Herr Laing.

00:28:31: Marko Ja, und erstaunlicherweise sind da Zacken drin, die versteht man als Europäer gar nicht. Wahrscheinlich sind diese Zacken da drin, weil man da Handel getrieben hat.

00:28:39: Martin Ja, ja, also das wird der eine Grund gewesen sein. Vielleicht gab es auch geographische Hindernisse oder topologische Hindernisse. Das kann ja auch sein.

00:28:47: Marko Das geht aus dieser sonst weißen Karte nicht hervor.

00:28:50: Martin Also es ist nur die Route tatsächlich eingezeichnet, die da so einmal diagonal vom Nordosten, von der Nordküste Afrikas bis eben in die Mitte Afrikas, sehr weit in den Westen reicht.

00:29:05: Marko Wie ist er denn gereist? Muss ich mir das so vorstellen, wie so ein westeuropäischer Eroberer mit so einem blöden Hut auf dem Kopf - so einem Tropenhelm?

00:29:15: Martin In so einer beigen Uniform...

00:29:16: Marko Mit so einer Pumphose. Und dann...

00:29:19: Martin Nein, so ist es nicht gewesen. Also er hat eben nicht nur Arabisch hervorragend gesprochen, sondern er hat eben auch alle Vorkehrungen unternommen, um da nicht allzu sehr als Westler, als Engländer und vor allen Dingen auch nicht als Christ aufzufallen.

00:29:33: Marko liest Gordon Laing Um bei der Reise durch dieses fremde Land Aufsehen zu vermeiden, trage ich ein türkisches Kostüm. Ebenso meine drei Begleiter. Unsere Kleider sind von einfachste Art, um keinen Neid zu erzeugen.

00:29:46: Martin Ja, so ist das.

00:29:47: Marko Kulturelle Aneignung!

00:29:49: Martin Ja, ich glaube, das war einfach eine Lebensversicherung zu dem Zeitpunkt. Da möchtest du nicht auffallen als jemand, der nicht in die Region gehört, der vielleicht Geld hat, was man ihm abnehmen könnte und der am Ende dann auch noch ein Ungläubiger ist, ein Christ.

00:30:05: Marko Kriegt der Ärger?

00:30:07: Martin Erstaunlicherweise erst mal nicht. Die Reise verläuft relativ unspektakulär, die durchqueren die Sahara eben diagonal, was wir eben besprochen hatten...

00:30:18: Marko Zicke Zacke.

00:30:19: Martin Und das Ganze dauert einige Monate. Immer wieder gibt es längere Aufenthalte in kleineren Städten, in Karawansereien, aber letztendlich läuft alles gut, bis sie den südlichen Rand der Wüste erreicht haben und der Dschungel beginnt. Und da werden sie von Tuareg-Nomaden überfallen. Am 10. Mai 1826. Wir reden also von zehn Monaten nach seiner Abreise. Da schickt Laing einen Brief nach Tripolis an seinen Schwiegervater.

00:30:49: Marko liest Laing Mein lieber Konsul, ich schreibe Ihnen auf diesem unsicheren Wege, nur um Ihnen mitzuteilen, dass ich mich von meinen schweren Wunden weit besser erhole als die hoffnungsvollsten Erwartungen es ahnen lassen konnten, und dass ich morgen Gott sei Dank von hier nach Timbuktu aufbreche. Wenn ich aus Timbuktu schreibe, werde ich genau erzählen, wie ich verraten und fast im Schlaf ermordet wurde. In der Zwischenzeit werde ich sie mit der Zahl und der Art meiner Wunden vertraut machen, insgesamt sind es 24. 18 davon überaus schwer. Ich habe fünf Säbelhiebe auf den Scheitel und drei auf die linke Schläfe erhalten, einer auf der linken Wange, der den Kieferknochen gebrochen und das Ohr gespalten hat. Eine sehr hässliche Wunde. Eine weitere über der rechten Schläfe und eine schreckliche Wunde am Hals. Die Luftröhre ist leicht verletzt. Eine Musketen-Kugel in der Hüfte, fünf Säbelschnitte am rechten Arm, die Hand 3/4 durchtrennt. Aber wie gesagt, es geht mir gut und ich hoffe, mit vielen wichtigen geographischen Informationen nach England zurückkehren zu können. Die Karte bedarf in der Tat noch vieler Korrekturen und ich werde - Gott sei Dank - noch viel daran arbeiten, sie zu verbessern.

