Amerika wird unabhängig - Teil 3

Shownotes

**Die amerikanische Unabhängigkeitserklärung verspricht allen Menschen gleiche Rechte - meint aber erst mal nur weiße Männer mit Besitz. In Teil 3 des Podcasts über die Geschichte von Amerikas Unabhängigkeit erfahrt ihr, wie allmählich dieses Versprechen mehr und mehr wörtlich eingefordert - aber bis heute nicht vollständig eingelöst wurde. **

Zeitzeichen-Autor Matthias Wurms schildert seinen beiden Kollegen Martin Herzog und Marko Rösseler wie die Sklaverei zwar abgeschafft wurde, die Schwarzen aber trotzdem am Wählen gehindert werden konnten. Es geht um den Kampf von mutigen Menschen wie Rosa Parks, die eine Revolution auslöste, indem sie im Bus einfach sitzen blieb. Um schwarze Schulkinder, die von der Nationalgarde zur Schule eskortiert werden mussten, Martin Luther Kings Marsch auf Washington und den Kampf der Native Americans, deren Schicksal in amerikanischen Schulbüchern bis heute bestenfalls nur gestreift wird.

Wichtige Links zu dieser Sendung:

Teil 1 dieser Folge könnt Ihr hier hören: Leben, Freiheit und das Streben nach Glückseligkeit?

Und Teil 2 hier: Weiße Herrn, Schwarze Sklaven

Hier entlang geht es zum Podcast des WDR-Zeitzeichens, das Matthias Wurms über die Unabhängigkeitserklärung der Amerikaner gemacht hat: 4.7.1776 - Die Unabhängigkeitserklärung der USA wird verabschiedet.

Als Experte zum Thema kommt in diesem Podcast Michael Hochgeschwender zu Wort, Professor für Nordamerikanische Kulturgeschichte an der Ludwig Maximilians Universität in München.

Die Rede der Bürgerrechtlerin Lovisa Louies "Native Americans: We Shall Remain" findet ihr hier.

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Transkript anzeigen

Die Geschichtsmacher - Amerika wird unabhängig, Teil 3

00:00:03: Martin liest Lincoln Vor 87 Jahren gründeten unsere Väter auf diesem Kontinent eine neue Nation, in Freiheit gezeugt und dem Grundsatz geweiht, dass alle Menschen gleich geschaffen sind. Nun stehen wir in einem großen Bürgerkrieg, der eine Probe dafür ist, ob diese oder jede andere so gezeugte und solchen Grundsätzen geweihte Nation dauerhaft Bestand haben kann.

00:00:31: Marko Wir stehen auf dem Schlachtfeld von Gettysburg, und der, der gerade zu uns gesprochen hat, war Abraham Lincoln.

00:00:36: Matthias 1863 mitten im amerikanischen Bürgerkrieg.

00:00:40: Martin Willkommen bei...

00:00:41: Intro Die Geschichtsmacher. Von Autorinnen und Autoren des Zeitzeichens.

00:00:58: Marko Was bisher geschah. Ja. Wieder einmal begrüßen wir unseren Kollegen Matthias Wurms, der ein Zeitzeichen geschrieben hat über das Thema...

00:01:11: Matthias Die Amerikanische Unabhängigkeitserklärung.

00:01:13: Marko Die liegt aber, als dieses Zitat gefallen ist, bereits, wie der Redner sagte, 87 Jahre zurück. Und soweit haben wir uns in der Geschichte vorwärts bewegt. In der Zwischenzeit ging es um ganz viele Themen, die die junge Nation Amerika damals beschäftigt haben.

00:01:27: Matthias Ja, und um eins haben wir uns besonders gekümmert, nämlich um die Frage, ob dieses Versprechen der gleichen Rechte für alle Menschen, ob das eigentlich erfüllt wird. Das Versprechen aus der Unabhängigkeitserklärung.

00:01:40: Martin Jetzt sind wir in einem Bürgerkrieg zwischen den amerikanischen Südstaaten und den amerikanischen Nordstaaten, angeführt von Abraham Lincoln, den wir am Anfang gehört haben. Und wieder sind die Worte groß gewählt.

00:01:53: Matthias Ja, und wieder geht es aber auch um eben diese Verfassung und um die Frage Schaffen wir das, als Nation einig zu sein mit eben diesem Anspruch, dass alle Menschen gleiche Rechte haben. Das finde ich schon spannend, weil das zieht sich nämlich auch durch die amerikanische Geschichte, dass das immer wieder der Anspruch ist und wir jetzt ja schon in zwei Folgen festgestellt haben, dass dieser Anspruch nicht erfüllt wird. Und auch genau darum geht ja auch dieser Krieg, muss man sagen. Also der Krieg ist ausgebrochen im Streit um die Frage der Sklaverei. Die Südstaaten der USA mit großen Plantagen, mit Millionen von Sklaven haben sich losgelöst von der Union, von den Vereinigten Staaten von Amerika. Weil da die Frage aufkam: Müssten wir diese Sklaverei nicht verbieten und Abraham Lincoln dafür eingetreten ist, nicht zu 100 %, nicht in aller Schärfe. Ihm wäre die Einheit der Nation wichtiger gewesen. Das haben wir gelernt in der letzten Folge. Auch das hat er öffentlich kundgetan. Aber die Frage stand eben im Raum, und die Südstaaten haben gesagt Jetzt reicht's uns und wir machen unseren eigenen Staat, wir können damit auch besser leben, wir sind ja autark, Wir haben diesen wunderbaren Baumwollhandel, davon können wir wunderbar leben.

00:03:04: Martin Aber in Gettysburg, wo Lincoln diese Gettysburg Address gehalten hat auf dem Schlachtfeld, nach dieser entscheidenden Schlacht ist es ja noch nicht zu Ende mit dem Bürgerkrieg. Der geht ja noch weiter.

00:03:15: Matthias Ja, da geht noch lange. Und da geht es auch blutig weiter. Und das war - im Nachhinein weiß man es ganz genau - im Grunde den entscheidenden Sieg für den Norden gebracht hat. Die Südstaaten haben sich davon nie mehr erholt. Dieses Jahr 1863 ist aber vor allem deswegen wichtig, weil die Frage der Befreiung der Sklaven da im Grunde offiziell wurde. Ja, es gab am 1. Januar 1863 die sogenannte Emanzipationsproklamation, die trat da in Kraft, und der entscheidende Passus ist total wichtig. Marko - vielleicht willst du den mal vorlesen...

00:03:45: Marko Das vom ersten Tag des Januar im Jahre des Herrn 1863 an alle Personen, die in einem Staat oder dem bestimmten Teil eines Staates, dessen Bevölkerung sich zu diesem Zeitpunkt in Rebellion gegen die Vereinigten Staaten befindet, als Sklaven gehalten werden, fortan und für immer frei sein sollen.

00:04:07: Matthias Also ist ein bisschen kompliziert ausgedrückt, heißt aber im Grunde, dass alle Sklaven in den Südstaaten - das sind ja die Rebellen, die sich losgelöst haben, also die Südstaaten von der Union, von den United States of America - dass alle Sklaven in diesen Staaten von nun an frei sind und für immer. Also das war im Grunde die Proklamation der Abschaffung der Sklaverei. Im Norden war sie eh schon verboten. Und jetzt auch hier.

00:04:30: Martin Wer hat diese Proklamation erlassen? War das die Regierung oder wer wer war der Autor dieser Proklamation?

00:04:36: Matthias Das war die Unionsregierung, die natürlich im Süden im Moment nicht viel zu sagen hat. Denn die musste erst mal diesen Krieg gewinnen. Aber diese Proklamation hat natürlich auch den Südstaaten klar gemacht: Jetzt geht es um alles. Also wenn wir weiter Sklaven halten wollen, müssen wir diesen Krieg gewinnen, sonst wird die tatsächlich Wirklichkeit.

00:04:55: Martin Was die Neigung der Südstaaten wahrscheinlich nicht befördert hat, diesen Krieg zu beenden.

00:04:59: Matthias Genau-.

00:04:59: Marko Auf der anderen Seite: Mit so einem Aufruf krieg ich doch eine Sklavenarmee zusammen. Da wird doch jeder Sklave sagen: Da schließe ich mich doch der anderen Armee an und dann geht es los.

00:05:10: Matthias Ja, die die gab es sicherlich auch, aber das ist nicht so einfach. Also ich glaube, da spielt viel eine Rolle. Also Jahrzehnte, Jahrhunderte der Unterdrückung lassen sich die jetzt nicht einfach mal aufspringen und sagen: Ich erhebe mich jetzt. Dann waren die nicht organisiert. Dafür haben die Herrschenden in den Südstaaten schon gesorgt, dass die sich nicht ständig untereinander verabredeten und hätten organisieren können. Waffen hatten sie auch nicht.

00:05:32: Martin Man muss ja auch erst mal wissen, dass es diese Proklamation gibt. Also das haben ja sicherlich nicht die Plantagenbesitzer an jeden Pfosten genagelt, diese Proklamation.

00:05:41: Matthias Das kommt auch noch dazu. Aber das hat sich herumgesprochen. Natürlich. Und das war auch für die Südstaaten natürlich auch eine Aufregung und hat natürlich dafür gesorgt, dass man noch mehr auf seine Sklaven aufgepasst hat. Aber es hat sich jetzt nicht die Schwarzenarmee gebildet. Es hat immer wieder Aufstände kleinere gegeben, die wurden aber auch sofort gewaltsam niedergeschlagen. Und es gab eben keine zentrale Bürgerrechtsorganisation oder sonst wie, die das hätte koordinieren können. Im Grunde war sowieso Krieg und es gab immer wieder dann Sklaven, die sich der vorrückenden Unionsarmee angeschlossen haben und mit denen mitgezogen sind, gesagt haben: Jetzt habt ihr uns befreit. Super.

00:06:15: Martin Aber die Südstaaten sind noch mehr motiviert als sie eh schon waren vorher, weil sie wussten, jetzt geht es um die Wurst. Und das heißt nach der Gettysburg Address von Lincoln ging es noch mal richtig zur Sache?

00:06:28: Matthias Der Krieg war heftig und blieb heftig, wurde immer heftiger. Und berühmt ist vielleicht auch noch der Marsch eines Nordstaaten-Generals, William Tecumseh Sherman durch die Südstaaten. Der Marsch der verbrannten Erde - er hat Farmen in Brand gesteckt, hat wirklich eine breite Schneise der Verwüstung quer durch die Südstaaten gezogen, ist dann einmal von Westen nach Osten bis zum Atlantik, hat Atlanta in Brand gesteckt.

00:06:51: Martin Ist jetzt auch nicht die feine englische Art, muss man sagen.

00:06:55: Matthias Nein, eine richtig radikale Art der Kriegsführung. Dieser Krieg, muss man sagen, um das vielleicht jetzt nicht in ganzen Details zu besprechen. Aber dieser Krieg war der bis dahin tödlichste und blutigste der Menschengeschichte. Zum Ersten Mal wurden Maschinengewehre in großer Form eingesetzt und es wurde auf See Krieg geführt. Es war wirklich ein umfassender Krieg mit modernen Waffen und mit etwa 800.000 Toten bis zum Ende des Krieges 1865.

00:07:22: Marko General Sherman - da habe ich vorher nie gehört. Ich habe immer nur von diesem Panzer gehört. Zweiter-Weltkriegs-Panzer. Der Sherman.

00:07:28: Matthias Der Sherman, der ist benannt nach eben diesem General Sherman. Und dieser General Sherman spielt noch eine andere Rolle. Also ist bis heute ein rotes Tuch in den Südstaaten, natürlich, wegen dieses Marsches quer durch die Länder. Dieser Sherman hat 1865, kurz vor dem Ende, kurz vor der Kapitulation des Südens, nicht nur die Freiheit der Sklaven versprochen, die ja eh schon amtlich war im Grunde, sondern er hat gesagt: Hier, ich beschließe jetzt in meiner Funktion als General der Unionstruppen, und ich habe ja hier dieses Land praktisch jetzt erobert, jeder von euch, jeder freie Sklave kriegt jetzt 40 Acres and a mule. 40 Acres - das sind ungefähr 16 Hektar und ein Maultier. Das ist euer Startkapital in ein freies Leben.

00:08:11: Marko Wow.

00:08:12: Matthias Ja.

00:08:12: Marko Warum hat er das gemacht? Ich meine, der Krieg war ja eh schon gewonnen für ihn.

00:08:16: Matthias Na ja.

00:08:17: Marko Wiedergutmachung?

00:08:18: Matthias Wiedergutmachung. Und tatsächlich ja auch, realistisch betrachtet: Ich meine, nur Freiheit nützt dir nicht viel. Was willst denn du machen, wenn du kein Land hast zu bestellen? Wenn du keinen Job hast? Wenn du im Grunde von den Menschen um dich herum, den Weißen, weiter als als Untermensch angesehen wirst. Aber das wäre, und ich sage jetzt bewusst, wäre vermutlich ein guter Start gewesen. Ich habe jetzt nicht nachgerechnet, ob so viel Land vorhanden gewesen wäre, um allen 16 Hektar zu geben. Aber...

00:08:46: Martin Aber nach dem was du sagst, ist das nicht passiert.

00:08:49: Matthias Genau. Das war die Field Order Number 15, also Befehl dieses Generals. Der wurde aber ganz schnell wieder einkassiert von der Regierung, der wurde niemals umgesetzt. Und interessant zu wissen ist vielleicht, das mal so als symbolischer Akt, Bürgerrechtler in den USA seit 1989 jetzt jedes Jahr diese Anordnung als Gesetzentwurf einbringen, um sie endlich umzusetzen. Und es wird immer wieder abgeschmettert, weil auch heute - wo nimmt man das her das Land? Aber: symbolischer Akt. Hey, ihr habt noch einiges gutzumachen an uns schwarzen Sklaven.

00:09:27: Martin So als ständiger Stachel.

00:09:28: Matthias Genau. Jetzt müssen wir halt noch einen kleinen Sprung machen. Wir haben von Abraham Lincoln gesprochen. Die Getysburg Adress. Wir haben gesprochen, das war kurz vor der Kapitulation, dann kam die Kapitulation im April 1865. Und, ich weiß nicht genau, drei, vier Tage später ist Lincoln ermordet worden.

00:09:45: Martin In einem Theater?

00:09:48: Matthias Genau. Also, er hat diesen Sieg nicht feiern können. Aber die Proklamation der Befreiung der schwarzen Sklaven war in der Welt. Aber sein Nachfolger war Andrew Johnson. Und das war dann eigentlich wieder ein Mann des Südens. Also jetzt kein wirklicher Schwarzenfreund, der hat diese Anordnung von Sherman kassiert im Mai 1865, also nicht mal ein halbes Jahr später, ein paar Monate nach dieser Zusage war die wieder vom Tisch.

00:10:17: Martin Wie ist es denn den Schwarzen, den freigelassenen Sklaven dann ergangen? Also durch die Proklamation des Nordens hieß es: Ihr seid jetzt frei. Und wie du eben ja schon gesagt hast ohne Land, ohne Besitzen stehst du da. Ja, und jetzt? Ja.

00:10:35: Matthias Genau das war das Problem. Also, es sind einige in den Norden gegangen, waren auch nicht immer freundlich empfangen, weil sie natürlich die gleichen Jobs wollten, die vielleicht auch ärmere Weiße gemacht haben. Und im Süden standen sie da und mussten sich im Grunde, weil das das einzige war, was da war, auf den Farmen verdingen, wo sie vorher als Sklaven gearbeitet haben.

00:10:53: Marko Aber jetzt gegen Geld.