00:32:12: Marko Ja, also eigentlich noch ein lebendes Stückchen Gehaktes.

00:32:16: Martin Ja.

00:32:16: Marko Ja oder er übertreibt wahrscheinlich maßlos.

00:32:21: Martin Nein, das ist eher unwahrscheinlich. Denn zumindest was seine Hand betrifft, seine rechte Hand, die ist nicht mehr zu retten. Und die muss amputiert werden.

00:32:32: Marko Oh.

00:32:33: Martin Ja. Und jetzt kommst du noch mal mit der Frage, warum er gelernt hat, mit links zu schreiben.

00:32:38: Marko Als hätte er es geahnt.

00:32:40: Martin Ja, also es hat sich letztendlich ausgezahlt.

00:32:44: Marko Aber jetzt mal ganz ehrlich, wo gibt man in so einem Brief auf?

00:32:47: Martin Er hat eine ganze Reihe von Briefen zurückgeschrieben nach Tripolis und auch nach London. Und die sind dann, ich weiß es auch nicht sicher, ich nehme an, an Karawanserei, da trifft man dann Karawanen, die in die Gegenrichtung ziehen, und dann gibt man Leuten, denen man vertraut, diese Briefe dann wieder mit. So wird das wohl funktionieren, nehme ich mal an, weil eine reguläre Post hat es ja da eher nicht gegeben.

00:33:10: Marko Also Post kommt an, aber irgendwie offenkundig - er selber nur schwer oder nur in Teilen.

00:33:15: Martin Also in größeren Teilen, also mehr oder weniger am Stück reist er dann noch Richtung Timbuktu weiter und kommt auch tatsächlich an, und zwar am 18. August 1826, also über ein Jahr, nachdem er abgereist ist. Aber er kommt da an und wird nicht wirklich freundlich aufgenommen und deswegen hat er auch nicht viel Zeit, um sich in Timbuktu umzugucken. Nach knapp sechs Wochen schreibt er nach Tripolis.

00:33:49: Marko Timbuktu. 21. September 1826. Mein lieber Konsul, ein sehr kurzes Schreiben muss dazu dienen Sie und meine liebste Emma über meine Ankunft in und meine Abreise aus der großen Hauptstadt Zentralafrikas zu informieren. Ersteres geschah am 18. vorigen Monats. Letzteres wird - Gott sei Dank - morgen früh stattfinden. Meine Lage in Timbuktu ist äußerst unsicher geworden durch die unfreundliche Haltung der Fulas von Massina, die in diesem Jahr die Herrschaft der Tuareg gestürzt und sich selbst zu Schutzherren von Timbuktu gemacht haben und durch deren Sultan Bello, der seine Feindseligkeit mir gegenüber nicht unmissverständlich zum Ausdruck gebracht hat. Mein Ziel ist Sego, wo ich in 15 Tagen einzutreffen hoffe. Aber ich bedaure sagen zu müssen, dass der Weg abscheulich ist und meine Gefahren noch nicht zu Ende sind. Aber ich vertraue auf Gott, der mich bisher inmitten der schwersten Prüfungen getragen und inmitten der zahlreichen Gefahren, denen ich ausgesetzt war, beschützt hat. Ich habe keine Zeit, ihnen von Timbuktu zu berichten, aber ich möchte kurz feststellen, dass die Stadt in jeder Hinsicht, mit Ausnahme der Größe, die vier Meilen im Umfang nicht überschreitet, meine Erwartungen voll erfüllt hat. Ich war während meines Aufenthaltes eifrig damit beschäftigt, die reichlich vorhandenen Aufzeichnungen in der Stadt zu durchsuchen und Informationen aller Art zu beschaffen. Und ich kann mit allgemeiner Zufriedenheit sagen, dass meine Ausdauer reichlich belohnt wurde. Ich bin nun überzeugt, dass meine Hypothese über die Quellen des Niger richtig ist. Möge Gott sie alle segnen.