00:10:54: Matthias Jetzt gegen Geld, aber nicht gegen viel Geld. Und man muss jetzt sagen, es könnte ja jetzt der Norden hingehen: Wir haben diesen Krieg gewonnen und wir sagen jetzt euch mal, wo es lang geht, und wir bestimmen jetzt die Regeln, nach denen wir weiter zusammenleben. Aber wir haben ja auch schon gelernt für Lincoln, der den Großteil dieses Krieges geführt hat als Präsident, war die Einheit der Union wichtiger als die Befreiung der Sklaven. Und für seine Nachfolger auch. Es ging jetzt nicht so sehr darum, die Sklaven zu entschädigen oder den Sklaven ein gutes Leben zu bescheren, endlich nach Jahrhunderten der Unterdrückung, sondern es ging darum, die Einheit dieses Landes wiederherzustellen. Das war das Wichtigste. Und da wollte man jetzt nicht zu streng sein mit den Südstaaten. Da war es schon eher nachsichtig und war schon auch darauf ausgelegt, dass man wieder zusammenfindet nach vier Jahren.

00:11:41: Marko Trotzdem könnte man ja denken, es gibt vier oder fünf Millionen Sklaven, hast du, glaube ich, in der vorigen Folge erzählt. Dürfen die jetzt alle wählen?

00:11:50: Matthias Ja, jetzt ist spannend zu gucken: Was ist denn wirklich amtlich geworden? Wir haben von dieser Proklamation, Emanzipationsproklamation gehört, die die Befreiung der Sklaven festschreibt in den Südstaaten. Dafür galt das ja nur - für die Rebellenstaaten. So, jetzt gibt es drei neue Verfassungszusätze, also Verfassungsänderungen, wenn man so will. Der 13. Zusatz hebt die Sklaverei auf für die gesamten Vereinigten Staaten. Der 14. erweitert den Schutz der Bürger auf alle Rassen. Also alle Rassen sind vor dem Gesetz gleich und geschützt vor Willkür und Fehlurteilen und so weiter. Und der 15. schafft Rassen-Beschränkungen bei den Wahlen ab. Also heißt: Alle sollen wählen dürfen. Nicht nur Weiße, sondern auch Schwarze.

00:12:37: Martin Und seitdem leben alle Schwarzen und Weißen friedlich vereint. Und die Gleichheit hat sich in den Vereinigten Staaten...

00:12:45: Matthias Nein, wir sind leider nicht im Märchen. Also das gilt als Gesetz. Die müssen das Wahlrecht haben. Aber der Süden schafft es immer wieder zu unterlaufen, und zwar mit so perfiden Regeln, die sie einführen. Also die können ihnen das Wahlrecht nicht entziehen. So. Aber die können sagen - und das kriegen sie auch durch, weil die Zentralregierung da nicht eingreifen darf und weil sie dafür eine Mehrheit kriegen in ihren Staaten, weil da immer noch starker Rassismus herrscht und die Menschen auch Angst haben: Wenn jetzt die Mehrzahl der Bevölkerung wie in South Carolina plötzlich Schwarze sind, dann können die ja die Politik bestimmen. So, davor haben die Weißen natürlich Angst, also führen sie Regeln ein. Und zwar muss man belegen, dass man schreiben kann, um wählen gehen zu können. Man muss belegen, dass man Kopfsteuern zahlt, um wählen gehen zu können.

00:13:30: Martin Kopfsteuern?

00:13:31: Matthias Ja, so was wie Einkommensteuern, also dass man Steuern zahlt. So, jetzt haben die aber keinen Job erstmal. Woher sollen die Steuern zahlen? Und dann haben die keine Schulbildung als ehemalige Sklaven? Wie sollen die schreiben und lesen können? Das heißt, von den vielen Millionen Sklaven können ganz, ganz wenige tatsächlich zur Wahl gehen, weil sie es schaffen, sich in so ein Wählerregister einzutragen. Und auf diese Art verhindern die Südstaaten - und zwar über lange Zeit noch - dass da wirkliche Gleichberechtigung herrscht. Und da bringe ich jetzt mal wieder meinen meinen Historiker von der Münchner Universität ins Spiel, Michael Hochgeschwender, mit dem ich darüber geredet habe und der auch mir da noch ein paar Einzelheiten erzählt hat, was der Süden jetzt so macht, um die alten Verhältnisse vielleicht aufrechtzuerhalten.

00:14:20: O-Ton Hochgeschwender Der Süden blockiert alles, wo es um eine Relativierung der Sklaverei geht. Und da viele Abolitionisten das rassistische Weltbild im Grunde teilen, ändert sich nach dem Bürgerkrieg gar nicht so viel. Es gibt eine Phase 1865 bis 1885, wo einiges möglich ist, auch im Süden. Es gibt sogenannte Fusionsregierungen, wo sogar Demokraten und Schwarze gemeinsam regieren. Aber ab 1885 setzt sich die sogenannte Solid South durch und die Herrschaft der Weißen im Süden wird zementiert, auch gesetzlich und erst mit der Bürgerrechtsbewegung - und das muss glaub ich heute verstehen, wenn man auch Black Lives Matters verstehen will, wenn man überhaupt die Frustration in der Black Community verstehen will, wie lange sich das hingezogen hat und wie gewalttätig dieses System war, auch nach der Befreiung. Wenn Sie an das rituelle Lynching in den 1890 bis 1920er Jahren denken oder den Terror des Ku Klux Klan. Allein 1868 sind über 1200 Menschen vom Klan und ähnlichen Organisationen umgebracht worden, weil sie Schwarz oder Republikaner oder beides waren. Also das war eine sehr, sehr gewalttätige Herrschaft und das klingt bis heute nach. Also diese Gewaltgeschichte ist ein integraler Bestandteil der amerikanischen Geschichte.

00:15:30: Matthias Da müssen wir, glaube ich, darauf hinweisen, dass dieses Parteienspektrum damals anders herum funktioniert hat. Also die Republikaner waren die Fortschrittlichen im Sinne der Befreiung von Sklaven und die Demokraten waren die Partei der Südstaaten, die die Sklaverei befürwortet haben.

00:15:43: Martin Also Lincoln, Präsident und Republikanerikaner und genau im Süden dann die Demokraten besonders stark, die an der Sklavenhalterei festhalten wollten.

00:15:53: Matthias Umso erstaunlicher, dass es da dann Regierungen gab, wo die Demokraten mit Schwarzen zusammengearbeitet haben.

00:15:58: Martin Und dann gab es eben so formale Bedingungen, die die Schwarzen vom Wählen abhalten sollten. Also Schreibkenntnisse und Steuern zahlen...

00:16:06: Matthias Zum Beispiel, genau.

00:16:07: Martin Und dann gab es die ganz handfesten Geschichten wie den berühmt berüchtigten Ku Klux Klan.

00:16:13: Matthias Genau. Und dann gab es aber auch ganz viele Einschränkungen im Alltag. Also vielleicht ist euch schon mal begegnet, dieser Spruch vom Separate but equal - also "getrennt aber gleich". Wir kennen Bilder von getrennten Toiletten, von getrennten Sitzplätzen in Bussen und Eisenbahnen und von getrennten Schulen. Also die Behauptung: Ihr habt doch auch eine Toilette, Ihr habt doch auch eine Schule und wir machen das halt getrennt. Aber ist doch gleich. War natürlich nicht gleich. Die Schulen waren schlechter, die Toiletten waren dreckiger, die Bus-Sitzplätze waren ganz hinten und im Zweifel wurde da auch nicht sauber gemacht. Das hat sich über Jahrzehnte gehalten. Das wurde zum Teil auch in Gesetze gegossen im Süden. Jim-Crow-Gesetze sind da ein Stichwort.

00:16:54: Marko Jim Crow heißt?

00:16:55: Matthias Jim Crow war im Grunde so eine Figur eines typischen, tanzenden Schwarzen. Ich weiß nicht, wo der Name herkommt, aber das war damit verbunden. Und das waren all diese Gesetze.

00:17:05: Marko Jim Krähe - Schwarz...

00:17:07: Matthias Ich hätte eher an Native Americans, also an Indianer gedacht bei dem Namen Jim Crow aber gemeint war damit dieser fröhliche Schwarze, den nichts umhauen kann. Also natürlich in Form von ganz miesem kulturellen Klischee.

00:17:21: Martin Stereotypen.

00:17:21: Matthias Stereotypen. Es gab damals das sogenannte Green Book. Vielleicht kennt ihr den Film, wo ein schwarzer Pianist durch die Südstaaten fährt und überall auftritt und mit diesem Rassismus noch zu tun hat in den 19... welchen Jahren spielt das?

00:17:35: Martin 50er, 60er Jahre ist das, glaube ich.

00:17:36: Matthias Viel, viel später und das gab es damals schon, wo Restaurants und Hotels verzeichnet waren, in denen Schwarze unterkommen konnten. Also es war völlig klar: separate but equal. Ihr seid getrennt. Rassentrennung war immer noch im Süden.

00:17:50: Martin Ich weiß nicht, ob ich da der Geschichte vorgreife, aber Rosa Parks ist dann der Name, der einfällt. Die Schwarzen... Ja eigentlich gar keine Frauenrechtlerin, sondern einfach eine Frau, die sich im Bus dann einfach da hingesetzt hat, wo sie sitzen wollte, und nicht dahin, wo sie qua Rassentrennung eigentlich hätte sitzen sollen. Das war dann den 1960er Jahre...

00:18:07: Matthias 1950er...

00:18:07: Martin Oder 1950er Jahren. Aber wir reden von Ende des Bürgerkrieges 1865.

00:18:15: Matthias Ende des 19. Jahrhunderts reden wir. Aber da wird das schon alles... da beginnt das...

00:18:21: Martin Und dauert so lange bis bis da mal irgendwann was passiert.

00:18:25: Matthias Absolut. Also wir reden da wieder von 100 Jahren, die es braucht, bis sich dann tatsächlich was ändert, obwohl die Gesetze längst schon da sind. So. Jetzt ist die Frage, ob wir nicht auch noch mal auf die Ureinwohner schauen. Weil wenn der Hochgeschwender sagt, diese Gewaltgeschichte, wie er es gerade genannt hat, ist so ein Bestandteil amerikanischer Geschichte, dann ist so eine Gewaltgeschichte ja auch gegen die Ureinwohner Bestandteil amerikanischer Geschichte und kommt immer wieder zu kurz und wird verschwiegen, weil es ja auch kaum noch welche gibt, die sich dagegen wehren könnten. Das ist insofern ganz wichtig, weil wir uns jetzt ja auch in der Zeit befinden, wo der Wilde Westen erobert wird nach dem amerikanischen Bürgerkrieg. Also all die Western, die wir so kennen, die spielen jetzt. Und dieser Mythos des freien Westens und der Besiedlung dieses Westens...

00:19:11: Martin The final frontier.

00:19:12: Matthias The final frontier, das ist natürlich ein Gründungsmythos auch dieser USA. Der neue Mensch, der dieses freie Land besiedelt und sich untertan macht...

00:19:21: Marko Dank der Eisenbahn, die immer weiter Richtung Westen vorstößt.

00:19:24: Matthias Genau das passiert dann tatsächlich nach dem Bürgerkrieg, dass die erste transkontinentale Eisenbahn gebaut wird. Diese Eroberung des Westens beginnt schon vorher. Die beginnt im Grunde schon 1790er so. Aber das waren erste Trapper so einzelnen, das waren auch tatsächlich welche, die haben sich angefreundet mit Ureinwohnern. Die haben von denen gelernt, wie man gescheit Fallen stellt, wo man die Biber findet, wie man am besten über die Flüsse kommt. Also auch dieses Bild, was man vielleicht aus Lederstrumpf-Romanen kennt, die waren oft sehr eng mit den Indianern. Die haben die wirklich als wichtige Helfer und zum Teil Freunde wahrgenommen, manche haben auch Indianerinnen geheiratet, haben gelebt mit denen. Und das hat sich dann schnell gegeben, als es immer mehr wurden. Als dann wirklich die Siedler kamen mit ihren Planwagen.

00:20:06: Martin Die Trecks Richtung Westen - auch so ein Mythos.

00:20:06: Matthias Die Trecks. Genau. Und dann die, die Indianer festgestellt haben Wieso ist denn da jetzt plötzlich ein Zaun? Und wieso seid ihr denn nicht hier? Also diese Konflikte kamen natürlich ganz schnell auf. Aber die waren im Grunde unvermeidlich. Es gab immer wieder neue Einwanderer aus Europa, die kamen jetzt hier ins Land. Das Land blühte auf - die unabhängigen USA waren auch verlockend, damals schon, als Auswanderungsland. Und dann wurde es im Osten zu eng. Also mussten sie nach Westen und da wurden nach und nach einfach eiskalt auch Indianer umgesiedelt. Und da konnten die, weil sie militärisch einfach unterlegen waren, auch nicht viel gegen machen. Und da haben auch Gesetze nicht viel geholfen und auch nicht, dass sie sich womöglich versucht haben anzupassen, dass sie wirklich auch versucht haben, mit diesen Weißen, die da kamen, zusammenzuleben und auch Gewohnheiten zu übernehmen. Auch das hat Michael Hochgeschwender erzählt.

00:20:59: O-Ton Hochgeschwender Die Cherokee hatten eine eigene Zeitung gedruckt, in einem eigenen Alphabet. Die hatten Land mit Sklaven - das waren Sklavenhalter. Hat ihnen nur nichts genutzt. In dem Moment, als die Weißen ihr Land haben wollten, haben sie gegen den Supreme Court, der Supreme Court hat zwei Urteile gesprochen, wo er ganz deutlich klargemacht hat: Sie haben ihre Rechte dort. Aber die Regierung Jackson, Andrew Jackson hat damals gesagt in den 1830er Jahren: John Marshall, der Chef des Supreme Court, soll sein Urteil gefälligst selber durchsetzen. Er macht es nicht. Und deswegen hat er aktiv die Indianer, also die fünf zivilisierten Nationen aus Georgia vertrieben. Warum? Weil man Gold dort gefunden hatte. Und die Einwohner von Georgia wollten dieses Gold haben und haben es den Cherokee und den anderen nicht gegönnt. Deswegen mussten die nach Oklahoma in Gebiete, wo schon andere Stämme wohnten, was wiederum zu Konflikten zwischen den Neuankömmlingen und den Alteingesessenen geführt hat. Tatsächlich die Vorstellung, dass die da irgendwelche Rechte hätten, nein das war ihnen ziemlich fremd, zumal sie ja als halbsouveräne Nationen angesehen worden sind. Das war auch für den Supreme Court immer das Problem, dass die Indianer vor dem Supreme Court eigentlich kein Klagerecht hatten. Der Supreme Court konnte sich dieser Fälle nur annehmen, wenn Weiße betroffen waren. Und da jat der Supreme Court gesagt: Nein, eigentlich haben die Recht die Indianer. Und das Interessante ist, dass sehr oft in Washington die Politiker eher pro-indianisch waren und sich dann von den Siedlern vor Ort sagen lassen müssen: Ihr an der Küste habt gut reden, wir leiden, wir werden dauernd umgebracht und wir wollen, dass die weg sind.

00:22:26: Matthias Und da muss man sagen, darauf hat die Regierung in Washington dann auch reagiert. Und zwar - jetzt sind wir wieder beim Bürgerkrieg, mitten in diesem Bürgerkrieg, im gleichen Jahr, in dem die Befreiung der Sklaven proklamiert wurde, hat Abraham Lincoln den sogenannten Homestead Act erlassen. Und da ging es darum, dass jedem Erwachsenen erlaubt wurde, sich auf unbesiedeltem Land niederzulassen und sich...

00:22:48: Martin Homestead - Heimstatt? Oder wie muss man das übersetzen?

00:22:52: Matthias Ja, denk ich, genau. Heimstatt-Gesetz. Also jeder Erwachsene durfte auf imbesiedeltes Land gehen und durfte sich 64 Hektar nehmen, ungefähr 160 Acer. Die haben ein anderes Flächenmaß.

00:23:04: Marko Das ist groß, das ist viel.

00:23:05: Matthias Das ist richtig viel. Ja. Und wenn er das fünf Jahre bewirtschaftet hat oder wenn er 200 $ gezahlt hat, was viel Geld war, dann durfte er schon nach einem halben Jahr sagen: Ich bin der Eigentümer, das ist jetzt meins.

00:23:16: Martin Das galt für jeden Erwachsenen, aber auch wahrscheinlich wieder weißen Siedler.