00:35:39: Martin Tja. Also er zeigt sich nicht enttäuscht von dem, was er da vorfindet. Und das ist ein bisschen seltsam. Denn es ist schon zu dieser Zeit klar, dass Timbuktu lange nicht mehr die goldene Stadt Afrikas ist, von der ganz Europa geträumt hat. Das sagt jedenfalls mein Interviewpartner und Buchautor Frank Kryzer.

00:36:03: O-Ton Frank Kryzer Englisch

00:37:17: Martin Die Wahrheit ist natürlich sagt Frank Kryzer, dass das Goldene Zeitalter von Timbuktu schon Jahrhunderte vor Alexander Gordon Laings Eintreffen vorbei war. Es gab kein Gold, es war eine verwahrloste Stadt. Und in den Jahren, die seit Alexander Gordon Laings Besuch in Timbuktu vergangen sind, ist es noch viel schlimmer geworden. Also bis heute. Aber Laing war nicht enttäuscht, denn genauso wie die Weltraumforscher keine Goldbarren vom Mond mitgebracht haben, hat Laing auch nicht erwartet, dass er da jetzt irgendwie Gold finden würde. Oder es hätte ihn auch nicht glücklich gemacht. Der Grund, warum er dort war, waren die Moscheen in Timbuktu. Und detailliert zu beschreiben, was die Imame aus den Moscheen, mit denen er dort gesprochen hat, was die erzählen würden. Er wollte ein wissenschaftliches Porträt dieses Teils von Afrika erstellen und damit natürlich dann auch seinen eigenen Ruf für den Rest seines Lebens begründen als wichtige Figur bei der Erforschung und Kolonisierung des afrikanischen Kontinents. Das war seine Motivation. Also er war sehr ehrgeizig in dem Sinne, dass er seinen eigenen Bekanntheitsgrad fördern wollte, aber dass er besonders an Geld interessiert war, sagt Frank Kryzer. Das glaubt er nicht. Laing wollte Ruhm.

00:38:32: Marko Nun hat er ja Timbuktu nur unter größten Entbehrungen und auch schwer verletzt erreicht. Hat er denn diesen Ruhm jemals ernten können?

00:38:43: Martin Ja, also er hat in den sechs Wochen, in denen er in Timbuktu war, hat er sich viele Notizen gemacht, hat Dokumente gesammelt, ist damit wohl auch mit Kisten voller Dokumente aus Timbuktu abgereist. Da kann man sich dann natürlich auch fragen: Was waren das denn für Dokumente und wem gehörten die vielleicht? Aber er ist auf jeden Fall abgereist aus Timbuktu am Tag, nachdem er diesen Brief nach Hause geschickt haben, den wir eben zitiert haben. Und das war das letzte Lebenszeichen von Alexander Gordon Laing.