00:23:21: Matthias Ja. Genau. Und es galt eben aber auch für Land, wo Indianer lebten. Und das sollte es auch. Es ging jetzt darum, Leute nach Westen zu locken. Ja, geht dahin. Und wenn ihr nur lange genug da bleibt und das Land bewirtschaftet und ihr überlebt, dann ist es eures. Das ist natürlich extrem verlockend. Das ist ja das, was Sherman im Bürgerkrieg den Schwarzen im Grunde versprochen hat. Hier habt ihr ein bisschen weniger 40 Acer und ein Maultier, was nie Wirklichkeit geworden ist. Für die Weißen wird es hier Wirklichkeit. Und es bringt tatsächlich auch wirklich viele auf den Weg nach Westen.

00:23:55: Marko Aber mal verständnishalber. Wir haben doch jetzt im Bürgerkrieg durchgesetzt, dass auch die Schwarzen dieselben Rechte haben wie die Weißen.

00:24:03: Matthias Erst mal haben wir nur die Sklavenbefreiung, durchgesetzt.

00:24:06: Marko Sie dürfen nicht Indianergebiet besetzen. Das dürfen sie nicht?

00:24:10: Matthias Das wäre spannend zu wissen, ob die auch hätten in den Westen gehen können. Aber wenn ich Bilder sehe, gibt es so viele Schwarze außer...

00:24:18: Martin Ich weiß nicht. Es gibt natürlich in den Filmen gibt es immer mal den einen oder anderen, der da auftaucht. Aber es gab sicherlich keine schwarzen Trecks, die Richtung Westen gezogen sind.

00:24:29: Marko Ich kenn aus diesen Western eigentlich den immer nur sitzend hinter einem Klavier oder so oder hinter dem Bartresen bedienend oder...

00:24:37: Martin Ja, da gibts den mal.

00:24:38: Marko Aber sonst gibt es doch in Western kaum Schwarze.

00:24:41: Matthias Nicht auf der eigenen Farm jedenfalls.

00:24:43: Martin Jetzt darf man natürlich Western nicht unbedingt als akkurate Schilderung und Bebilderung der historischen Wahrheit auffassen. Aber ich glaube, historisch ist es tatsächlich auch so gewesen, dass das wirklich etwas war, das haben Weiße gemacht. Fertig.

00:24:57: Matthias Na ja, du musst es ja auch, du kannst ja nicht alleine losziehen. Wie du gesagt hast, da gab es diese Trecks und so und das heißt, du brauchtest auch andere. Und ob die dann so einen Schwarzen mitgenommen haben. Der Rassismus war weitverbreitet. Ob die dem vertraut hätten? Die Weißen?

00:25:10: Marko Na ja, die Frage wäre ja: Wenn ich jetzt Schwarzer gewesen wäre und ich und meine Kumpels sind jetzt frei, dann hätte ich mir überlegen können: Na, da zieh ich doch gen Westen mit meinen Kumpfels. Wenn die 16 Hektar nicht für mich sind, so wie der Sherman mir das versprochen hat, dann hol ich mir die jetzt halt.

00:25:26: Matthias Vielleicht müssen wir das mal den Hörerinnen und Hörern als Rechercheaufgabe aufgeben.

00:25:30: Martin Ja, vielleicht weiß das jemand, wie sich das verhalten hat. Also wenn ihr es wisst, dann seid so gut und schreibt es uns. Hinterlasst entweder einen Kommentar bei YouTube oder auf euren Plattformen, aber am besten unter kontakt@diegeschichtsmacher.de Und bringt uns mal was bei.

00:25:49: Matthias Galt der Homestead Act von 1863 auch für dann ja freie Schwarze.

00:25:53: Martin Und wurde er genutzt?

00:25:54: Matthias Genau. Fakt ist. Konflikt gab es so oder so, nämlich mit den Ureinwohnern. Ja, es gab Aufstand der Sioux. Es gab dann ein Massaker, wo mehr als 270 Cheyenne und Arapaho einfach umgebracht wurden von Siedlern, von der Armee und zwar auch immer mit Billigung und zum Teil Förderung staatlicher Institutionen, sei es der Armee, sei es des Gouverneurs. Und da gibt es 1879, also eigentlich noch in dieser Zeit, einen Häuptling, der Nez Percé . Der hält eine Rede in Washington, und was tut auch er? Auch er erinnert an das Versprechen der Unabhängigkeitserklärung, nämlich: Hey, wir sind alle gleich erschaffen mit den gleichen Rechten. Lies doch mal vor, Martin, was Chief Joseph damals gesagt hat.

00:26:39: Martin liest Chief Joseph If the white man wants to live in peace with the Indians, he can live in peace, there need be no trouble. Treat all men alike. Give them the same laws. Give them all an even chance to live and grow. Earth ist the mother of all people. And all people should have equal rights upon it.

00:26:59: Matthias Wollen wir es übersetzen?

00:27:01: Martin Ja, würde ich sagen...

00:27:02: Marko liest die Übersetzung Wenn der weiße Mann mit den Indianern in Frieden leben will, so kann er das tun. Es gibt keinen Grund für Streit. Behandelt alle Menschen gleich. Gebt ihnen dieselben Gesetze und die gleichen Chancen. Die Erde ist die Mutter aller Menschen. Und alle Menschen auf ihr sollten die gleichen Rechte haben.

00:27:24: Marko Ja, da ist man schon wieder da. Was man am 4. Juli 17...

00:27:31: Matthias ...76...

00:27:31: Marko Eigentlich schon mal postuliert hat.

00:27:34: Matthias Genau. Und worauf sich immer wieder alle die berufen, die sich davon nicht mitgemeint fühlen. Zu Recht. Ja, wir haben es gesagt. Trotzdem, und das finde ich auch immer wieder spannend, diese Eroberung der Frontier des Westens auf Kosten der Ureinwohner in diesem Fall ist auch ein Urmythos der amerikanischen Geschichte, genau wie diese ganze Gründungsgeschichte und die Befreiung der Kolonien ein Ur-Mythos ist. Also die amerikanische weiße Geschichte lebt im Grunde ihre Mythen immer wieder aus auf Kosten von Schwarzen und Ureinwohnern allen voran.

00:28:10: Marko Und die rettende Kavallerie rettet niemals Indianer und auch niemals Schwarze. So isses.

00:28:16: Marko Ja, so ist es. Und das war auch lange in der amerikanischen Kultur so tief verankert. Wenn wir diese alten Western mit John Wayne, also dieses Indianerbild, mit dem ich auch noch aufgewachsen bin, das war schon eher das. Schon manchmal gab es den einen oder anderen, auch bei Karl May, Winnetou, eben den Helden, aber eigentlich - aber ja, die gab es ja in amerikanischen Filmen auch, aber hauptsächlich waren es ja doch die wilden Bösen, die Siedler überfallen haben, friedliche Siedler ermordet haben.

00:28:47: Marko Skalp war weg.

00:28:48: Matthias Ja, aber das soll sich ändern. Daran arbeiten wir doch jetzt hier. Also, wir sind ja noch die ganze Zeit unterwegs, um zu schauen, ob die Vereinigten Staaten von Amerika und die Menschen, die da leben, es nicht doch hinkriegen, dieses Versprechen umzusetzen, was sie in ihrer Unabhängigkeitserklärung gegeben haben.

00:29:06: Martin Um noch mal auf diesen Häuptling zurückzukommen. Der hat da eine Rede gehalten in Washington, und hat gesagt: Das sind eure eigenen Ansprüche. Jetzt handelt mal danach. Hat das irgendwas bewirkt?

00:29:20: Matthias Nein. Nein. Also nein. Also die Indianer hatten ja auch nicht mal ein Recht, vor dem Supreme Court zu klagen selber. Das haben wir ja auch gehört. Also, Sie hätten da einen Weißen gebraucht, der persönlich betroffen ist. Die gab es manchmal. Dann waren es vielleicht Missionare, die bei den Indianern geblieben sind und dann auch Unrecht erlitten haben. Die konnten dann vor den Supreme Court gehen. Dann hat er auch oft zu deren Gunsten entschieden. Aber niemand wollte sich da mit diesen Siedlern anlegen und viel zu aufwendig. Es war immer der einfachere Weg, das auf Kosten der Ureinwohner zu machen und die noch ein bisschen weiter zu vertreiben. Und ja, es gab ja viele Kriege auch in dieser Zeit. Es gab ja einige berühmte Häuptlinge Sitting Bull, Crazy Horse die Aufstände organisiert haben und wirklich jahrelang gekämpft haben und immer verloren haben. Und auch da könnten wir jetzt noch viel mehr darauf eingehen, auf diese unfassbaren Brutalitäten und Ungerechtigkeiten gegenüber den Ureinwohnern in Amerika. Aber nein, diese Rede hat nichts geändert, womöglich in dem einen oder anderen Kopf. Ich kann mir immer vorstellen, dass es auch damals schon Menschen gab, die gesagt haben: Ja, eigentlich hat er recht, aber.

00:30:23: Martin Ja, aber das waren dann wahrscheinlich romantische Spinner, jedenfalls definitiv in der Minderheit.

00:30:28: Matthias Aber es hat sich ja selbst. Also wenn wir über gleiche Rechte für alle reden und das hat sich in den USA ja immer wieder am Wahlrecht festgemacht, das war immer wieder ein ganz entscheidender Punkt. Ist es ja auch. Habe ich in einer Demokratie - bin ich vertreten, indem ich wählen darf. Und die ersten, die das sich dann irgendwann erkämpft haben von all denen, die es am Anfang nicht hatten, waren die Frauen. Und auch das hat bis nach dem Ersten Weltkrieg gedauert.

00:30:51: Martin Also 1776 - 1918.

00:30:53: Matthias ...19...

00:30:55: Martin 1919. Das heißt, wir reden auch da über 145 Jahre. 150 Jahre um den Dreh.

00:31:03: Matthias Ganz genau. Und das waren die ersten. Und da hatten die, haben die Schwarzen immer noch kein wirkliches Wahlrecht gehabt. Vor allem in den Südstaaten nicht.

00:31:09: Marko Also auf dem Papier hatten sie es schon.

00:31:10: Matthias Auf dem Papier hatten sie es schon aber in der Wirklichkeit nicht. Es gab immer noch diese Regeln des Seperate but equal - also getrennt aber gleich, was nie gleich war. Und die Ureinwohner wurden immer nicht mal als Amerikaner behandelt, was tatsächlich auch mit deren eigener Kultur und Philosophie zu tun hatte. Die haben sich ja als eigene Nation verstanden. Das waren ja Völker. Es gab ja nicht die Indianer. Also jedes einzelne Indianervorlk hat eine eigene Sprache, eigene Kultur. Und so haben die sich auch verstanden. Und auch in den Reservaten noch verstanden. Und deswegen war das immer noch ein bisschen schwieriger, anderer Umgang und bis die wirklich Bürgerrechte gekriegt haben voll und ganz, hat es bis weit ins 20. Jahrhundert gedauert, dass die wirklich US Staatsbürger waren.

00:31:53: Marko Und bis heute haben sie noch keinen Präsidenten gestellt.

00:31:56: Matthias Nein, aber immerhin eine Innenministerin.

00:31:59: Martin Eine Innenministerin?

00:32:00: Matthias Ja, darauf kommen wir noch.

00:32:02: Martin Okay.

00:32:03: Matthias Ja. Ja, Aber wir sind jetzt auch schon tatsächlich dabei, dass wir über Erfolge berichten können. Immerhin Die Frauen haben sich das Wahlrecht erkämpft in den USA.

00:32:11: Marko 1919.

00:32:12: Matthias 1919. Und die schwarzen Männer und Frauen, also in dem Fall aber vor allem Männer haben noch mal einen Vorstoß gemacht, weil es gab viele, viele Schwarze, die im Ersten Weltkrieg in der US Armee gekämpft haben in Europa, um diesen Krieg zu gewinnen. Und dann kamen die wieder die GIs und haben gesagt: Hey, wir kämpfen für dieses Land. Jetzt wollen wir bitte aber auch endlich mal mitbestimmen, was in diesem Land passiert. Nein, wurde ignoriert, im besten Falle und und im schlechtesten hat man sie richtig spüren lassen, dass der Rassismus in den USA weiter tief verwurzelt ist. Also um nur ein Stichwort zu nennen. Es gab 1921 das Massaker von Tulsa und da starben 300 Menschen, gelyncht von Weißen, die ein Gerücht zum Anlass genommen haben, ein Schwarzer habe ein weißes Mädchen angegangen. Also man hat noch nicht mal von Vergewaltigung geredet, angegangen und haben das genutzt, um einen Stadtteil zu überfallen, in dem Schwarze lebten und am Ende gab es 300 Tote und danach gab es auch sogar eine Jury, die dieses Massaker untersucht hat und aber zu dem Schluss kam: Also ne, dafür verantwortlich sind doch die Schwarzen, die Afroamerikaner und die Weißen wurden freigesprochen alle - praktisch pauschal. So, und das war die Stimmung immer noch zwischen den Weltkriegen in den 1920er Jahren 30er Jahren.

00:33:33: Marko Wobei der Schwarze jetzt im Zweiten Weltkrieg wirklich wichtig wird.

00:33:38: Matthias Im Zweiten Weltkrieg wird er wirklich wichtig. Ja, also jetzt reden wir schon über Ende 40er und dann kam, wurde die UNO gegründet - auch wieder mit Menschenrechten, auf die sich alle geeinigt haben und auch die USA. Und dann kam natürlich wieder die Forderung nach Gleichberechtigung auf, gerade von Seiten der Schwarzen und es dauert aber noch mal. Aber dann, um das jetzt ein bisschen zu beschleunigen und um ein bisschen zu einem positiven zu kommen, gab es 1954 ein Urteil des Supreme Court, des Obersten Gerichtshofs, der die Rassentrennung in Schulen für gesetzeswidrig erklärt. Super. Heißt aber immer noch nichts. Trotzdem machen die Südstaaten, da wo diese Rassentrennung eben galt, einfach weiter wie bisher. Und jetzt kommt Rosa Parks. Das Urteil war 54 - 55 kommt Rosa Parks, und das ist eine Zeit, in der tatsächlich ganz langsam diese Bürgerrechtsbewegung, die später unter Martin Luther King richtig kraftvoll wird, dass die sich beginnt zu formieren. Die gibt es schon länger, aber jetzt gewinnt sie an Fahrt. Und Rosa Parks - tatsächlich - deren einziger Anlass war, im Bus nicht aufzustehen für einen Weißen. Es waren alle Plätze belegt und dann wurde sie aufgefordert, doch ihren Platz freizumachen, weil ein Weißer da stand. Und wieso? Ich komme von der Arbeit. Ich. Und dieser kleine Protest hat dann richtig für Aufruhr gesorgt.

00:34:56: Martin War sie eine Bürgerrechtsbewegte oder war das eine einfache Bürgerin, die gesagt hat, ich setz mich jetzt einfach da hin, wo ich sitzen will.

00:35:03: Matthias Die hatte schon Kontakt zur Bürgerrechtsbewegung, aber die war nicht so eine Anführerin, die jetzt bewusst geplant hätte, diesen Affront aus Sicht der Weißen da zu machen.

00:35:11: Marko Die war noch relativ jung.

00:35:13: Matthias Ja, ja, unter 20, meine ich, sogar.

00:35:16: Marko Ich erinnere mich noch irgendwie an Bilder, wie sie als alte Frau in den 2000er Jahren da steht, dass es heißt, sie muss zu dem Zeitpunkt richtig jung gewesen sein. Da hat sie die Chuzpe gehabt und hat gesagt: Nee, dafür steh ich nicht auf.