00:39:13: O-Ton Frank Kryzer Englisch

00:40:16: Martin Tja, es scheint, dass seine Karawane auf dem Rückweg zur Küste überfallen wurde und dass er getötet wurde und alle Papiere verloren gingen. Frank Kryzer meint, vielleicht tauchen sie irgendwann wieder in einer versteckten Truhe auf. Es könnte ja sein, diese Papiere, die er hatte. Alle Notizen, die er während seines sechswöchigen Aufenthalts in Timbuktu gemacht hat, sind verloren gegangen, und davon ist nichts übrig. Nur eben diese Briefe, die er vorher und dann eben dieser eine, den er in Timbuktu geschrieben hat, die dann den Weg bis nach Europa gefunden haben. Ein Jahr nachdem Alexander Gordon Laing verschwunden ist, ist dann ein Franzose namens René Caillié der erste Europäer gewesen, der Timbuktu besucht hat und dann eben auch wieder nach Europa zurückgekehrt ist. Und beide Männer haben zusammen dann den Preis der französischen Geographischen Gesellschaft gewonnen, als erste Europäer seit Jahrhunderten Timbuktu erreicht zu haben. Die hatten da einen Preis ausgeschrieben? Ja, natürlich, Laing war tot und er erhielt den Preis posthum. Und er genoss nie den Ruhm und die Bekanntheit wie René Caillie, der Timbuktu eben besucht hatte und aber zurückgekehrt war und deswegen seine Geschichte erzählen konnte.

00:41:37: Marko Na ja, nun müssen wir sagen, vorher auch all die Reisenden, die auf dem Weg nach Timbuktu verschollen, verloren gegangen sind, von denen wissen wir ja auch nicht, ob sie vielleicht Timbuktu sogar erreicht haben. Und das ist ja toll, dass er noch ein Brief schreiben konnte. Das ist vielleicht sein Verdienst, dass er das noch hingekriegt hat. Aber vielleicht haben es die anderen ja auch gesagt, wir wissen es nicht.

00:42:00: Martin Na ja, wie in der Geschichte das oftmals so ist: Viele Dinge weiß man nicht, wer der Erste gewesen ist. Bei Alexander Gordon Laing weiß man, dass er auf jeden Fall da gewesen ist. Bei den anderen weiß man es eben nicht. Bei ihm ist es klar. Und damit ist er der erste Europäer, der nach Jahrhunderten zumindest diese versteckte Stadt gefunden hat, auch wenn diese Stadt eben nicht das goldene Paradies war, das sich die Europäer erträumt haben.

00:42:27: Marko So ist es ja oft mit Zielen, die man sich im Leben steckt. Wenn man dann einmal da ist, ist es vielleicht gar nicht so toll.

00:42:34: Martin Wie man im Englischen sagt. Be careful what you wish for.

00:42:37: Marko Wenn euch diese Folge der Geschichtsmacher gefallen hat, dann sagt es allen Afrikareisenden.

00:42:43: Martin Allen Forschern und Entdeckern.

00:42:45: Marko Allen, die neugierig sind auf fremde Kulturen.

00:42:48: Martin Allen Goldsuchern und Suchen nach mythischen Orten.

00:42:53: Marko Und allen Glücksrittern dieser Welt.

00:42:55: Martin Und wenn es euch nicht gefallen hat, dann sagt es uns aber bitte nur uns... .

00:43:00: Marko Steckt sie in einen Umschlag, gebt ihn einer Karawane zurück und alles wird gut.

00:43:05: Martin Das könnte ein bisschen länger dauern, bis er bei uns ankommt. Ansonsten gibt es noch die Alternative, die ist weniger romantisch, aber dafür ein bisschen sicherer. Unter www.diegeschichtsmacher.de findet ihr alle unsere Kontakte und auch noch viele weitere Folgen dieser kleinen Podcastreihe. Und wenn wir euch noch um eins bitten können: Auf euren Podcatchern und Audio-Plattformen tut uns einen Gefallen und gebt uns Sternchen und Herzchen und alles was man da so bewerten kann und schreibt am besten noch da, wo es möglich ist einen kleinen Kommentar, muss nicht lang sein, aber Hauptsache da steht was kurzes, nettes, knackiges und dann sind wir alle glücklich.

00:43:44: Marko In diesem Sinne. 52 Tage bis Timbuktu.

00:43:47: Martin Hat, hat...

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