00:35:29: Matthias Die hatte schon aber jetzt auch Berührung mit der Bürgerrechtsbewegung, die war jetzt nicht völlig unbeleckt. Also es war für dich schon auch ein Zeichen: Jetzt reicht's mir aber, ich mach das jetzt. Und im gleichen Jahr wurde ein 14-jähriger in Mississippi gelyncht. Auch wieder, weil er beschuldigt worden war, ein weißes Mädchen angegangen zu haben. Und all diese kleinen Fälle, die haben dafür gesorgt, dass diese Bürgerrechtsbewegung richtig an Schwung gewonnen hat. Und dann kommt dieser Fall in der Highschool in Little Rock, wo dann neun schwarze Jugendliche dieses Recht auf Aufhebung der Rassentrennung an Schulen geltend machen und sagen: Wir wollen hier zur Schule gehen und dann von der Nationalgarde da rein geleitet werden müssen, weil sich der Staat und die Schule und alle weigern, das umzusetzen, und dann der Präsident die Nationalgarde rufen muss. Dwight Eisenhower damals - 1957 - damit das umgesetzt wird. So groß war der Widerstand in den Südstaaten auch.

00:36:20: Martin Auch ein Republikaner, Eisenhower.

00:36:21: Matthias Aber in dem Fall dann ein Verfassungsfreund, wenn ich mal so sagen darf. So, auf der anderen Seite gibt es dann Jahre später, noch Anfang der 60er, ein Gouverneur in Alabama, George Wallace, der sagt: Die Rassentrennung gilt jetzt, die gilt morgen, die gilt für immer. Der also wirklich voller Inbrunst sagt und auch ohne dass er dafür vor Gericht landen müsste. Das ist richtig so, und das bleibt so, und er hat nämlich in dem Fall dann die Aufnahme von schwarzen Studenten an der Uni verweigert. Auf der anderen Seite kommt dann der berühmte Marsch auf Washington, weil die Südstaaten ja immer noch nicht nachgeben. Es kann ja nicht sein, dass wir jetzt für jeden Schüler die Nationalgarde rufen, damit er auf die Schule gehen darf, auf die er gehen darf. Und Martin Luther King und seine Bürgerrechtsbewegung rufen auch zum Marsch auf Washington. Ganz berühmte Demonstration. 200.000 Menschen kommen Joan Baez spielt da und Bob Dylan spielt da, und Martin Luther King hält seine berühmte Rede. Und auch er beruft sich auf diese Einleitung der Unabhängigkeitserklärung und auf diese berühmten Worte, mit dem wir die ganze Folge, also Folgen hier angefangen haben. Martin, lies noch mal, weil es jetzt wirklich noch mal wichtig wird.

00:37:31: Martin liest Martin Luther KIng We hope this truth to be self evidend, that all men a created equal. That they are endowed by their creator with certain unalienable rights, that among these are life, liberty and the pursuit of happiness, also das Recht auf Leben, auf Freiheit und das Streben nach Glückseligkeit.

00:37:54: Matthias Und genau darauf beruft sich Martin Luther King in Washington.

00:37:57: O-Ton Martin Luther King Englisch

00:38:01: Übersetzung Martin Luther King Als die Architekten unserer Republik die grandiosen Worte der Verfassung und der Unabhängigkeitserklärung schrieben, unterzeichneten sie einen Schuldschein, dessen Erbe jeder Amerikaner sein sollte. Dieser Schuldschein war ein Versprechen, das allen Menschen, ja schwarzen Menschen wie auch weißen Menschen die unveräußerlichen Rechte von Leben, Freiheit und dem Streben nach Glück garantiert wären. Es ist heute offensichtlich, dass Amerika diesen Schuldschein nicht eingelöst hat. Amerika hat den Negern einen ungedeckten Schecks gegeben.

00:38:58: Übersetzung Martin Luther King Ich habe einen Traum, dass eines Tages diese Nation sich erheben wird und der wahren Bedeutung ihres Credos gemäß leben wird. Wir halten diese Wahrheit für selbstverständlich, dass alle Menschen gleich erschaffen sind.

00:39:17: Marko Also, er sagt selber das N-Wort - klar, ist jetzt hier ein Zitat.

00:39:22: Matthias Er sagt Negros - dürfen wir das sagen? Es ist auch aus der Zeit, aber auch eher selbstbewusst gemeint für mein Gefühl. Also deswegen haben wir das so übersetzt.

00:39:35: Martin Nach all den Reden, über die wir in den vergangenen Folgen gesprochen haben, die nicht so richtig viel Wirkung gezeigt haben, was war denn nun mit dieser Rede? Hatte die tatsächlich eine Wirkung? Ich meine, die war in Washington vor dem Washington Monument, vor 200.000.

00:39:53: Matthias Vermutlich die größte Demonstration bis dahin in der Geschichte der USA. Ja, also ob es nun direkt eine Reaktion auf diese Demonstration war, weiß ich nicht. Aber ja, das war im Grunde der Höhepunkt dieser Bürgerrechtsbewegung. Und die hatte Folgen. Und zwar 1964, also ein Jahr später, hat Lyndon B. Johnson, der damalige Präsident, den Civil Rights Act erlassen. Das Parlament hat ihn verabschiedet, er hat es dem Volk verkündet. Und das ist ganz spannend, weil er war Südstaatler. Also er war eigentlich einer, der aus dieser rassengetrennten Gesellschaft kam, aber offenbar Gewissenskonflikte hatte und auch sehen musste, diese Gesellschaft ist so nicht mehr zusammenzuhalten. Also die Widersprüche und auch der Kampf dagegen waren so energisch, dass es nicht weitergehen konnte. Und tatsächlich, wenn man ihn dann hört, wie er das rechtfertigt, dann rechtfertigt er das eben auch mit dem Versprechen der Gründerväter: Alle Menschen sind gleich erschaffen und haben eben dieses Recht auf Streben nach Glückseligkeit. Alle. Also da ist es tatsächlich so, dass diese Verfassung sich selbst einholt und überholt und die Wirklichkeit erschafft, die sie zuerst mal nur beschreibt, obwohl sie nicht für alle gilt. Aber im Nachhinein erschafft sie praktisch dann diese Wirklichkeit, weil sich ihr niemand mehr entziehen kann, auch nicht der Präsident dann, Lyndon B. Johnson 1964, das ist der Civil Rights Act. Und das ist das erste Mal überhaupt, dass die US-Regierung Schwarze wirklich als Staatsbürger ernst nimmt, bundesweit im ganzen Land.

00:41:23: Marko Ist es denn dann jetzt irgendwann so weit, dass Schwarze all die Rechte, die man eigentlich als Weißer auch in den USA genießt, dass die, die zumindest auf dem Papier auch genießen?

00:41:35: Marko Ja, also wo es tatsächlich immer noch hakt, immer wieder auch, ist auch in diesem Fall das Wahlrecht. Also es werden nicht automatisch all diese kleinen Beschränkungen, die sich die Südstaaten ausgedacht haben, um Schwarze am Wählen zu hindern, werden nicht automatisch aufgehoben. Das passiert erst ein Jahr später. Tatsächlich gibt es da noch mal ein extra Gesetz: Das Voting Rights Act von 1965. Und böse Zungen sagen ja, der Präsident Johnson, Lyndon B. Johnson hatte im Grunde Angst, dass er die Südstaaten auf Jahrzehnte verliert, weil er ja jetzt den Schwarzen die Bürgerrechte zugestanden hat. Und er muss jetzt dafür sorgen, dass die Schwarzen da auch wählen dürfen, weil das wären ja praktisch seine Stimmen. Und deswegen wird dieser Voting Rights Act erlassen, der dann wirklich untersagt, diese ganzen kleinen Hindernisse, und zwar, dass man Lesen und Schreiben nachweisen muss, dass man das kann und das man gewisse Steuerzahlungen nachweisen muss. All das wird per Nationalgesetz abgeschafft und schlagartig in vier Jahren gibt es doppelt so viele registrierte Wähler in den Südstaaten, von denen vermutlich die allermeisten Schwarze waren. So, und da hatte Johnson dann doch eine Chance, seine nächste Wahl auch wieder zu gewinnen. Außerdem hat er auch tatsächlich - der war nun wirklich, also muss man sagen, der hat auch für die Schwarzen und für Rentner, also nicht explizit für Schwarze, aber für Rentner und Arme staatliche Krankenversicherungen eingeführt. Und das war eben aber auch für Schwarze ein wichtiger Meilenstein, weil genau da hat's natürlich gehapert. Das konnten die sich auch überhaupt nicht leisten.

00:43:00: Martin Johnson ist ja so ein Präsident, der sehr im Schatten von John F. Kennedy steht als sein ehemaliger Vize. Und das klingt für mich so, als wäre seine Präsidentschaft durchaus auch unterbewertet. Das ist so ein Präsident, den man immer wieder... naja, den gab es mal irgendwie, aber so richtig auf dem Bildschirm eher nicht.

00:43:16: Matthias Tatsächlich hat John F. Kennedy das schon angeleitet, diesen Civil Rights Act. Aber Kennedy hat ihn noch nicht durchsetzen können, und erst nachdem er ermordet worden war und Lyndan B. Johnson sein Nachfolger war, gab es dann dafür eine Mehrheit im Kongress. Aber du hast Recht, ja, an dem Punkt muss man ihn vielleicht ein bisschen höher bewerten.

00:43:33: Marko Ja, wenn man auf Gesetze guckt und wie Menschen vor dem Gesetz stehen, so ist das das eine. Auf der anderen Seite: Bis ein Schwarzer selbst mal Präsident wird in diesem Land, also nicht nur ein aktives oder auch ein passives Wahlrecht genießt, dauert es noch bis 20...

00:43:52: Matthias 08 - ja, Barack Obama. Ja.

00:43:57: Marko Also eine Ewigkeit, eine gefühlte von der Mitte der 60er Jahre.

00:44:03: Matthias Ja.

00:44:03: Marko Und von einer Gleichstellung von Weißen und Schwarzen ist, glaube ich, bis heute in den USA nur zu träumen.

00:44:09: Martin Und wir haben aktuell, die erste überhaupt, die erste Vizepräsidentin. Und die auch noch einen asiatischen Hintergrund, glaube ich, hat.

00:44:16: Matthias Und Afroamerikanisch.

00:44:18: Martin Bis zum heutigen Tage dauert das an, dass man überhaupt erst Schritt für Schritt in diesen Gleichberechtigungszyklus voran kommt.

00:44:26: Matthias Und es gibt zum Ersten Mal eine Innenministerin, die indigenen Hintergrund hat. Das wurde auch von Amerikan Indians auch gefeiert, also von Native Americans, von Aktivisten. Ich bin auf eine wirklich - von 2021 - auf eine spannende Rede gestoßen von Lovina Louie. Das ist auch eine Native-Aktivistin. Und die aber dann trotzdem in dieser Rede, die ich sehr eindrucksvoll finde, die kann ich nur empfehlen im Netz zu suchen und mal in Gänze anzuhören. Fragt: Was ist eigentlich mit unseren Leuten passiert? Our teachers teach us: That every decision we make, we make for the seventh generation. When I wake up every morning I ask myself: How am I going to make ma ancistors proud today? What I´m going to do to make this world a better place?

00:44:54: O-Ton Lovina Louie What happened to our people? What happened to native Americans? Did we just helped the Pilgrims and have a beautiful Thankgiving dinner - and than we disappeared? Because that´s what America teach us. And then nobody knows what happened to us. Underneath our skin, wether we are black, white, brown, underneath our skin we all bleed red blood. We are all connected to each other and to mother earth.

00:45:54: Matthias Kann gar nicht aktueller sein, oder? Finde ich. Also, sie fragt: Was ist mit unseren Leuten passiert? Mit unseren Leuten meint sie halt die amerikanischen Ureinwohner. Und sie fragt dann: Haben wir einfach nur den Pilgervätern geholfen, dann ein schönes Erntedankfest gefeiert und das war's dann. Dann sind wir wieder verschwunden, weil das sei das, was die Amerikaner in den Schulen unterrichten und in ihren Mythen verbreiten. Und dass das eben nicht so ist. Und sie verweist darauf, dass wir einfach alle das gleiche rote Blut haben, egal, welche Hautfarbe wir haben. Und sie fragt sich eben jeden Tag: Was möchte ich tun, um diese Welt zu einem besseren Ort zu machen? Und das meine ich mit "Es kann kaum aktueller sein." Weil darum geht es mehr denn je.

00:46:36: Martin Sie sagt: Ich überlege jeden Morgen, wenn ich aufwache. Wie kann ich meine Vorfahren heute noch stolz machen? Sie spricht von der siebten Generation seit der Gründungsakte, seit der Erklärung der Unabhängigkeit. Sind es sieben Generationen?

00:46:53: Matthias 210 Jahre - das haut eigentlich ganz gut hin. Könnte sein, dass wir inzwischen da angekommen sind, wo die Gründerväter eigentlich nicht unbedingt hin wollten.

00:47:04: Martin Na ja, und wo es natürlich auch Gruppierungen gibt in den USA, die das Rad auch ganz gerne wieder dahin zurückdrehen wollen würden, wo mal die Gründerväter der USA angefangen haben.

00:47:14: Matthias Absolut. Wir haben schon - ich weiß nicht in welcher Folge - aber von Michael Hochgeschwender, unserem Münchner Historiker, gehört, dass White Supremacy, diese Bewegung, die auch hinter Donald Trump steht, die weiße Überlegenheit propagiert, dass die sich im Grunde auf Thomas Jefferson beruft, auf den Autoren dieser Unabhängigkeitserklärung. Da sind ein paar Sachen auch, die mir so nicht bewusst waren, wie das zum Teil vereinnahmt wird und wie manches gemeint war und dann erst über Jahrhunderte nach und nach umgesetzt wurde, ist schon spannend. Was ich auch spannend finde, dass ist mir dann dabei begegnet, wenn wir jetzt mal auf die Jahreszahlen gucken. Wir fangen an 1776 war die Unabhängigkeitserklärung. Dann 90 Jahre später, 1865, der amerikanische Bürgerkrieg zu Ende und die Befreiung der Sklaven. Dann noch mal 100 Jahre später, 1964, der Civil Rights Act, dann wirklich die Bürgerrechte für Schwarze und jetzt noch mal 90 oder 100 Jahre, dann haben wir in 20, 30 Jahren womöglich wieder ein einschneidendes Erlebnis in den USA. Aber im Moment frage ich mich, in welche Richtung das wohl geht.

00:48:16: Martin Ja klar ist wohl offensichtlich, dass es nicht immer nur in eine Richtung gehen muss, nämlich nach vorne.

00:48:22: Matthias Nach diesem langen Ritt durch die Jahrhunderte und drei Folgen Geschichtsmachern bleibt uns nur zu sagen Danke Matthias Wurms.

00:48:30: Matthias Danke euch. Ja.

00:48:31: Marko Und wenn es euch da draußen gefallen hat, dann...

00:48:36: Martin ...sagt es allen Bürgerrechtsaktivisten, allen Black Lives Matter Menschen in Deutschland und in den USA.

00:48:42: Matthias allen Ureinwohnern.

00:48:44: Martin Allen Ureinwohnern, wo immer sie auch leben mögen.

00:48:48: Marko Aber sagt es vor allem allen alten weißen Männern. Drei davon verabschieden sich jetzt von euch.

00:48:54: Martin Wenn ihr uns kontaktieren wollt, dann tut das gerne unter kontakt@diegeschichtsmacher.de oder schaut auf www.diegeschichtsmacher.de da findet ihr alle Informationen über unseren Podcast und viele weitere Folgen. Dort könnt ihr euch auch eintragen für unseren Newsletter, damit ihr keine weitere Folge verpasst.

00:49:15: Marko Das nächste Mal feiern wir Karneval.

00:49:17: Martin So machen wir das in zwei Wochen wieder.

00:49:19: Marko Tschüs.

00:49:21: Matthias War schön mit euch. Sehr spannend.

00:49:21: Martin Tschüs.

Kommentare (1)

Ulli Göddecke

Wieder mal extrem informativ! Ich finde Euren Podcast extrem unterhaltsam und bildend. Ich höre ihn sehr gerne beim Hundespaziergang oder beim Autofahren und gerade bei Dunkelheit und miesem Wetter verkürzt mir das sehr angenehm die Zeit. Macht bitte weiter so!

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